Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Anfang des Frühlinges.
Anfang des Frühlinges.
Es scheinet ietzt bald hie bald da,
An allen Orten fern und nah,
Des jungen Grases frisches Grün,
Mit ungezehlten Lieblichkeiten,
Sich gleichsam ämsig zu bemühn,
Das welcke Gelbe zu bestreiten,
Und itzt, bald hier bald dort, das Land zu überziehn.
Hier siegt annoch des alten Grases Rest:
Sein falbes brann, sein schmutzigs grau
Hält, ob gleich welck, annoch an faulen Stengeln fest,
Jndem ich dorten nichts, als neue Schönheit, schau.
Hier drenget manche zarte Spitze
Sich einzeln aus der Erd', und dorten siehet man
Schon kleine Hügelchen von Gras, und kleine Blitze,
Wann sie bestrahlet sind, auf ihrer grünen Glätte,
Die man nicht sonder Lust beschauen kan:
Zumahl wann sich der linde Zephir reget,
Und jedes Gräschen sich gelinde mit beweget,
Sammt den durch sie erzeugten zarten Schatten,
Die auch beweglich sind, und sich mit ihnen gatten,
Um, durch den Gegen-Satz, das, was so Wunder-schön,
Noch zu verherrlichen, und mehr noch zu erhöhn.
Hier prangt ein grüner Platz, der rings ümher
Von Stellen, die annoch von Grase leer,
Als wie ein Jnselchen, ümgeben; wann sich dort
Von braunem Staub und Sand ein kleiner Ort
Roch zwischen grünen Stellen zeiget.
Noch
Anfang des Fruͤhlinges.
Anfang des Fruͤhlinges.
Es ſcheinet ietzt bald hie bald da,
An allen Orten fern und nah,
Des jungen Graſes friſches Gruͤn,
Mit ungezehlten Lieblichkeiten,
Sich gleichſam aͤmſig zu bemuͤhn,
Das welcke Gelbe zu beſtreiten,
Und itzt, bald hier bald dort, das Land zu uͤberziehn.
Hier ſiegt annoch des alten Graſes Reſt:
Sein falbes brann, ſein ſchmutzigs grau
Haͤlt, ob gleich welck, annoch an faulen Stengeln feſt,
Jndem ich dorten nichts, als neue Schoͤnheit, ſchau.
Hier drenget manche zarte Spitze
Sich einzeln aus der Erd’, und dorten ſiehet man
Schon kleine Huͤgelchen von Gras, und kleine Blitze,
Wann ſie beſtrahlet ſind, auf ihrer gruͤnen Glaͤtte,
Die man nicht ſonder Luſt beſchauen kan:
Zumahl wann ſich der linde Zephir reget,
Und jedes Graͤschen ſich gelinde mit beweget,
Sammt den durch ſie erzeugten zarten Schatten,
Die auch beweglich ſind, und ſich mit ihnen gatten,
Um, durch den Gegen-Satz, das, was ſo Wunder-ſchoͤn,
Noch zu verherrlichen, und mehr noch zu erhoͤhn.
Hier prangt ein gruͤner Platz, der rings uͤmher
Von Stellen, die annoch von Graſe leer,
Als wie ein Jnſelchen, uͤmgeben; wann ſich dort
Von braunem Staub und Sand ein kleiner Ort
Roch zwiſchen gruͤnen Stellen zeiget.
