Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Jnseln. Mit den Gedancken schlief ich ein, Als ein verwirrter Traum mit meinen Sinnen spielte; Da ich mich biß zum Mond in Eil getragen fühlte. Jch fand in dieser Welt, die unsre stets begleitet, Daß selbe gröss'ren theils aus Wasser zubereitet. Ein kleiner Philosoph, der viertzig mahl so klein, Als wie wir hier auf Erden seyn, Erzehlte mir zu Anfang vielerley, Und unter andern auch: daß ihre Welt Aus unsrer Welt entstanden sey. Die Erde wär' zuerst mit Wasser gantz bedeckt, So daß sichs höher noch als alle Berg' erstreckt; Durch ihres Schöpfers blosses Wollen, Daß unsre Welt bewohnet werden sollen, Hätt er, der aller Fluten Last Jn einen Schlauch zusammen faßt, Die Wasser guten theils von ihr genommen, Und sie (woraus der Mond entsprungen und gekommen) So wol zu ihrem Nutz, als auch zum Dienst der Welt, Jn Wirbel unsrer Erd' in solchen Stand gestellt, Daß wir uns beid' anjetzt, vom Sonnen-Strahl beschienen, Durch einen Gegen-Schein einander dienen. Auf gleiche Weise wär' es auch Saturn ergangen; Nicht minder Jupiter, die (wie wir einen nur) Neun Monden zu Trabanten drauf empfangen. Ja, er vermeinte gar, wofern ihn nicht die Spur Gewisser Zeichen sollte triegen; Wir könnten noch wol einen kriegen: Da, aus dem gar zu tieffen Meer, [unleserliches Material - Zeichen fehlt]nnoch zu einem Mond genugsam Vorrath wär', Wo- L 2
Jnſeln. Mit den Gedancken ſchlief ich ein, Als ein verwirrter Traum mit meinen Sinnen ſpielte; Da ich mich biß zum Mond in Eil getragen fuͤhlte. Jch fand in dieſer Welt, die unſre ſtets begleitet, Daß ſelbe groͤſſ’ren theils aus Waſſer zubereitet. Ein kleiner Philoſoph, der viertzig mahl ſo klein, Als wie wir hier auf Erden ſeyn, Erzehlte mir zu Anfang vielerley, Und unter andern auch: daß ihre Welt Aus unſrer Welt entſtanden ſey. Die Erde waͤr’ zuerſt mit Waſſer gantz bedeckt, So daß ſichs hoͤher noch als alle Berg’ erſtreckt; Durch ihres Schoͤpfers bloſſes Wollen, Daß unſre Welt bewohnet werden ſollen, Haͤtt er, der aller Fluten Laſt Jn einen Schlauch zuſammen faßt, Die Waſſer guten theils von ihr genommen, Und ſie (woraus der Mond entſprungen und gekommen) So wol zu ihrem Nutz, als auch zum Dienſt der Welt, Jn Wirbel unſrer Erd’ in ſolchen Stand geſtellt, Daß wir uns beid’ anjetzt, vom Sonnen-Strahl beſchienen, Durch einen Gegen-Schein einander dienen. Auf gleiche Weiſe waͤr’ es auch Saturn ergangen; Nicht minder Jupiter, die (wie wir einen nur) Neun Monden zu Trabanten drauf empfangen. Ja, er vermeinte gar, wofern ihn nicht die Spur Gewiſſer Zeichen ſollte triegen; Wir koͤnnten noch wol einen kriegen: Da, aus dem gar zu tieffen Meer, [unleserliches Material – Zeichen fehlt]nnoch zu einem Mond genugſam Vorrath waͤr’, Wo- L 2
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Jnſeln.
Mit den Gedancken ſchlief ich ein,
Als ein verwirrter Traum mit meinen Sinnen ſpielte;
Da ich mich biß zum Mond in Eil getragen fuͤhlte.
Jch fand in dieſer Welt, die unſre ſtets begleitet,
Daß ſelbe groͤſſ’ren theils aus Waſſer zubereitet.
Ein kleiner Philoſoph, der viertzig mahl ſo klein,
Als wie wir hier auf Erden ſeyn,
Erzehlte mir zu Anfang vielerley,
Und unter andern auch: daß ihre Welt
Aus unſrer Welt entſtanden ſey.
Die Erde waͤr’ zuerſt mit Waſſer gantz bedeckt,
So daß ſichs hoͤher noch als alle Berg’ erſtreckt;
Durch ihres Schoͤpfers bloſſes Wollen,
Daß unſre Welt bewohnet werden ſollen,
Haͤtt er, der aller Fluten Laſt
Jn einen Schlauch zuſammen faßt,
Die Waſſer guten theils von ihr genommen,
Und ſie (woraus der Mond entſprungen und gekommen)
So wol zu ihrem Nutz, als auch zum Dienſt der Welt,
Jn Wirbel unſrer Erd’ in ſolchen Stand geſtellt,
Daß wir uns beid’ anjetzt, vom Sonnen-Strahl beſchienen,
Durch einen Gegen-Schein einander dienen.
Auf gleiche Weiſe waͤr’ es auch Saturn ergangen;
Nicht minder Jupiter, die (wie wir einen nur)
Neun Monden zu Trabanten drauf empfangen.
Ja, er vermeinte gar, wofern ihn nicht die Spur
Gewiſſer Zeichen ſollte triegen;
Wir koͤnnten noch wol einen kriegen:
Da, aus dem gar zu tieffen Meer,
_ nnoch zu einem Mond genugſam Vorrath waͤr’,
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Zitationshilfe: | Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/179>, abgerufen am 16.02.2025. |