Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Neu-Jahrs Gedichte.
Daß er gesagt: Der Weißen GOtt sey wehrt, daß man
ihn höher ehrte,

Als ihren, weil er auf Papier, die ihn verehrten, reden
lehrte.

Dieß klingt zwar seltzam; doch erscheinet was Lichts aus
dieser Dunckelheit,

Wodurch auch wir erinnert werden, mit billiger Auf-
mercksamkeit,

Die auch in Schrift verfaßten Worte, als wie was gros-
ses, zu betrachten,

Und die Erfindung nicht geringe, vielmehr als ein Ge-
schenck zu achten,

Das von dem Schöpfer selber stammet.
Je grösser nun des Schöpfers Weisheit und unser Nutz in
diesem Wercke;

Je mehr verdient es, und ist nöhtig, daß man es mit Ver-
stand bemercke,

Damit man durch Betrachtungen der Wunder, GOttes
weise Wege

Und Macht, sammt seiner Vater-Lieb', erheben und ihm
dancken möge.
Kommt laßt uns denn des Denckens Kräfte noch fer-
ner auf die Rede lencken,

Und, nebst dem Ursprung, auch den Rutz und wunder-
bahren Wehrt bedencken!

Der Werckzeug' ungezehlte Menge, die alle zu dem Zweck
gehören,

Daß Geister in die Sinne fallen, kann uns schon über-
zeuglich lehren,

Daß dieses nicht ein Menschen Werck. Wir wollen denn
zu Anfang sehn

Die Werckzeug' in der Menschen Ohre, wodurch der Geist
geschickt gemacht,

Gantz überzeuglich zu erfahren das, was ein andrer Geist
gedacht,
Wie
Neu-Jahrs Gedichte.
Daß er geſagt: Der Weißen GOtt ſey wehrt, daß man
ihn hoͤher ehrte,

Als ihren, weil er auf Papier, die ihn verehrten, reden
lehrte.

Dieß klingt zwar ſeltzam; doch erſcheinet was Lichts aus
dieſer Dunckelheit,

Wodurch auch wir erinnert werden, mit billiger Auf-
merckſamkeit,

Die auch in Schrift verfaßten Worte, als wie was groſ-
ſes, zu betrachten,

Und die Erfindung nicht geringe, vielmehr als ein Ge-
ſchenck zu achten,

Das von dem Schoͤpfer ſelber ſtammet.
Je groͤſſer nun des Schoͤpfers Weisheit und unſer Nutz in
dieſem Wercke;

Je mehr verdient es, und iſt noͤhtig, daß man es mit Ver-
ſtand bemercke,

Damit man durch Betrachtungen der Wunder, GOttes
weiſe Wege

Und Macht, ſammt ſeiner Vater-Lieb’, erheben und ihm
dancken moͤge.
Kommt laßt uns denn des Denckens Kraͤfte noch fer-
ner auf die Rede lencken,

Und, nebſt dem Urſprung, auch den Rutz und wunder-
bahren Wehrt bedencken!

