Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrachtung
Es sind sowol die Meng-als Graden nicht zu zehlen.
Auch wird es ihnen nie an einem Firniß fehlen,
Als der mit ihnen wächst, und der ihm einverleibt.
Denn, eben daß er glatt,
Vermehret seinen Wehrt, erhebet seinen Preis.
So bald man nur das rauhe von ihm reibt,
Wie solches hier des Künstlers Fleiß
Recht künstlich zu verrichten weiß;
So ist kein Spiegel-Glas so gläntzend und so rein,
Als wie, in Blanckenburgs polirtem Marmor-Stein,
Die abgeschliffnen Flächen seyn.
Wie offt hab ich in ihm, als wie im reinsten Spiegel,
Gebüsche, Feld' und Wald, und Thal, und Berg' und Hügel,
Ja gar, mit inniglichen Freuden,
Bald im verwachsnen Thal, bald auf den steilen Höhn,
Auch meine liebste Heerde weiden,
Und meine Ziegen klettern sehn.
Man kann in Blanckenburgs Gebirg'-und ihren Gründen,
Von allen Farben Marmor finden,
So wie man ihn verlangt:
Da bald ein helles Weiß im rothen Grunde prangt;
Da er bald braun, bald schwartz, vermischt mit weiß und
grau,

Bald gelb und grün so gar,
(Das, selbst in Griechenland und Welschland, Wunder-
rar)

Bald bunt gesprenget ist, mit roth, mit grün und blau.
Wer bildet nun des Marmors bunte Pracht?
Wer hat die Felsen selbst so schön, so glatt gemacht?
Der-
Betrachtung
Es ſind ſowol die Meng-als Graden nicht zu zehlen.
Auch wird es ihnen nie an einem Firniß fehlen,
Als der mit ihnen waͤchſt, und der ihm einverleibt.
Denn, eben daß er glatt,
Vermehret ſeinen Wehrt, erhebet ſeinen Preis.
So bald man nur das rauhe von ihm reibt,
Wie ſolches hier des Kuͤnſtlers Fleiß
Recht kuͤnſtlich zu verrichten weiß;
So iſt kein Spiegel-Glas ſo glaͤntzend und ſo rein,
Als wie, in Blanckenburgs polirtem Marmor-Stein,
Die abgeſchliffnen Flaͤchen ſeyn.
Wie offt hab ich in ihm, als wie im reinſten Spiegel,
Gebuͤſche, Feld’ und Wald, und Thal, und Berg’ und Huͤgel,
Ja gar, mit inniglichen Freuden,
Bald im verwachſnen Thal, bald auf den ſteilen Hoͤhn,
Auch meine liebſte Heerde weiden,
Und meine Ziegen klettern ſehn.
Man kañ in Blanckenburgs Gebirg’-und ihren Gruͤnden,
Von allen Farben Marmor finden,
So wie man ihn verlangt:
Da bald ein helles Weiß im rothen Grunde prangt;
Da er bald braun, bald ſchwartz, vermiſcht mit weiß und
grau,

Bald gelb und gruͤn ſo gar,
(Das, ſelbſt in Griechenland und Welſchland, Wunder-
rar)

