Wenn wir des Schöpfers Werck bewundernd überle- gen, So finden wir, daß nicht allein Die Creaturen uns zu GOTT zu führen pflegen, Und gleichsam Himmels-Leitern seyn; Wir finden, wenn wir sie recht mit Vernunft erwegen, Daß sie ein Freuden-Licht, und einen Anmuths-Schein Jn ihrem Wesen wircklich hegen. Die unser Schöpfer in der That Als einen Lohn darin zu legen, Sie gnädiglich gewürdigt hat.
Sprich nicht, geliebter Mensch: ich seh ein solches Licht, Solch einen Anmuths-Schein und Lohn in ihnen nicht. Wenn solch ein Freuden-Glantz die Creatur erfüllt, So wär sie ja wol nicht so sehr darin verhüllt, Verborgen und versteckt. Du irrest dich. Denn höre, Wofern dein Mund nie Honigseim geschmeckt, Und wo Erfahrung dir es nicht entdeckt, Daß diese Süssigkeit in bunten Bluhmen steckt, Du leugnetest gewiß, so starck, als unsre Lehre, Daß in den Bluhmen Honig wäre, Der doch wahrhaftig da. So steckt auf gleiche Weise, Zu deiner Lust, und deinem GOTT zum Preise
Auch
Anmuth
Anmuth in Betrachtung der Creaturen.
Wenn wir des Schoͤpfers Werck bewundernd uͤberle- gen, So finden wir, daß nicht allein Die Creaturen uns zu GOTT zu fuͤhren pflegen, Und gleichſam Himmels-Leitern ſeyn; Wir finden, wenn wir ſie recht mit Vernunft erwegen, Daß ſie ein Freuden-Licht, und einen Anmuths-Schein Jn ihrem Weſen wircklich hegen. Die unſer Schoͤpfer in der That Als einen Lohn darin zu legen, Sie gnaͤdiglich gewuͤrdigt hat.
Sprich nicht, geliebter Menſch: ich ſeh ein ſolches Licht, Solch einen Anmuths-Schein und Lohn in ihnen nicht. Wenn ſolch ein Freuden-Glantz die Creatur erfuͤllt, So waͤr ſie ja wol nicht ſo ſehr darin verhuͤllt, Verborgen und verſteckt. Du irreſt dich. Denn hoͤre, Wofern dein Mund nie Honigſeim geſchmeckt, Und wo Erfahrung dir es nicht entdeckt, Daß dieſe Suͤſſigkeit in bunten Bluhmen ſteckt, Du leugneteſt gewiß, ſo ſtarck, als unſre Lehre, Daß in den Bluhmen Honig waͤre, Der doch wahrhaftig da. So ſteckt auf gleiche Weiſe, Zu deiner Luſt, und deinem GOTT zum Preiſe
Auch
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Anmuth
Anmuth in Betrachtung der
Creaturen.
Wenn wir des Schoͤpfers Werck bewundernd uͤberle-
gen,
So finden wir, daß nicht allein
Die Creaturen uns zu GOTT zu fuͤhren pflegen,
Und gleichſam Himmels-Leitern ſeyn;
Wir finden, wenn wir ſie recht mit Vernunft erwegen,
Daß ſie ein Freuden-Licht, und einen Anmuths-Schein
Jn ihrem Weſen wircklich hegen.
Die unſer Schoͤpfer in der That
Als einen Lohn darin zu legen,
Sie gnaͤdiglich gewuͤrdigt hat.
Sprich nicht, geliebter Menſch: ich ſeh ein ſolches Licht,
Solch einen Anmuths-Schein und Lohn in ihnen nicht.
Wenn ſolch ein Freuden-Glantz die Creatur erfuͤllt,
So waͤr ſie ja wol nicht ſo ſehr darin verhuͤllt,
Verborgen und verſteckt. Du irreſt dich. Denn hoͤre,
Wofern dein Mund nie Honigſeim geſchmeckt,
Und wo Erfahrung dir es nicht entdeckt,
Daß dieſe Suͤſſigkeit in bunten Bluhmen ſteckt,
Du leugneteſt gewiß, ſo ſtarck, als unſre Lehre,
Daß in den Bluhmen Honig waͤre,
Der doch wahrhaftig da. So ſteckt auf gleiche Weiſe,
Zu deiner Luſt, und deinem GOTT zum Preiſe
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/170>, abgerufen am 23.07.2024.
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