Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

Das herrliche Geschöpf
An den allermeisten Orten ward von Alten und von
Jungen,

Zu des Ober-Hirten Ruhm, viel geredet, viel gesungen.
Offt erschallte Feld und Wald von verschiednen Wechsel-
Chören,

Und die allermeisten liessen anders nichts fast von sich hören:
Als: der grosse Günther lebe, nebst der holden
Albertinen,

Unter denen unsre Wiesen, in erwünschtem Friede,
grünen!

Unsre Wandrer hörten dieß voll Vergnügen, ja sie fiengen,
Bald bey diesem, bald bey jenem frohen Chor, mit an zu
singen:
Lebe, grosser Günther, lebe, nebst der holden
Albertinen,

Unter denen Wald und Wiesen in erwünschtem Friede
grünen!

Endlich waren sie darüber da, wo sie sich vorgenommen,
Bey dem dick bebüschten Felsen, unvermuthet angekommen.

An des steilen Berges Fuß öfnet ihren weiten Mund
Eine fast verwachsne Höle. Deren Eingang, wie die
Schooß,

Viele Sträucher, wilder Flieder, zähes Epheu, weiches
Mooß,

Und zumahl ein hoher Ulm-Baum, welcher an der Oeffnung
stund,

Schwärtzt und schmücket, füllt und deckt. Dieser Hölen
harte Seiten

Waren fast an allen Orten, durch den scharffen Zahn der
Zeiten,

Durch-

Das herrliche Geſchoͤpf
An den allermeiſten Orten ward von Alten und von
Jungen,

Zu des Ober-Hirten Ruhm, viel geredet, viel geſungen.
Offt erſchallte Feld und Wald von verſchiednen Wechſel-
Choͤren,

Und die allermeiſten lieſſen anders nichts faſt von ſich hoͤren:
Als: der groſſe Guͤnther lebe, nebſt der holden
Albertinen,

Unter denen unſre Wieſen, in erwuͤnſchtem Friede,
gruͤnen!

Unſre Wandrer hoͤrten dieß voll Vergnuͤgen, ja ſie fiengen,
Bald bey dieſem, bald bey jenem frohen Chor, mit an zu
ſingen:
Lebe, groſſer Guͤnther, lebe, nebſt der holden
Albertinen,

Unter denen Wald und Wieſen in erwuͤnſchtem Friede
gruͤnen!

Endlich waren ſie daruͤber da, wo ſie ſich vorgenommen,
Bey dem dick bebuͤſchten Felſen, unvermuthet angekommen.

An des ſteilen Berges Fuß oͤfnet ihren weiten Mund
Eine faſt verwachsne Hoͤle. Deren Eingang, wie die
Schooß,

