Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Jnseln. Wenn wir der Berge schroffe Höhen, Mit einem aufmercksamen Blick, Bedachtsam an- und übersehen, Und dencken etwann einst zurück Auf Jnseln, die im Meere stehen; So scheinen diese jenen gleich, Nur mit dem Unterscheid allein, Daß Jnseln Berg' im Wasser-Reich, Und die Gebirg' im Luft-Reich Jnseln, seyn. Bey den Gedancken fällt mir ein: Ob etwann eine tieffe Fluth Um unsere Gebirg' einst auch geruht, Und daß, ob wir es gleich nicht lesen, Sie Wasser-Jnseln einst gewesen? Wie uns, wenn wir auf Berge steigen, Und sich dort Meer-Gewächs', in tausend Arten, zeigen, Der Augen-Schein davon fast überführt, Auf eine Art, die uns mit Furcht und Anmuth rührt. Sprich! würden nicht, wenn etwann jetzt das Meer Vom Wasser ausgeleeret wär, Die Jnseln all' als grosser Berge Höh'n Ohn allen Zweifel anzusehn, Und zu betrachten seyn? Wie wär' es, wenn vielleicht Die Fluth dereinst noch mehr vertheilt wär' und versiegen, Die Meer-Berg' ebenfals, entblösset aufwerts stiegen, Und so, wie unsre Berg' und Flächen unsrer Erden, Auch Jnseln in der Luft einst könnten werden? Mi
Jnſeln. Wenn wir der Berge ſchroffe Hoͤhen, Mit einem aufmerckſamen Blick, Bedachtſam an- und uͤberſehen, Und dencken etwann einſt zuruͤck Auf Jnſeln, die im Meere ſtehen; So ſcheinen dieſe jenen gleich, Nur mit dem Unterſcheid allein, Daß Jnſeln Berg’ im Waſſer-Reich, Und die Gebirg’ im Luft-Reich Jnſeln, ſeyn. Bey den Gedancken faͤllt mir ein: Ob etwann eine tieffe Fluth Um unſere Gebirg’ einſt auch geruht, Und daß, ob wir es gleich nicht leſen, Sie Waſſer-Jnſeln einſt geweſen? Wie uns, wenn wir auf Berge ſteigen, Und ſich dort Meer-Gewaͤchſ’, in tauſend Arten, zeigen, Der Augen-Schein davon faſt uͤberfuͤhrt, Auf eine Art, die uns mit Furcht und Anmuth ruͤhrt. Sprich! wuͤrden nicht, wenn etwann jetzt das Meer Vom Waſſer ausgeleeret waͤr, Die Jnſeln all’ als groſſer Berge Hoͤh’n Ohn allen Zweifel anzuſehn, Und zu betrachten ſeyn? Wie waͤr’ es, wenn vielleicht Die Fluth dereinſt noch mehr vertheilt waͤr’ und verſiegen, Die Meer-Berg’ ebenfals, entbloͤſſet aufwerts ſtiegen, Und ſo, wie unſre Berg’ und Flaͤchen unſrer Erden, Auch Jnſeln in der Luft einſt koͤnnten werden? Mi
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Jnſeln.
Wenn wir der Berge ſchroffe Hoͤhen,
Mit einem aufmerckſamen Blick,
Bedachtſam an- und uͤberſehen,
Und dencken etwann einſt zuruͤck
Auf Jnſeln, die im Meere ſtehen;
So ſcheinen dieſe jenen gleich,
Nur mit dem Unterſcheid allein,
Daß Jnſeln Berg’ im Waſſer-Reich,
Und die Gebirg’ im Luft-Reich Jnſeln, ſeyn.
Bey den Gedancken faͤllt mir ein:
Ob etwann eine tieffe Fluth
Um unſere Gebirg’ einſt auch geruht,
Und daß, ob wir es gleich nicht leſen,
Sie Waſſer-Jnſeln einſt geweſen?
Wie uns, wenn wir auf Berge ſteigen,
Und ſich dort Meer-Gewaͤchſ’, in tauſend Arten, zeigen,
Der Augen-Schein davon faſt uͤberfuͤhrt,
Auf eine Art, die uns mit Furcht und Anmuth ruͤhrt.
Sprich! wuͤrden nicht, wenn etwann jetzt das Meer
Vom Waſſer ausgeleeret waͤr,
Die Jnſeln all’ als groſſer Berge Hoͤh’n
Ohn allen Zweifel anzuſehn,
Und zu betrachten ſeyn? Wie waͤr’ es, wenn vielleicht
Die Fluth dereinſt noch mehr vertheilt waͤr’ und verſiegen,
Die Meer-Berg’ ebenfals, entbloͤſſet aufwerts ſtiegen,
Und ſo, wie unſre Berg’ und Flaͤchen unſrer Erden,
Auch Jnſeln in der Luft einſt koͤnnten werden?
Mi
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