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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

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Gräntzen der Vernunft.
So bald ein Feuer-reicher Geist sich auf ein tieffes
raisoniren,
Und von Religion, Natur und Sich auf ein philosophiren
Mit angespannten Kräften leget; begiebet er sich auf ein
Meer,
Wo Zweifels-Wirbel, Meynungs-Wellen, ihn unaufhör-
lich hin und her
Jn stetem Jrthum schlenckern werden; wo Vorurtheile
sich bemühn,
Jn tausend Boden-losen Strudeln, ihn in des Abgrunds
Gruft zu ziehn.
Will er nun nicht der Seelen Ruh, die Seele, ja, fast
GOtt, verlieren,
(Wie, wenn er sich auf eigne Kräfte verlässet, leider
oft geschicht,)
So wehl' er in der Finsterniß nur blos die Demuth sich
zum Licht.
Nur die allein kann unverletzt ihn in den sichern Haven
führen.
Jch hab' es, GOtt sey Danck, erfahren, was, wenn ich
sonst versuncken wäre,
Sie mir vor Hülf' und Rath geschafft. Durch diese sanft'
und wahre Lehre:
Wer bist du? was ist dein Verstand? ist er von solcher
Schärff' und Kraft,
Daß er das innerste der Dinge, des Geists, der Cörper
Eigenschaft
Und die Natur zu fassen fähig? GOtt hat ihn dir in die-
sem Leben
Gewiß in einem reichen Maaß und in so hohem Grad ge-
geben,
Daß
Graͤntzen der Vernunft.
So bald ein Feuer-reicher Geiſt ſich auf ein tieffes
raiſoniren,
Und von Religion, Natur und Sich auf ein philoſophiren
Mit angeſpannten Kraͤften leget; begiebet er ſich auf ein
Meer,
Wo Zweifels-Wirbel, Meynungs-Wellen, ihn unaufhoͤr-
lich hin und her
Jn ſtetem Jrthum ſchlenckern werden; wo Vorurtheile
ſich bemuͤhn,
Jn tauſend Boden-loſen Strudeln, ihn in des Abgrunds
Gruft zu ziehn.
Will er nun nicht der Seelen Ruh, die Seele, ja, faſt
GOtt, verlieren,
(Wie, wenn er ſich auf eigne Kraͤfte verlaͤſſet, leider
oft geſchicht,)
So wehl’ er in der Finſterniß nur blos die Demuth ſich
zum Licht.
Nur die allein kann unverletzt ihn in den ſichern Haven
fuͤhren.
Jch hab’ es, GOtt ſey Danck, erfahren, was, wenn ich
ſonſt verſuncken waͤre,
Sie mir vor Huͤlf’ und Rath geſchafft. Durch dieſe ſanft’
und wahre Lehre:
Wer biſt du? was iſt dein Verſtand? iſt er von ſolcher
Schaͤrff’ und Kraft,
Daß er das innerſte der Dinge, des Geiſts, der Coͤrper
Eigenſchaft
Und die Natur zu faſſen faͤhig? GOtt hat ihn dir in die-
ſem Leben
Gewiß in einem reichen Maaß und in ſo hohem Grad ge-
geben,
Daß
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[379/0395] Graͤntzen der Vernunft. So bald ein Feuer-reicher Geiſt ſich auf ein tieffes raiſoniren, Und von Religion, Natur und Sich auf ein philoſophiren Mit angeſpannten Kraͤften leget; begiebet er ſich auf ein Meer, Wo Zweifels-Wirbel, Meynungs-Wellen, ihn unaufhoͤr- lich hin und her Jn ſtetem Jrthum ſchlenckern werden; wo Vorurtheile ſich bemuͤhn, Jn tauſend Boden-loſen Strudeln, ihn in des Abgrunds Gruft zu ziehn. Will er nun nicht der Seelen Ruh, die Seele, ja, faſt GOtt, verlieren, (Wie, wenn er ſich auf eigne Kraͤfte verlaͤſſet, leider oft geſchicht,) So wehl’ er in der Finſterniß nur blos die Demuth ſich zum Licht. Nur die allein kann unverletzt ihn in den ſichern Haven fuͤhren. Jch hab’ es, GOtt ſey Danck, erfahren, was, wenn ich ſonſt verſuncken waͤre, Sie mir vor Huͤlf’ und Rath geſchafft. Durch dieſe ſanft’ und wahre Lehre: Wer biſt du? was iſt dein Verſtand? iſt er von ſolcher Schaͤrff’ und Kraft, Daß er das innerſte der Dinge, des Geiſts, der Coͤrper Eigenſchaft Und die Natur zu faſſen faͤhig? GOtt hat ihn dir in die- ſem Leben Gewiß in einem reichen Maaß und in ſo hohem Grad ge- geben, Daß

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/395>, abgerufen am 22.11.2024.