Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Sonnen-Reich.
Samt der Luft die uns umgiebet, und so Flut als Land
umhüllt,

Jn den warmen Himmels-Strich der beständig angefüllt
Von der Sonnen Glantz und Glut. Dieses Licht-Reich
zu bedencken

Und in seinen hohlen Raum, unsers Geistes Kraft zu sencken
Soll anjetzt mein Endzweck seyn. Aber ach! wird dieß sich
fassen

Und sich etwas Zuverläßigs von der Tieffe dencken lassen?
Dennoch schreckt die Schwierigkeit meine feste Seele nicht,
Die, nur blos zum untersuchen, auf die Welt gesetzet
scheint,

Und von ihres Wesens Endzweck dieß mit höchsten Rechte
meint

Daß, den Schöpfer in den Wercken zu bewundern, ihre
Pflicht.

Nun so breite dich, mein Geist, jetzt, nach Art der Pflantzen,
aus!

Brich, so wie sie durch die Erde jetzo brechen, durch die Luft!
Hebe dich jezt, übersteig und durchdringe Dünst' und Duft!
Such, in einen reinern Himmel, der von ird'schen Dünsten
leer,

Uber unsrer Lüfte Meer,
So wie Pflantzen, Kräuter, Blumen, nebst der Bäume
saft'gen Zweigen,
(Die durch einen innern Trieb sich verlängern) auch zu steigen,

Um im Geist das Laub der Freuden, und, nebst holder An-
dacht-Blüthe,

Auch die Frucht der Danckbarkeit, in beseeligtem Gemühte,
Zu des Schöpfers Ruhm und Preise, zu erzielen und zu
zeugen.
Da
Das Sonnen-Reich.
Samt der Luft die uns umgiebet, und ſo Flut als Land
umhuͤllt,

Jn den warmen Himmels-Strich der beſtaͤndig angefuͤllt
Von der Sonnen Glantz und Glut. Dieſes Licht-Reich
zu bedencken

Und in ſeinen hohlen Raum, unſers Geiſtes Kraft zu ſencken
Soll anjetzt mein Endzweck ſeyn. Aber ach! wird dieß ſich
faſſen

Und ſich etwas Zuverlaͤßigs von der Tieffe dencken laſſen?
Dennoch ſchreckt die Schwierigkeit meine feſte Seele nicht,
Die, nur blos zum unterſuchen, auf die Welt geſetzet
ſcheint,

Und von ihres Weſens Endzweck dieß mit hoͤchſten Rechte
meint

Daß, den Schoͤpfer in den Wercken zu bewundern, ihre
Pflicht.

Nun ſo breite dich, mein Geiſt, jetzt, nach Art der Pflantzen,
aus!

Brich, ſo wie ſie durch die Erde jetzo brechen, durch die Luft!
Hebe dich jezt, uͤberſteig und durchdringe Duͤnſt’ und Duft!
Such, in einen reinern Himmel, der von ird’ſchen Duͤnſten
leer,

Uber unſrer Luͤfte Meer,
So wie Pflantzen, Kraͤuter, Blumen, nebſt der Baͤume
ſaft’gen Zweigen,
(Die durch einen innern Trieb ſich verlaͤngern) auch zu ſteigen,

