Jch hatte jüngst, des holden Frühlings-Pracht, Wie alles auf der Welt so schön, so Wunder-schön, Zum Ruhm des Schöpfers, anzusehn, Den gantzen Nachmittag vergnüglich zugebracht.
Bald wechselten in meiner Brust Betrachtung, Andacht, Lob und Lust, Und bald vereinten sich dieselben so in mir, Daß mir unmöglich fällt, den frohen Stand der Seelen, Worin Empfindlichkeit und Danck-Begier, Auch ungezehlte süsse Triebe Von Freud, Erkenntlichkeit und Liebe, Halb selig walleten, umständlich zu erzehlen.
Der Abend kam, so bald der güldne Glantz Des Sonnen-Lichts nicht mehr zu sehen war, Mit seiner sanften Schatten-Schaar, Gemach gemach heran: Doch war der Schein nicht gantz Vergangen und dahin, der Schatten auch noch nicht Gantz ausgedehnt und schwartz, vielmehr schien Nacht und Licht
Jn einem sanften Grad vereint. Hieraus entsprung Ein' allgemeine rein' und helle Dämmerung, Voll Kühlung, Still' und Lust; als ich, von ungefehr, An eines Grabens klarer Fluth, Auf welcher theils des Himmels heitrer Schein, Und theils ein Wiederschein von hohen Bäumen ruht,
Mit
E
Mond-Schein.
Mond-Schein.
Jch hatte juͤngſt, des holden Fruͤhlings-Pracht, Wie alles auf der Welt ſo ſchoͤn, ſo Wunder-ſchoͤn, Zum Ruhm des Schoͤpfers, anzuſehn, Den gantzen Nachmittag vergnuͤglich zugebracht.
Bald wechſelten in meiner Bruſt Betrachtung, Andacht, Lob und Luſt, Und bald vereinten ſich dieſelben ſo in mir, Daß mir unmoͤglich faͤllt, den frohen Stand der Seelen, Worin Empfindlichkeit und Danck-Begier, Auch ungezehlte ſuͤſſe Triebe Von Freud, Erkenntlichkeit und Liebe, Halb ſelig walleten, umſtaͤndlich zu erzehlen.
Der Abend kam, ſo bald der guͤldne Glantz Des Sonnen-Lichts nicht mehr zu ſehen war, Mit ſeiner ſanften Schatten-Schaar, Gemach gemach heran: Doch war der Schein nicht gantz Vergangen und dahin, der Schatten auch noch nicht Gantz ausgedehnt und ſchwartz, vielmehr ſchien Nacht und Licht
Jn einem ſanften Grad vereint. Hieraus entſprung Ein’ allgemeine rein’ und helle Daͤmmerung, Voll Kuͤhlung, Still’ und Luſt; als ich, von ungefehr, An eines Grabens klarer Fluth, Auf welcher theils des Himmels heitrer Schein, Und theils ein Wiederſchein von hohen Baͤumen ruht,
Mit
E
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Mond-Schein.
Mond-Schein.
Jch hatte juͤngſt, des holden Fruͤhlings-Pracht,
Wie alles auf der Welt ſo ſchoͤn, ſo Wunder-ſchoͤn,
Zum Ruhm des Schoͤpfers, anzuſehn,
Den gantzen Nachmittag vergnuͤglich zugebracht.
Bald wechſelten in meiner Bruſt
Betrachtung, Andacht, Lob und Luſt,
Und bald vereinten ſich dieſelben ſo in mir,
Daß mir unmoͤglich faͤllt, den frohen Stand der Seelen,
Worin Empfindlichkeit und Danck-Begier,
Auch ungezehlte ſuͤſſe Triebe
Von Freud, Erkenntlichkeit und Liebe,
Halb ſelig walleten, umſtaͤndlich zu erzehlen.
Der Abend kam, ſo bald der guͤldne Glantz
Des Sonnen-Lichts nicht mehr zu ſehen war,
Mit ſeiner ſanften Schatten-Schaar,
Gemach gemach heran:
Doch war der Schein nicht gantz
Vergangen und dahin, der Schatten auch noch nicht
Gantz ausgedehnt und ſchwartz, vielmehr ſchien Nacht und
Licht
Jn einem ſanften Grad vereint. Hieraus entſprung
Ein’ allgemeine rein’ und helle Daͤmmerung,
Voll Kuͤhlung, Still’ und Luſt; als ich, von ungefehr,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/97>, abgerufen am 23.07.2024.
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