Viele Straͤucher, wilder Flieder, zaͤhes Epheu, weiches
Mooß,

Und zumahl ein hoher Ulm-Baum, welcher an der Oeffnung
ſtund,

Schwaͤrtzt und ſchmuͤcket, fuͤllt und deckt. Dieſer Hoͤlen
harte Seiten

Waren faſt an allen Orten, durch den ſcharffen Zahn der
Zeiten,

Durch-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="8">
              <pb facs="#f0376" n="344"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das herrliche Ge&#x017F;cho&#x0364;pf</hi> </fw><lb/>
              <l>An den allermei&#x017F;ten Orten ward von Alten und von<lb/><hi rendition="#et">Jungen,</hi></l><lb/>
              <l>Zu des Ober-Hirten Ruhm, viel geredet, viel ge&#x017F;ungen.</l><lb/>
              <l>Offt er&#x017F;challte Feld und Wald von ver&#x017F;chiednen Wech&#x017F;el-<lb/><hi rendition="#et">Cho&#x0364;ren,</hi></l><lb/>
              <l>Und die allermei&#x017F;ten lie&#x017F;&#x017F;en anders nichts fa&#x017F;t von &#x017F;ich ho&#x0364;ren:</l><lb/>
              <l>Als: <hi rendition="#fr">der gro&#x017F;&#x017F;e Gu&#x0364;nther lebe, neb&#x017F;t der holden<lb/><hi rendition="#et">Albertinen,</hi></hi></l><lb/>
              <l> <hi rendition="#fr">Unter denen un&#x017F;re Wie&#x017F;en, in erwu&#x0364;n&#x017F;chtem Friede,<lb/><hi rendition="#et">gru&#x0364;nen!</hi></hi> </l><lb/>
              <l>Un&#x017F;re Wandrer ho&#x0364;rten dieß voll Vergnu&#x0364;gen, ja &#x017F;ie fiengen,</l><lb/>
              <l>Bald bey die&#x017F;em, bald bey jenem frohen Chor, mit an zu<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ingen:</hi><lb/><hi rendition="#fr">Lebe, gro&#x017F;&#x017F;er Gu&#x0364;nther, lebe, neb&#x017F;t der holden<lb/><hi rendition="#et">Albertinen,</hi></hi></l><lb/>
              <l> <hi rendition="#fr">Unter denen Wald und Wie&#x017F;en in erwu&#x0364;n&#x017F;chtem Friede<lb/><hi rendition="#et">gru&#x0364;nen!</hi></hi> </l><lb/>
              <l>Endlich waren &#x017F;ie daru&#x0364;ber da, wo &#x017F;ie &#x017F;ich vorgenommen,</l><lb/>
              <l>Bey dem dick bebu&#x0364;&#x017F;chten Fel&#x017F;en, unvermuthet angekommen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>An des &#x017F;teilen Berges Fuß o&#x0364;fnet ihren weiten Mund</l><lb/>
              <l>Eine fa&#x017F;t verwachsne Ho&#x0364;le. Deren Eingang, wie die<lb/><hi rendition="#et">Schooß,</hi></l><lb/>
              <l>Viele Stra&#x0364;ucher, wilder Flieder, za&#x0364;hes Epheu, weiches<lb/><hi rendition="#et">Mooß,</hi></l><lb/>
              <l>Und zumahl ein hoher Ulm-Baum, welcher an der Oeffnung<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tund,</hi></l><lb/>
              <l>Schwa&#x0364;rtzt und &#x017F;chmu&#x0364;cket, fu&#x0364;llt und deckt. Die&#x017F;er Ho&#x0364;len<lb/><hi rendition="#et">harte Seiten</hi></l><lb/>
              <l>Waren fa&#x017F;t an allen Orten, durch den &#x017F;charffen Zahn der<lb/><hi rendition="#et">Zeiten,</hi></l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Durch-</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0376] Das herrliche Geſchoͤpf An den allermeiſten Orten ward von Alten und von Jungen, Zu des Ober-Hirten Ruhm, viel geredet, viel geſungen. Offt erſchallte Feld und Wald von verſchiednen Wechſel- Choͤren, Und die allermeiſten lieſſen anders nichts faſt von ſich hoͤren: Als: der groſſe Guͤnther lebe, nebſt der holden Albertinen, Unter denen unſre Wieſen, in erwuͤnſchtem Friede, gruͤnen! Unſre Wandrer hoͤrten dieß voll Vergnuͤgen, ja ſie fiengen, Bald bey dieſem, bald bey jenem frohen Chor, mit an zu ſingen: Lebe, groſſer Guͤnther, lebe, nebſt der holden Albertinen, Unter denen Wald und Wieſen in erwuͤnſchtem Friede gruͤnen! Endlich waren ſie daruͤber da, wo ſie ſich vorgenommen, Bey dem dick bebuͤſchten Felſen, unvermuthet angekommen. An des ſteilen Berges Fuß oͤfnet ihren weiten Mund Eine faſt verwachsne Hoͤle. Deren Eingang, wie die Schooß, Viele Straͤucher, wilder Flieder, zaͤhes Epheu, weiches Mooß, Und zumahl ein hoher Ulm-Baum, welcher an der Oeffnung ſtund, Schwaͤrtzt und ſchmuͤcket, fuͤllt und deckt. Dieſer Hoͤlen harte Seiten Waren faſt an allen Orten, durch den ſcharffen Zahn der Zeiten, Durch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/376
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/376>, abgerufen am 22.11.2024.