Noch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0043" n="11"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Anfang des Fru&#x0364;hlinges.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Anfang des Fru&#x0364;hlinges.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">E</hi>s &#x017F;cheinet ietzt bald hie bald da,</l><lb/>
              <l>An allen Orten fern und nah,</l><lb/>
              <l>Des jungen Gra&#x017F;es fri&#x017F;ches Gru&#x0364;n,</l><lb/>
              <l>Mit ungezehlten Lieblichkeiten,</l><lb/>
              <l>Sich gleich&#x017F;am a&#x0364;m&#x017F;ig zu bemu&#x0364;hn,</l><lb/>
              <l>Das welcke Gelbe zu be&#x017F;treiten,</l><lb/>
              <l>Und itzt, bald hier bald dort, das Land zu u&#x0364;berziehn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Hier &#x017F;iegt annoch des alten Gra&#x017F;es Re&#x017F;t:</l><lb/>
              <l>Sein falbes brann, &#x017F;ein &#x017F;chmutzigs grau</l><lb/>
              <l>Ha&#x0364;lt, ob gleich welck, annoch an faulen Stengeln fe&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Jndem ich dorten nichts, als neue Scho&#x0364;nheit, &#x017F;chau.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Hier drenget manche zarte Spitze</l><lb/>
              <l>Sich einzeln aus der Erd&#x2019;, und dorten &#x017F;iehet man</l><lb/>
              <l>Schon kleine Hu&#x0364;gelchen von Gras, und kleine Blitze,</l><lb/>
              <l>Wann &#x017F;ie be&#x017F;trahlet &#x017F;ind, auf ihrer gru&#x0364;nen Gla&#x0364;tte,</l><lb/>
              <l>Die man nicht &#x017F;onder Lu&#x017F;t be&#x017F;chauen kan:</l><lb/>
              <l>Zumahl wann &#x017F;ich der linde Zephir reget,</l><lb/>
              <l>Und jedes Gra&#x0364;schen &#x017F;ich gelinde mit beweget,</l><lb/>
              <l>Sammt den durch &#x017F;ie erzeugten zarten Schatten,</l><lb/>
              <l>Die auch beweglich &#x017F;ind, und &#x017F;ich mit ihnen gatten,</l><lb/>
              <l>Um, durch den Gegen-Satz, das, was &#x017F;o Wunder-&#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
              <l>Noch zu verherrlichen, und mehr noch zu erho&#x0364;hn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Hier prangt ein gru&#x0364;ner Platz, der rings u&#x0364;mher</l><lb/>
              <l>Von Stellen, die annoch von Gra&#x017F;e leer,</l><lb/>
              <l>Als wie ein Jn&#x017F;elchen, u&#x0364;mgeben; wann &#x017F;ich dort</l><lb/>
              <l>Von braunem Staub und Sand ein kleiner Ort</l><lb/>
              <l>Roch zwi&#x017F;chen gru&#x0364;nen Stellen zeiget.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Noch</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0043] Anfang des Fruͤhlinges. Anfang des Fruͤhlinges. Es ſcheinet ietzt bald hie bald da, An allen Orten fern und nah, Des jungen Graſes friſches Gruͤn, Mit ungezehlten Lieblichkeiten, Sich gleichſam aͤmſig zu bemuͤhn, Das welcke Gelbe zu beſtreiten, Und itzt, bald hier bald dort, das Land zu uͤberziehn. Hier ſiegt annoch des alten Graſes Reſt: Sein falbes brann, ſein ſchmutzigs grau Haͤlt, ob gleich welck, annoch an faulen Stengeln feſt, Jndem ich dorten nichts, als neue Schoͤnheit, ſchau. Hier drenget manche zarte Spitze Sich einzeln aus der Erd’, und dorten ſiehet man Schon kleine Huͤgelchen von Gras, und kleine Blitze, Wann ſie beſtrahlet ſind, auf ihrer gruͤnen Glaͤtte, Die man nicht ſonder Luſt beſchauen kan: Zumahl wann ſich der linde Zephir reget, Und jedes Graͤschen ſich gelinde mit beweget, Sammt den durch ſie erzeugten zarten Schatten, Die auch beweglich ſind, und ſich mit ihnen gatten, Um, durch den Gegen-Satz, das, was ſo Wunder-ſchoͤn, Noch zu verherrlichen, und mehr noch zu erhoͤhn. Hier prangt ein gruͤner Platz, der rings uͤmher Von Stellen, die annoch von Graſe leer, Als wie ein Jnſelchen, uͤmgeben; wann ſich dort Von braunem Staub und Sand ein kleiner Ort Roch zwiſchen gruͤnen Stellen zeiget. Noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/43
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/43>, abgerufen am 29.03.2024.