Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

Betrachtung der Vögel.
Ein durch die Creatur gerührtes Hertze mercken;
Wann sie, bey unserer Betrachtung, sehn
Ein sehnend Aug' und fröhliche Geberden,
Und durch dieselbigen von der in unsrer Brust
Gefühlten innern Lust
Gerührt und überführet werden;
So kann gewiß das helle schallen
Der Lieder-reichen Nachtigallen
Der Menschen Ohr so sehr nicht rühren, und gefallen,
Als stille Seufzer, frohe Minen,
Die ein betrachtetes Geschöpf
Jn uns erreget, ihnen
Vergnügen, Anmuth und Ergetzen
Erregen muß, und sie noch mehr und mehr
Zu ihres Schöpfers Preis und Ehr,
Jn eine seelge Freude setzen.

Wer wollte denn nicht gern,
Bey so viel selbst gefühlter Lust,
So gar der Engel Lust, und aller Engel HErrn
Lob, Ehr und Preis, zu mehren, zu erheben,
Lobsingend sich beftreben?
Wer wollte nicht, wie uns die Vögel hier auf Erden,
So ihnen dazu gern ein klingend Werck-Zeug werden?


Die

Betrachtung der Voͤgel.
Ein durch die Creatur geruͤhrtes Hertze mercken;
Wann ſie, bey unſerer Betrachtung, ſehn
Ein ſehnend Aug’ und froͤhliche Geberden,
Und durch dieſelbigen von der in unſrer Bruſt
Gefuͤhlten innern Luſt
Geruͤhrt und uͤberfuͤhret werden;
So kann gewiß das helle ſchallen
Der Lieder-reichen Nachtigallen
Der Menſchen Ohr ſo ſehr nicht ruͤhren, und gefallen,
Als ſtille Seufzer, frohe Minen,
Die ein betrachtetes Geſchoͤpf
Jn uns erreget, ihnen
Vergnuͤgen, Anmuth und Ergetzen
Erregen muß, und ſie noch mehr und mehr
Zu ihres Schoͤpfers Preis und Ehr,
Jn eine ſeelge Freude ſetzen.

Wer wollte denn nicht gern,
Bey ſo viel ſelbſt gefuͤhlter Luſt,
So gar der Engel Luſt, und aller Engel HErrn
Lob, Ehr und Preis, zu mehren, zu erheben,
Lobſingend ſich beftreben?
Wer wollte nicht, wie uns die Voͤgel hier auf Erden,
So ihnen dazu gern ein klingend Werck-Zeug werden?


Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="21">
              <pb facs="#f0092" n="60"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Betrachtung der Vo&#x0364;gel.</hi> </fw><lb/>
              <l>Ein durch die Creatur geru&#x0364;hrtes Hertze mercken;</l><lb/>
              <l>Wann &#x017F;ie, bey un&#x017F;erer Betrachtung, &#x017F;ehn</l><lb/>
              <l>Ein &#x017F;ehnend Aug&#x2019; und fro&#x0364;hliche Geberden,</l><lb/>
              <l>Und durch die&#x017F;elbigen von der in un&#x017F;rer Bru&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Gefu&#x0364;hlten innern Lu&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Geru&#x0364;hrt und u&#x0364;berfu&#x0364;hret werden;</l><lb/>
              <l>So kann gewiß das helle &#x017F;challen</l><lb/>
              <l>Der Lieder-reichen Nachtigallen</l><lb/>
              <l>Der Men&#x017F;chen Ohr &#x017F;o &#x017F;ehr nicht ru&#x0364;hren, und gefallen,</l><lb/>
              <l>Als &#x017F;tille Seufzer, frohe Minen,</l><lb/>
              <l>Die ein betrachtetes Ge&#x017F;cho&#x0364;pf</l><lb/>
              <l>Jn uns erreget, ihnen</l><lb/>
              <l>Vergnu&#x0364;gen, Anmuth und Ergetzen</l><lb/>
              <l>Erregen muß, und &#x017F;ie noch mehr und mehr</l><lb/>
              <l>Zu ihres Scho&#x0364;pfers Preis und Ehr,</l><lb/>
              <l>Jn eine &#x017F;eelge Freude &#x017F;etzen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="22">
              <l>Wer wollte denn nicht gern,</l><lb/>
              <l>Bey &#x017F;o viel &#x017F;elb&#x017F;t gefu&#x0364;hlter Lu&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>So gar der Engel Lu&#x017F;t, und aller Engel HErrn</l><lb/>
              <l>Lob, Ehr und Preis, zu mehren, zu erheben,</l><lb/>
              <l>Lob&#x017F;ingend &#x017F;ich beftreben?</l><lb/>
              <l>Wer wollte nicht, wie uns die Vo&#x0364;gel hier auf Erden,</l><lb/>
              <l>So ihnen dazu gern ein klingend Werck-Zeug werden?</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Die</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0092] Betrachtung der Voͤgel. Ein durch die Creatur geruͤhrtes Hertze mercken; Wann ſie, bey unſerer Betrachtung, ſehn Ein ſehnend Aug’ und froͤhliche Geberden, Und durch dieſelbigen von der in unſrer Bruſt Gefuͤhlten innern Luſt Geruͤhrt und uͤberfuͤhret werden; So kann gewiß das helle ſchallen Der Lieder-reichen Nachtigallen Der Menſchen Ohr ſo ſehr nicht ruͤhren, und gefallen, Als ſtille Seufzer, frohe Minen, Die ein betrachtetes Geſchoͤpf Jn uns erreget, ihnen Vergnuͤgen, Anmuth und Ergetzen Erregen muß, und ſie noch mehr und mehr Zu ihres Schoͤpfers Preis und Ehr, Jn eine ſeelge Freude ſetzen. Wer wollte denn nicht gern, Bey ſo viel ſelbſt gefuͤhlter Luſt, So gar der Engel Luſt, und aller Engel HErrn Lob, Ehr und Preis, zu mehren, zu erheben, Lobſingend ſich beftreben? Wer wollte nicht, wie uns die Voͤgel hier auf Erden, So ihnen dazu gern ein klingend Werck-Zeug werden? Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/92
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/92>, abgerufen am 03.05.2024.