Die gantze Luft war angefüllet Mit einer reinen Heiterkeit, Ein junges Laub hatt' allbereit Der Vögel Nesterchen verhüllet Die, da sie, mit so vieler Kunst, Die süsse Arbeit fertig hatten, Jn dem begrünt- und zarten Schatten Voll reger Trieb' und süsser Brunst Verliebet, und geliebt sich gatten, Und nichts, vor lauter Lieb', als Liebe! Liebe! singen, Daß Feld und Wald davon erklingen. Wir sehen überall ein würckliches Bewegen, Ein Leben der Natur wird überall verspührt. Ach, möchte dieß, wenn uns die holde Schönheit rührt, Ein neues Leben auch in uns erregen! Es lächelt gleichsam uns die gütige Natur Mit holden Blicken hier, aus jedem Vorwurf, an, So daß man alle Pracht und Lieblichkeiten nur Empfinden, nicht beschreiben, kann. Ach mögte GOtt in uns, da alle Ding' im Lentzen So lieblich und so wunderschön Jn tausendfacher Anmuth gläntzen, Auch unsrer Seele Frühling sehn; Und in demselbigen, an unsern sanften Freuden, Die in ihr, blos aus seinem Werck, entstehn, Mit Lob und Danck geschmückt, sein Vater Auge weiden!
Man-
(***)
Fruͤhling.
Die gantze Luft war angefuͤllet Mit einer reinen Heiterkeit, Ein junges Laub hatt’ allbereit Der Voͤgel Neſterchen verhuͤllet Die, da ſie, mit ſo vieler Kunſt, Die ſuͤſſe Arbeit fertig hatten, Jn dem begruͤnt- und zarten Schatten Voll reger Trieb’ und ſuͤſſer Brunſt Verliebet, und geliebt ſich gatten, Und nichts, vor lauter Lieb’, als Liebe! Liebe! ſingen, Daß Feld und Wald davon erklingen. Wir ſehen uͤberall ein wuͤrckliches Bewegen, Ein Leben der Natur wird uͤberall verſpuͤhrt. Ach, moͤchte dieß, wenn uns die holde Schoͤnheit ruͤhrt, Ein neues Leben auch in uns erregen! Es laͤchelt gleichſam uns die guͤtige Natur Mit holden Blicken hier, aus jedem Vorwurf, an, So daß man alle Pracht und Lieblichkeiten nur Empfinden, nicht beſchreiben, kann. Ach moͤgte GOtt in uns, da alle Ding’ im Lentzen So lieblich und ſo wunderſchoͤn Jn tauſendfacher Anmuth glaͤntzen, Auch unſrer Seele Fruͤhling ſehn; Und in demſelbigen, an unſern ſanften Freuden, Die in ihr, blos aus ſeinem Werck, entſtehn, Mit Lob und Danck geſchmuͤckt, ſein Vater Auge weiden!
Man-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0054"n="38"/><fwplace="top"type="header">(***)</fw><lb/><lgtype="poem"><head><hirendition="#b">Fruͤhling.</hi></head><lb/><l><hirendition="#in">D</hi>ie gantze Luft war angefuͤllet</l><lb/><l>Mit einer reinen Heiterkeit,</l><lb/><l>Ein junges Laub hatt’ allbereit</l><lb/><l>Der Voͤgel Neſterchen verhuͤllet</l><lb/><l>Die, da ſie, mit ſo vieler Kunſt,</l><lb/><l>Die ſuͤſſe Arbeit fertig hatten,</l><lb/><l>Jn dem begruͤnt- und zarten Schatten</l><lb/><l>Voll reger Trieb’ und ſuͤſſer Brunſt</l><lb/><l>Verliebet, und geliebt ſich gatten,</l><lb/><l>Und nichts, vor lauter Lieb’, als Liebe! Liebe! ſingen,</l><lb/><l>Daß Feld und Wald davon erklingen.</l><lb/><l>Wir ſehen uͤberall ein wuͤrckliches Bewegen,</l><lb/><l>Ein Leben der Natur wird uͤberall verſpuͤhrt.</l><lb/><l>Ach, moͤchte dieß, wenn uns die holde Schoͤnheit ruͤhrt,</l><lb/><l>Ein neues Leben auch in uns erregen!</l><lb/><l>Es laͤchelt gleichſam uns die guͤtige Natur</l><lb/><l>Mit holden Blicken hier, aus jedem Vorwurf, an,</l><lb/><l>So daß man alle Pracht und Lieblichkeiten nur</l><lb/><l>Empfinden, nicht beſchreiben, kann.</l><lb/><l>Ach moͤgte GOtt in uns, da alle Ding’ im Lentzen</l><lb/><l>So lieblich und ſo wunderſchoͤn</l><lb/><l>Jn tauſendfacher Anmuth glaͤntzen,</l><lb/><l>Auch unſrer Seele Fruͤhling ſehn;</l><lb/><l>Und in demſelbigen, an unſern ſanften Freuden,</l><lb/><l>Die in ihr, blos aus ſeinem Werck, entſtehn,</l><lb/><l>Mit Lob und Danck geſchmuͤckt, ſein Vater Auge weiden!</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Man-</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[38/0054]
(***)
Fruͤhling.
Die gantze Luft war angefuͤllet
Mit einer reinen Heiterkeit,
Ein junges Laub hatt’ allbereit
Der Voͤgel Neſterchen verhuͤllet
Die, da ſie, mit ſo vieler Kunſt,
Die ſuͤſſe Arbeit fertig hatten,
Jn dem begruͤnt- und zarten Schatten
Voll reger Trieb’ und ſuͤſſer Brunſt
Verliebet, und geliebt ſich gatten,
Und nichts, vor lauter Lieb’, als Liebe! Liebe! ſingen,
Daß Feld und Wald davon erklingen.
Wir ſehen uͤberall ein wuͤrckliches Bewegen,
Ein Leben der Natur wird uͤberall verſpuͤhrt.
Ach, moͤchte dieß, wenn uns die holde Schoͤnheit ruͤhrt,
Ein neues Leben auch in uns erregen!
Es laͤchelt gleichſam uns die guͤtige Natur
Mit holden Blicken hier, aus jedem Vorwurf, an,
So daß man alle Pracht und Lieblichkeiten nur
Empfinden, nicht beſchreiben, kann.
Ach moͤgte GOtt in uns, da alle Ding’ im Lentzen
So lieblich und ſo wunderſchoͤn
Jn tauſendfacher Anmuth glaͤntzen,
Auch unſrer Seele Fruͤhling ſehn;
Und in demſelbigen, an unſern ſanften Freuden,
Die in ihr, blos aus ſeinem Werck, entſtehn,
Mit Lob und Danck geſchmuͤckt, ſein Vater Auge weiden!
Man-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/54>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.