Um im Geiſt das Laub der Freuden, und, nebſt holder An-
dacht-Bluͤthe,

Auch die Frucht der Danckbarkeit, in beſeeligtem Gemuͤhte,
Zu des Schoͤpfers Ruhm und Preiſe, zu erzielen und zu
zeugen.
Da
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0030" n="14"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das Sonnen-Reich.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="4">
            <l>Samt der Luft die uns umgiebet, und &#x017F;o Flut als Land<lb/><hi rendition="#et">umhu&#x0364;llt,</hi></l><lb/>
            <l>Jn den warmen Himmels-Strich der be&#x017F;ta&#x0364;ndig angefu&#x0364;llt</l><lb/>
            <l>Von der Sonnen Glantz und Glut. Die&#x017F;es Licht-Reich<lb/><hi rendition="#et">zu bedencken</hi></l><lb/>
            <l>Und in &#x017F;einen hohlen Raum, un&#x017F;ers Gei&#x017F;tes Kraft zu &#x017F;encken</l><lb/>
            <l>Soll anjetzt mein Endzweck &#x017F;eyn. Aber ach! wird dieß &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#et">fa&#x017F;&#x017F;en</hi></l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ich etwas Zuverla&#x0364;ßigs von der Tieffe dencken la&#x017F;&#x017F;en?</l><lb/>
            <l>Dennoch &#x017F;chreckt die Schwierigkeit meine fe&#x017F;te Seele nicht,</l><lb/>
            <l>Die, nur blos zum unter&#x017F;uchen, auf die Welt ge&#x017F;etzet<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;cheint,</hi></l><lb/>
            <l>Und von ihres We&#x017F;ens Endzweck dieß mit ho&#x0364;ch&#x017F;ten Rechte<lb/><hi rendition="#et">meint</hi></l><lb/>
            <l>Daß, den Scho&#x0364;pfer in den Wercken zu bewundern, ihre<lb/><hi rendition="#et">Pflicht.</hi></l><lb/>
            <l>Nun &#x017F;o breite dich, mein Gei&#x017F;t, jetzt, nach Art der Pflantzen,<lb/><hi rendition="#et">aus!</hi></l><lb/>
            <l>Brich, &#x017F;o wie &#x017F;ie durch die Erde jetzo brechen, durch die Luft!</l><lb/>
            <l>Hebe dich jezt, u&#x0364;ber&#x017F;teig und durchdringe Du&#x0364;n&#x017F;t&#x2019; und Duft!</l><lb/>
            <l>Such, in einen reinern Himmel, der von ird&#x2019;&#x017F;chen Du&#x0364;n&#x017F;ten<lb/><hi rendition="#et">leer,</hi></l><lb/>
            <l>Uber un&#x017F;rer Lu&#x0364;fte Meer,</l><lb/>
            <l>So wie Pflantzen, Kra&#x0364;uter, Blumen, neb&#x017F;t der Ba&#x0364;ume<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;aft&#x2019;gen Zweigen,</hi><lb/>
(Die durch einen innern Trieb &#x017F;ich verla&#x0364;ngern) auch zu &#x017F;teigen,</l><lb/>
            <l>Um im Gei&#x017F;t das Laub der Freuden, und, neb&#x017F;t holder An-<lb/><hi rendition="#et">dacht-Blu&#x0364;the,</hi></l><lb/>
            <l>Auch die Frucht der Danckbarkeit, in be&#x017F;eeligtem Gemu&#x0364;hte,</l><lb/>
            <l>Zu des Scho&#x0364;pfers Ruhm und Prei&#x017F;e, zu erzielen und zu<lb/><hi rendition="#et">zeugen.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Da</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0030] Das Sonnen-Reich. Samt der Luft die uns umgiebet, und ſo Flut als Land umhuͤllt, Jn den warmen Himmels-Strich der beſtaͤndig angefuͤllt Von der Sonnen Glantz und Glut. Dieſes Licht-Reich zu bedencken Und in ſeinen hohlen Raum, unſers Geiſtes Kraft zu ſencken Soll anjetzt mein Endzweck ſeyn. Aber ach! wird dieß ſich faſſen Und ſich etwas Zuverlaͤßigs von der Tieffe dencken laſſen? Dennoch ſchreckt die Schwierigkeit meine feſte Seele nicht, Die, nur blos zum unterſuchen, auf die Welt geſetzet ſcheint, Und von ihres Weſens Endzweck dieß mit hoͤchſten Rechte meint Daß, den Schoͤpfer in den Wercken zu bewundern, ihre Pflicht. Nun ſo breite dich, mein Geiſt, jetzt, nach Art der Pflantzen, aus! Brich, ſo wie ſie durch die Erde jetzo brechen, durch die Luft! Hebe dich jezt, uͤberſteig und durchdringe Duͤnſt’ und Duft! Such, in einen reinern Himmel, der von ird’ſchen Duͤnſten leer, Uber unſrer Luͤfte Meer, So wie Pflantzen, Kraͤuter, Blumen, nebſt der Baͤume ſaft’gen Zweigen, (Die durch einen innern Trieb ſich verlaͤngern) auch zu ſteigen, Um im Geiſt das Laub der Freuden, und, nebſt holder An- dacht-Bluͤthe, Auch die Frucht der Danckbarkeit, in beſeeligtem Gemuͤhte, Zu des Schoͤpfers Ruhm und Preiſe, zu erzielen und zu zeugen. Da

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/30
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/30>, abgerufen am 21.11.2024.