Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Saamen-Gehäuse. Saamen-Gehäuse. Abermahl ein neues Wunder der formirenden Natur! Abermahl ein neues Meer von besondern Sel- tenheiten, Welches alle, die es sehn, gantz auf eine neue Spur Zu der weisen Macht des Schöpfers, die gantz unerschöpf- lich, leiten Und zur Andacht bringen kann, ja zur Andacht bringen muß! So fast vor Verwundrung starr, rief ich, als mein Julius, Der mein vierter Sohn, mir jüngst etwas, so er abgepflücket, Voll Verwundrung übergab. Dieß war eine Saamen-Hülse, recht verwunderlich geschmücket, Recht verwunderlich gebildet, von so seltzamer Figur, Daß ich nie dergleichen sah. Welches, da ich weiter dachte, Mich auf einen neuen Weg in das Reich der Creatur, Und zu einer neuen Werckstatt voller neuer Wunder brachte, Wo hinein ich biß daher, leider! gar nicht hingekommen, Weil ich, durch Gewohnheit blind, nichts davon in acht genommen. Dieses war nun die Betrachtung, auf wie wunderbare Weise Doch der Finger der Natur so gar künstliche Gehäuse Für der Pflantzen Saamen baut. Es ist in der That nicht gläublich, Ja warhaftig nicht begreiflich, und noch weniger beschreiblich Die Verändrung der Figuren, die in ihnen wunderschön, Wann wir sie genau betrachten, und mit Ernst besehn, zu sehn. Von
Saamen-Gehaͤuſe. Saamen-Gehaͤuſe. Abermahl ein neues Wunder der formirenden Natur! Abermahl ein neues Meer von beſondern Sel- tenheiten, Welches alle, die es ſehn, gantz auf eine neue Spur Zu der weiſen Macht des Schoͤpfers, die gantz unerſchoͤpf- lich, leiten Und zur Andacht bringen kann, ja zur Andacht bringen muß! So faſt vor Verwundrung ſtarr, rief ich, als mein Julius, Der mein vierter Sohn, mir juͤngſt etwas, ſo er abgepfluͤcket, Voll Verwundrung uͤbergab. Dieß war eine Saamen-Huͤlſe, recht verwunderlich geſchmuͤcket, Recht verwunderlich gebildet, von ſo ſeltzamer Figur, Daß ich nie dergleichen ſah. Welches, da ich weiter dachte, Mich auf einen neuen Weg in das Reich der Creatur, Und zu einer neuen Werckſtatt voller neuer Wunder brachte, Wo hinein ich biß daher, leider! gar nicht hingekommen, Weil ich, durch Gewohnheit blind, nichts davon in acht genommen. Dieſes war nun die Betrachtung, auf wie wunderbare Weiſe Doch der Finger der Natur ſo gar kuͤnſtliche Gehaͤuſe Fuͤr der Pflantzen Saamen baut. Es iſt in der That nicht glaͤublich, Ja warhaftig nicht begreiflich, und noch weniger beſchreiblich Die Veraͤndrung der Figuren, die in ihnen wunderſchoͤn, Wann wir ſie genau betrachten, und mit Ernſt beſehn, zu ſehn. Von
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Saamen-Gehaͤuſe.
Saamen-Gehaͤuſe.
Abermahl ein neues Wunder der formirenden Natur!
Abermahl ein neues Meer von beſondern Sel-
tenheiten,
Welches alle, die es ſehn, gantz auf eine neue Spur
Zu der weiſen Macht des Schoͤpfers, die gantz unerſchoͤpf-
lich, leiten
Und zur Andacht bringen kann, ja zur Andacht bringen
muß!
So faſt vor Verwundrung ſtarr, rief ich, als mein Julius,
Der mein vierter Sohn, mir juͤngſt etwas, ſo er abgepfluͤcket,
Voll Verwundrung uͤbergab.
Dieß war eine Saamen-Huͤlſe, recht verwunderlich
geſchmuͤcket,
Recht verwunderlich gebildet, von ſo ſeltzamer Figur,
Daß ich nie dergleichen ſah. Welches, da ich weiter dachte,
Mich auf einen neuen Weg in das Reich der Creatur,
Und zu einer neuen Werckſtatt voller neuer Wunder brachte,
Wo hinein ich biß daher, leider! gar nicht hingekommen,
Weil ich, durch Gewohnheit blind, nichts davon in acht
genommen.
Dieſes war nun die Betrachtung, auf wie wunderbare
Weiſe
Doch der Finger der Natur ſo gar kuͤnſtliche Gehaͤuſe
Fuͤr der Pflantzen Saamen baut. Es iſt in der That nicht
glaͤublich,
Ja warhaftig nicht begreiflich, und noch weniger beſchreiblich
Die Veraͤndrung der Figuren, die in ihnen wunderſchoͤn,
Wann wir ſie genau betrachten, und mit Ernſt beſehn, zu
ſehn.
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