Der Werckzeug’ ungezehlte Menge, die alle zu dem Zweck
gehoͤren,

Daß Geiſter in die Sinne fallen, kann uns ſchon uͤber-
zeuglich lehren,

Daß dieſes nicht ein Menſchen Werck. Wir wollen denn
zu Anfang ſehn

Die Werckzeug’ in der Menſchen Ohre, wodurch der Geiſt
geſchickt gemacht,

Gantz uͤberzeuglich zu erfahren das, was ein andrer Geiſt
gedacht,
Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0484" n="468"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Neu-Jahrs Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="130">
            <l>Daß er ge&#x017F;agt: Der Weißen GOtt &#x017F;ey wehrt, daß man<lb/><hi rendition="#et">ihn ho&#x0364;her ehrte,</hi></l><lb/>
            <l>Als ihren, weil er auf Papier, die ihn verehrten, reden<lb/><hi rendition="#et">lehrte.</hi></l><lb/>
            <l>Dieß klingt zwar &#x017F;eltzam; doch er&#x017F;cheinet was Lichts aus<lb/><hi rendition="#et">die&#x017F;er Dunckelheit,</hi></l><lb/>
            <l>Wodurch auch wir erinnert werden, mit billiger Auf-<lb/><hi rendition="#et">merck&#x017F;amkeit,</hi></l><lb/>
            <l>Die auch in Schrift verfaßten Worte, als wie was gro&#x017F;-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;es, zu betrachten,</hi></l><lb/>
            <l>Und die Erfindung nicht geringe, vielmehr als ein Ge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chenck zu achten,</hi></l><lb/>
            <l>Das von dem Scho&#x0364;pfer &#x017F;elber &#x017F;tammet.</l><lb/>
            <l>Je gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er nun des Scho&#x0364;pfers Weisheit und un&#x017F;er Nutz in<lb/><hi rendition="#et">die&#x017F;em Wercke;</hi></l><lb/>
            <l>Je mehr verdient es, und i&#x017F;t no&#x0364;htig, daß man es mit Ver-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tand bemercke,</hi></l><lb/>
            <l>Damit man durch Betrachtungen der Wunder, GOttes<lb/><hi rendition="#et">wei&#x017F;e Wege</hi></l><lb/>
            <l>Und Macht, &#x017F;ammt &#x017F;einer Vater-Lieb&#x2019;, erheben und ihm<lb/><hi rendition="#et">dancken mo&#x0364;ge.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="131">
            <l>Kommt laßt uns denn des Denckens Kra&#x0364;fte noch fer-<lb/><hi rendition="#et">ner auf die Rede lencken,</hi></l><lb/>
            <l>Und, neb&#x017F;t dem Ur&#x017F;prung, auch den Rutz und wunder-<lb/><hi rendition="#et">bahren Wehrt bedencken!</hi></l><lb/>
            <l>Der Werckzeug&#x2019; ungezehlte Menge, die alle zu dem Zweck<lb/><hi rendition="#et">geho&#x0364;ren,</hi></l><lb/>
            <l>Daß Gei&#x017F;ter in die Sinne fallen, kann uns &#x017F;chon u&#x0364;ber-<lb/><hi rendition="#et">zeuglich lehren,</hi></l><lb/>
            <l>Daß die&#x017F;es nicht ein Men&#x017F;chen Werck. Wir wollen denn<lb/><hi rendition="#et">zu Anfang &#x017F;ehn</hi></l><lb/>
            <l>Die Werckzeug&#x2019; in der Men&#x017F;chen Ohre, wodurch der Gei&#x017F;t<lb/><hi rendition="#et">ge&#x017F;chickt gemacht,</hi></l><lb/>
            <l>Gantz u&#x0364;berzeuglich zu erfahren das, was ein andrer Gei&#x017F;t<lb/><hi rendition="#et">gedacht,</hi></l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[468/0484] Neu-Jahrs Gedichte. Daß er geſagt: Der Weißen GOtt ſey wehrt, daß man ihn hoͤher ehrte, Als ihren, weil er auf Papier, die ihn verehrten, reden lehrte. Dieß klingt zwar ſeltzam; doch erſcheinet was Lichts aus dieſer Dunckelheit, Wodurch auch wir erinnert werden, mit billiger Auf- merckſamkeit, Die auch in Schrift verfaßten Worte, als wie was groſ- ſes, zu betrachten, Und die Erfindung nicht geringe, vielmehr als ein Ge- ſchenck zu achten, Das von dem Schoͤpfer ſelber ſtammet. Je groͤſſer nun des Schoͤpfers Weisheit und unſer Nutz in dieſem Wercke; Je mehr verdient es, und iſt noͤhtig, daß man es mit Ver- ſtand bemercke, Damit man durch Betrachtungen der Wunder, GOttes weiſe Wege Und Macht, ſammt ſeiner Vater-Lieb’, erheben und ihm dancken moͤge. Kommt laßt uns denn des Denckens Kraͤfte noch fer- ner auf die Rede lencken, Und, nebſt dem Urſprung, auch den Rutz und wunder- bahren Wehrt bedencken! Der Werckzeug’ ungezehlte Menge, die alle zu dem Zweck gehoͤren, Daß Geiſter in die Sinne fallen, kann uns ſchon uͤber- zeuglich lehren, Daß dieſes nicht ein Menſchen Werck. Wir wollen denn zu Anfang ſehn Die Werckzeug’ in der Menſchen Ohre, wodurch der Geiſt geſchickt gemacht, Gantz uͤberzeuglich zu erfahren das, was ein andrer Geiſt gedacht, Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/484
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/484>, abgerufen am 07.06.2024.