Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Neu-Jahrs Gedichte. Der kleine Funcke sucht in mir ein helles Feuer anzufachen, Und treibt den Lehr-begier'gen Geist, so weit sich seine Kraft erstreckt, Der Rede wahre Quell zu suchen, die sie nicht in erschaffnen Sachen, Wol aber in der Gottheit selber und in dem ew'gen Wort entdeckt. Denn, daß, so wenig als den Leib, die Seele, Glieder und das Leben; Die Stimm', ihr Werckzeug und den Grund der Rede wir uns selbst gegeben, Wird kein Vernünftger sagen können. Sie ist auch von ihr selber nicht; Weil, wenn die Welt von Menschen, Thieren, und auch von harten Cörpern leer, Gewiß so wenig Red' und Sprache, als Ton und Schall, verhanden wär. Die Eltern gaben sie uns nicht, weil sie nicht mehr, als wir, gewust, Wie man die Zung' in unserm Munde, wie man die Lung' in unsrer Brust, Nebst andern Theilen, bilden konnte. So sieht man denn, daß diese Gabe Von niemand, als von GOttes Weisheit und Allmacht, ihren Ursprung habe. Auf, laßt uns denn mit Danck und Andacht auf dieses Wunders Quelle dencken, Und unsern Geist, so viel als möglich, mit Ehrfurcht in die- selben sencken! Wie wir ein Wort ein äusserlich-formirtes Dencken heissen können; So ist auch billig der Gedancken ein innerliches Wort zu nennen. Da
Neu-Jahrs Gedichte. Der kleine Funcke ſucht in mir ein helles Feuer anzufachen, Und treibt den Lehr-begier’gen Geiſt, ſo weit ſich ſeine Kraft erſtreckt, Der Rede wahre Quell zu ſuchen, die ſie nicht in erſchaffnen Sachen, Wol aber in der Gottheit ſelber und in dem ew’gen Wort entdeckt. Denn, daß, ſo wenig als den Leib, die Seele, Glieder und das Leben; Die Stimm’, ihr Werckzeug und den Grund der Rede wir uns ſelbſt gegeben, Wird kein Vernuͤnftger ſagen koͤnnen. Sie iſt auch von ihr ſelber nicht; Weil, wenn die Welt von Menſchen, Thieren, und auch von harten Coͤrpern leer, Gewiß ſo wenig Red’ und Sprache, als Ton und Schall, verhanden waͤr. Die Eltern gaben ſie uns nicht, weil ſie nicht mehr, als wir, gewuſt, Wie man die Zung’ in unſerm Munde, wie man die Lung’ in unſrer Bruſt, Nebſt andern Theilen, bilden konnte. So ſieht man denn, daß dieſe Gabe Von niemand, als von GOttes Weisheit und Allmacht, ihren Urſprung habe. Auf, laßt uns denn mit Danck und Andacht auf dieſes Wunders Quelle dencken, Und unſern Geiſt, ſo viel als moͤglich, mit Ehrfurcht in die- ſelben ſencken! Wie wir ein Wort ein aͤuſſerlich-formirtes Dencken heiſſen koͤnnen; So iſt auch billig der Gedancken ein innerliches Wort zu nennen. Da
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Neu-Jahrs Gedichte.
Der kleine Funcke ſucht in mir ein helles Feuer anzufachen,
Und treibt den Lehr-begier’gen Geiſt, ſo weit ſich ſeine Kraft
erſtreckt,
Der Rede wahre Quell zu ſuchen, die ſie nicht in erſchaffnen
Sachen,
Wol aber in der Gottheit ſelber und in dem ew’gen Wort
entdeckt.
Denn, daß, ſo wenig als den Leib, die Seele, Glieder und
das Leben;
Die Stimm’, ihr Werckzeug und den Grund der Rede wir
uns ſelbſt gegeben,
Wird kein Vernuͤnftger ſagen koͤnnen. Sie iſt auch von
ihr ſelber nicht;
Weil, wenn die Welt von Menſchen, Thieren, und auch von
harten Coͤrpern leer,
Gewiß ſo wenig Red’ und Sprache, als Ton und Schall,
verhanden waͤr.
Die Eltern gaben ſie uns nicht, weil ſie nicht mehr, als
wir, gewuſt,
Wie man die Zung’ in unſerm Munde, wie man die Lung’
in unſrer Bruſt,
Nebſt andern Theilen, bilden konnte. So ſieht man denn,
daß dieſe Gabe
Von niemand, als von GOttes Weisheit und Allmacht,
ihren Urſprung habe.
Auf, laßt uns denn mit Danck und Andacht auf dieſes
Wunders Quelle dencken,
Und unſern Geiſt, ſo viel als moͤglich, mit Ehrfurcht in die-
ſelben ſencken!
Wie wir ein Wort ein aͤuſſerlich-formirtes Dencken
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