Der regen Zunge schlancke Länge, Die, welches ja wol wunderbar, Viel länger, als das gantze Thierchen war: Und die es doch mit solcher Fertigkeit, Und fast unglaublicher Geschwindigkeit regierte, Und mit denselbigen der Kost nach spürte. Jch dachte, wie so groß die Krafft Solch langes Werckzeug zu bewegen.
Die sonderbare Eigenschafft Der Fibern, die nicht nur zum regen, Zum fühlen, auch so gar zum schmecken, Und was ihm dienlich, zu entdecken, Recht unbegreiflich fähig seyn, Nahm Aug' und Hertz bewundern ein; Zumal, als bald darauf mein forschender Verstand, Die Ursach dieser Länge fand. Jndem der Kopff am Rumpff sich sonder Nacken füget, Derselbe folglich sich nicht bieget, Die Augen auch so zart, daß sie sie sonder Schader, Um ihre Nahrung zu entdecken, Nicht können zwischen Blätter stecken; So hat sie die Natur Mit solchen Rüsselchen versehn, Daß sie auch in den tieffsten Gründen Der Bluhmen, das, was ihnen dienlich finden.
Wie
Der regen Zunge ſchlancke Laͤnge, Die, welches ja wol wunderbar, Viel laͤnger, als das gantze Thierchen war: Und die es doch mit ſolcher Fertigkeit, Und faſt unglaublicher Geſchwindigkeit regierte, Und mit denſelbigen der Koſt nach ſpuͤrte. Jch dachte, wie ſo groß die Krafft Solch langes Werckzeug zu bewegen.
Die ſonderbare Eigenſchafft Der Fibern, die nicht nur zum regen, Zum fuͤhlen, auch ſo gar zum ſchmecken, Und was ihm dienlich, zu entdecken, Recht unbegreiflich faͤhig ſeyn, Nahm Aug’ und Hertz bewundern ein; Zumal, als bald darauf mein forſchender Verſtand, Die Urſach dieſer Laͤnge fand. Jndem der Kopff am Rumpff ſich ſonder Nacken fuͤget, Derſelbe folglich ſich nicht bieget, Die Augen auch ſo zart, daß ſie ſie ſonder Schader, Um ihre Nahrung zu entdecken, Nicht koͤnnen zwiſchen Blaͤtter ſtecken; So hat ſie die Natur Mit ſolchen Ruͤſſelchen verſehn, Daß ſie auch in den tieffſten Gruͤnden Der Bluhmen, das, was ihnen dienlich finden.
Wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0651"n="621"/><l>Der regen Zunge ſchlancke Laͤnge,</l><lb/><l>Die, welches ja wol wunderbar,</l><lb/><l>Viel laͤnger, als das gantze Thierchen war:</l><lb/><l>Und die es doch mit ſolcher Fertigkeit,</l><lb/><l>Und faſt unglaublicher Geſchwindigkeit regierte,</l><lb/><l>Und mit denſelbigen der Koſt nach ſpuͤrte.</l><lb/><l>Jch dachte, wie ſo groß die Krafft</l><lb/><l>Solch langes Werckzeug zu bewegen.</l></lg><lb/><lgtype="poem"><l>Die ſonderbare Eigenſchafft</l><lb/><l>Der Fibern, die nicht nur zum regen,</l><lb/><l>Zum fuͤhlen, auch ſo gar zum ſchmecken,</l><lb/><l>Und was ihm dienlich, zu entdecken,</l><lb/><l>Recht unbegreiflich faͤhig ſeyn,</l><lb/><l>Nahm Aug’ und Hertz bewundern ein;</l><lb/><l>Zumal, als bald darauf mein forſchender Verſtand,</l><lb/><l>Die Urſach dieſer Laͤnge fand.</l><lb/><l>Jndem der Kopff am Rumpff ſich ſonder Nacken fuͤget,</l><lb/><l>Derſelbe folglich ſich nicht bieget,</l><lb/><l>Die Augen auch ſo zart, daß ſie ſie ſonder Schader,</l><lb/><l>Um ihre Nahrung zu entdecken,</l><lb/><l>Nicht koͤnnen zwiſchen Blaͤtter ſtecken;</l><lb/><l>So hat ſie die Natur</l><lb/><l>Mit ſolchen Ruͤſſelchen verſehn,</l><lb/><l>Daß ſie auch in den tieffſten Gruͤnden</l><lb/><l>Der Bluhmen, das, was ihnen dienlich finden.</l><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wie</fw><lb/></lg></div></div></body></text></TEI>
[621/0651]
Der regen Zunge ſchlancke Laͤnge,
Die, welches ja wol wunderbar,
Viel laͤnger, als das gantze Thierchen war:
Und die es doch mit ſolcher Fertigkeit,
Und faſt unglaublicher Geſchwindigkeit regierte,
Und mit denſelbigen der Koſt nach ſpuͤrte.
Jch dachte, wie ſo groß die Krafft
Solch langes Werckzeug zu bewegen.
Die ſonderbare Eigenſchafft
Der Fibern, die nicht nur zum regen,
Zum fuͤhlen, auch ſo gar zum ſchmecken,
Und was ihm dienlich, zu entdecken,
Recht unbegreiflich faͤhig ſeyn,
Nahm Aug’ und Hertz bewundern ein;
Zumal, als bald darauf mein forſchender Verſtand,
Die Urſach dieſer Laͤnge fand.
Jndem der Kopff am Rumpff ſich ſonder Nacken fuͤget,
Derſelbe folglich ſich nicht bieget,
Die Augen auch ſo zart, daß ſie ſie ſonder Schader,
Um ihre Nahrung zu entdecken,
Nicht koͤnnen zwiſchen Blaͤtter ſtecken;
So hat ſie die Natur
Mit ſolchen Ruͤſſelchen verſehn,
Daß ſie auch in den tieffſten Gruͤnden
Der Bluhmen, das, was ihnen dienlich finden.
Wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/651>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.