Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Menschliche Schwachheit. Hier sahe man, nicht sonder Freuden, Des Monden güldnes Rund durch glatter luckrer Weiden Gespitztes Laub gebrochen strahlen Und ihre Blätter sich, auf seinem hellen Schein, Als wie auf güldnen Grunde, mahlen. Dort sieht man, wie der Glantz durch dunckle Büsche bricht, Und in der Dunckelheit um desto heller blitzet, Wobey sein Strahl, wie zugespitzet, Durch dichter Blätter Oefnung sticht. Die sanfte Harmonie von Schatten und von Licht Vergnügte mich Recht inniglich Wie aber nichts vollkommenes allhier, So fühlt' ich, daß, bey aller Zier, Jn alle Lust, die mich erfrischte, Sich etwas bittres mischte. Jch fühlt' ein inniges Betrüben, Daß, bey so mancherley Vollkommenheit So mancher Art Geschöpf', und ihrer Herrlichkeit, Jch ihren HErrn und Schöpfer recht zu lieben, Zwar einen Zug, doch eine solche Kraft Und Fähigkeit von solcher Eigenschaft, Wie einem solchen GOtt gebührte, Jn meinem Wesen nicht verspührte. Jndessen dacht' ich auch: mit dem, was ich hienieden Jn meiner Schwachheit fühl, Jst GOtt verhoffentlich zu frieden. So wie der Cörper, hat auch hier der Geist sein Ziel. Alsdann wird erst mein Geist zur Vollenkommenheit Jn Lust und Lob gelangen, Wenn er dereinst annoch wird grössre Fähigkeit Zum Loben und zur Lust empfangen. Jch
Menſchliche Schwachheit. Hier ſahe man, nicht ſonder Freuden, Des Monden guͤldnes Rund durch glatter luckrer Weiden Geſpitztes Laub gebrochen ſtrahlen Und ihre Blaͤtter ſich, auf ſeinem hellen Schein, Als wie auf guͤldnen Grunde, mahlen. Dort ſieht man, wie der Glantz durch dunckle Buͤſche bricht, Und in der Dunckelheit um deſto heller blitzet, Wobey ſein Strahl, wie zugeſpitzet, Durch dichter Blaͤtter Oefnung ſticht. Die ſanfte Harmonie von Schatten und von Licht Vergnuͤgte mich Recht inniglich Wie aber nichts vollkommenes allhier, So fuͤhlt’ ich, daß, bey aller Zier, Jn alle Luſt, die mich erfriſchte, Sich etwas bittres miſchte. Jch fuͤhlt’ ein inniges Betruͤben, Daß, bey ſo mancherley Vollkommenheit So mancher Art Geſchoͤpf’, und ihrer Herrlichkeit, Jch ihren HErrn und Schoͤpfer recht zu lieben, Zwar einen Zug, doch eine ſolche Kraft Und Faͤhigkeit von ſolcher Eigenſchaft, Wie einem ſolchen GOtt gebuͤhrte, Jn meinem Weſen nicht verſpuͤhrte. Jndeſſen dacht’ ich auch: mit dem, was ich hienieden Jn meiner Schwachheit fuͤhl, Jſt GOtt verhoffentlich zu frieden. So wie der Coͤrper, hat auch hier der Geiſt ſein Ziel. Alsdann wird erſt mein Geiſt zur Vollenkommenheit Jn Luſt und Lob gelangen, Wenn er dereinſt annoch wird groͤſſre Faͤhigkeit Zum Loben und zur Luſt empfangen. Jch
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Menſchliche Schwachheit.
Hier ſahe man, nicht ſonder Freuden,
Des Monden guͤldnes Rund durch glatter luckrer Weiden
Geſpitztes Laub gebrochen ſtrahlen
Und ihre Blaͤtter ſich, auf ſeinem hellen Schein,
Als wie auf guͤldnen Grunde, mahlen.
Dort ſieht man, wie der Glantz durch dunckle Buͤſche bricht,
Und in der Dunckelheit um deſto heller blitzet,
Wobey ſein Strahl, wie zugeſpitzet,
Durch dichter Blaͤtter Oefnung ſticht.
Die ſanfte Harmonie von Schatten und von Licht
Vergnuͤgte mich
Recht inniglich
Wie aber nichts vollkommenes allhier,
So fuͤhlt’ ich, daß, bey aller Zier,
Jn alle Luſt, die mich erfriſchte,
Sich etwas bittres miſchte.
Jch fuͤhlt’ ein inniges Betruͤben,
Daß, bey ſo mancherley Vollkommenheit
So mancher Art Geſchoͤpf’, und ihrer Herrlichkeit,
Jch ihren HErrn und Schoͤpfer recht zu lieben,
Zwar einen Zug, doch eine ſolche Kraft
Und Faͤhigkeit von ſolcher Eigenſchaft,
Wie einem ſolchen GOtt gebuͤhrte,
Jn meinem Weſen nicht verſpuͤhrte.
Jndeſſen dacht’ ich auch: mit dem, was ich hienieden
Jn meiner Schwachheit fuͤhl,
Jſt GOtt verhoffentlich zu frieden.
So wie der Coͤrper, hat auch hier der Geiſt ſein Ziel.
Alsdann wird erſt mein Geiſt zur Vollenkommenheit
Jn Luſt und Lob gelangen,
Wenn er dereinſt annoch wird groͤſſre Faͤhigkeit
Zum Loben und zur Luſt empfangen.
Jch
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