Bald bunt geſprenget iſt, mit roth, mit gruͤn und blau.
Wer bildet nun des Marmors bunte Pracht?
Wer hat die Felſen ſelbſt ſo ſchoͤn, ſo glatt gemacht?
Der-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0260" n="228"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Betrachtung</hi> </fw><lb/>
            <lg n="29">
              <l>Es &#x017F;ind &#x017F;owol die Meng-als Graden nicht zu zehlen.</l><lb/>
              <l>Auch wird es ihnen nie an einem Firniß fehlen,</l><lb/>
              <l>Als der mit ihnen wa&#x0364;ch&#x017F;t, und der ihm einverleibt.</l><lb/>
              <l>Denn, eben daß er glatt,</l><lb/>
              <l>Vermehret &#x017F;einen Wehrt, erhebet &#x017F;einen Preis.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="30">
              <l>So bald man nur das rauhe von ihm reibt,</l><lb/>
              <l>Wie &#x017F;olches hier des Ku&#x0364;n&#x017F;tlers Fleiß</l><lb/>
              <l>Recht ku&#x0364;n&#x017F;tlich zu verrichten weiß;</l><lb/>
              <l>So i&#x017F;t kein Spiegel-Glas &#x017F;o gla&#x0364;ntzend und &#x017F;o rein,</l><lb/>
              <l>Als wie, in Blanckenburgs polirtem Marmor-Stein,</l><lb/>
              <l>Die abge&#x017F;chliffnen Fla&#x0364;chen &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="31">
              <l>Wie offt hab ich in ihm, als wie im rein&#x017F;ten Spiegel,</l><lb/>
              <l>Gebu&#x0364;&#x017F;che, Feld&#x2019; und Wald, und Thal, und Berg&#x2019; und Hu&#x0364;gel,</l><lb/>
              <l>Ja gar, mit inniglichen Freuden,</l><lb/>
              <l>Bald im verwach&#x017F;nen Thal, bald auf den &#x017F;teilen Ho&#x0364;hn,</l><lb/>
              <l>Auch meine lieb&#x017F;te Heerde weiden,</l><lb/>
              <l>Und meine Ziegen klettern &#x017F;ehn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="32">
              <l>Man kan&#x0303; in Blanckenburgs Gebirg&#x2019;-und ihren Gru&#x0364;nden,</l><lb/>
              <l>Von allen Farben Marmor finden,</l><lb/>
              <l>So wie man ihn verlangt:</l><lb/>
              <l>Da bald ein helles Weiß im rothen Grunde prangt;</l><lb/>
              <l>Da er bald braun, bald &#x017F;chwartz, vermi&#x017F;cht mit weiß und<lb/><hi rendition="#et">grau,</hi></l><lb/>
              <l>Bald gelb und gru&#x0364;n &#x017F;o gar,<lb/>
(Das, &#x017F;elb&#x017F;t in Griechenland und Wel&#x017F;chland, Wunder-<lb/><hi rendition="#et">rar)</hi></l><lb/>
              <l>Bald bunt ge&#x017F;prenget i&#x017F;t, mit roth, mit gru&#x0364;n und blau.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="33">
              <l>Wer bildet nun des Marmors bunte Pracht?</l><lb/>
              <l>Wer hat die Fel&#x017F;en &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n, &#x017F;o glatt gemacht?</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Der-</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0260] Betrachtung Es ſind ſowol die Meng-als Graden nicht zu zehlen. Auch wird es ihnen nie an einem Firniß fehlen, Als der mit ihnen waͤchſt, und der ihm einverleibt. Denn, eben daß er glatt, Vermehret ſeinen Wehrt, erhebet ſeinen Preis. So bald man nur das rauhe von ihm reibt, Wie ſolches hier des Kuͤnſtlers Fleiß Recht kuͤnſtlich zu verrichten weiß; So iſt kein Spiegel-Glas ſo glaͤntzend und ſo rein, Als wie, in Blanckenburgs polirtem Marmor-Stein, Die abgeſchliffnen Flaͤchen ſeyn. Wie offt hab ich in ihm, als wie im reinſten Spiegel, Gebuͤſche, Feld’ und Wald, und Thal, und Berg’ und Huͤgel, Ja gar, mit inniglichen Freuden, Bald im verwachſnen Thal, bald auf den ſteilen Hoͤhn, Auch meine liebſte Heerde weiden, Und meine Ziegen klettern ſehn. Man kañ in Blanckenburgs Gebirg’-und ihren Gruͤnden, Von allen Farben Marmor finden, So wie man ihn verlangt: Da bald ein helles Weiß im rothen Grunde prangt; Da er bald braun, bald ſchwartz, vermiſcht mit weiß und grau, Bald gelb und gruͤn ſo gar, (Das, ſelbſt in Griechenland und Welſchland, Wunder- rar) Bald bunt geſprenget iſt, mit roth, mit gruͤn und blau. Wer bildet nun des Marmors bunte Pracht? Wer hat die Felſen ſelbſt ſo ſchoͤn, ſo glatt gemacht? Der-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/260
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/260>, abgerufen am 13.05.2024.