Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Wetter im Winter. Wenn überdem Jetzt überall, auch an den kleinsten Zweigen, Sich grosse, klare Tropfen zeigen; So läßt auch dieses angenehm. Jndem sie all' in reiner Klarheit prangen, Als sähe man daran erystallne Kugeln hangen, Wenn man auf sie sein Aug' in dieser Absicht lencket, Und, daß es in der That den Augen lieblich, dencket. Die Knospen, welche man jetzt mehr, als sonften, sieht, Die zeigen uns die Stellen, worin sich Die wirckende Natur hier innerlich, Zu unsrer Lust, zu unserm Nutz, bemüht. Es scheint die Luft zwar schwer, und recht auf uns zu liegen, Wenn sie mit feuchtem Duft uns rings umher bezirckt, Wodurch sie denn in uns ein' Art von Schwermuth wirckt, Die aber eigentlich kein wahres Unvergnügen. Es mischt sich eine Luft in diesen Unmuth ein, Wodurch man gleichsam kann in Schwermuth frölich seyn. Es scheint des Geistes Kraft, wenn trübe Luft uns drückt, Und unsre Blicke hemmt, sich minder zu zerstreuen, Und, gleichsam mehr vereint, zum Dencken mehr geschickt, Bey äusserlichem Schaur sich innerlich zu freuen. Jndem ich dieses fühl', empfind' ich doch dabey, Daß diese trübe Zeit, nur denen leidlich sey, Die, wenn so Kält' als Feuchtigkeit sich mehren, Jn ihre warmen Zimmer kehren, Und sich mit Recht erfreuen können, Daß ihnen, in der Winter-Zeit, Der Schöpfer die Beqvemlichkeit, Bey so viel Gutem, wollen gönnen. Jch
Wetter im Winter. Wenn uͤberdem Jetzt uͤberall, auch an den kleinſten Zweigen, Sich groſſe, klare Tropfen zeigen; So laͤßt auch dieſes angenehm. Jndem ſie all’ in reiner Klarheit prangen, Als ſaͤhe man daran eryſtallne Kugeln hangen, Wenn man auf ſie ſein Aug’ in dieſer Abſicht lencket, Und, daß es in der That den Augen lieblich, dencket. Die Knoſpen, welche man jetzt mehr, als ſonften, ſieht, Die zeigen uns die Stellen, worin ſich Die wirckende Natur hier innerlich, Zu unſrer Luſt, zu unſerm Nutz, bemuͤht. Es ſcheint die Luft zwar ſchwer, und recht auf uns zu liegen, Wenn ſie mit feuchtem Duft uns rings umher bezirckt, Wodurch ſie denn in uns ein’ Art von Schwermuth wirckt, Die aber eigentlich kein wahres Unvergnuͤgen. Es miſcht ſich eine Luft in dieſen Unmuth ein, Wodurch man gleichſam kann in Schwermuth froͤlich ſeyn. Es ſcheint des Geiſtes Kraft, wenn truͤbe Luft uns druͤckt, Und unſre Blicke hemmt, ſich minder zu zerſtreuen, Und, gleichſam mehr vereint, zum Dencken mehr geſchickt, Bey aͤuſſerlichem Schaur ſich innerlich zu freuen. Jndem ich dieſes fuͤhl’, empfind’ ich doch dabey, Daß dieſe truͤbe Zeit, nur denen leidlich ſey, Die, wenn ſo Kaͤlt’ als Feuchtigkeit ſich mehren, Jn ihre warmen Zimmer kehren, Und ſich mit Recht erfreuen koͤnnen, Daß ihnen, in der Winter-Zeit, Der Schoͤpfer die Beqvemlichkeit, Bey ſo viel Gutem, wollen goͤnnen. Jch
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Wetter im Winter.
Wenn uͤberdem
Jetzt uͤberall, auch an den kleinſten Zweigen,
Sich groſſe, klare Tropfen zeigen;
So laͤßt auch dieſes angenehm.
Jndem ſie all’ in reiner Klarheit prangen,
Als ſaͤhe man daran eryſtallne Kugeln hangen,
Wenn man auf ſie ſein Aug’ in dieſer Abſicht lencket,
Und, daß es in der That den Augen lieblich, dencket.
Die Knoſpen, welche man jetzt mehr, als ſonften, ſieht,
Die zeigen uns die Stellen, worin ſich
Die wirckende Natur hier innerlich,
Zu unſrer Luſt, zu unſerm Nutz, bemuͤht.
Es ſcheint die Luft zwar ſchwer, und recht auf uns
zu liegen,
Wenn ſie mit feuchtem Duft uns rings umher bezirckt,
Wodurch ſie denn in uns ein’ Art von Schwermuth wirckt,
Die aber eigentlich kein wahres Unvergnuͤgen.
Es miſcht ſich eine Luft in dieſen Unmuth ein,
Wodurch man gleichſam kann in Schwermuth froͤlich ſeyn.
Es ſcheint des Geiſtes Kraft, wenn truͤbe Luft uns druͤckt,
Und unſre Blicke hemmt, ſich minder zu zerſtreuen,
Und, gleichſam mehr vereint, zum Dencken mehr geſchickt,
Bey aͤuſſerlichem Schaur ſich innerlich zu freuen.
Jndem ich dieſes fuͤhl’, empfind’ ich doch dabey,
Daß dieſe truͤbe Zeit, nur denen leidlich ſey,
Die, wenn ſo Kaͤlt’ als Feuchtigkeit ſich mehren,
Jn ihre warmen Zimmer kehren,
Und ſich mit Recht erfreuen koͤnnen,
Daß ihnen, in der Winter-Zeit,
Der Schoͤpfer die Beqvemlichkeit,
Bey ſo viel Gutem, wollen goͤnnen.
Jch
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