Und den die Jahre nicht bedeckten. Jch will der Wahrheit Süßigkeit, Jm holden Arm der Welt-Weisheit, Beym lieblichen Gesang der klugen Schwestern schmecken.
Was ich ersinn', ist ungemein, Jch weiß, daß mein Entwurf, der mir so wol gefällt, Da er in Franckreich neu wird vorgestellt, Verwegen scheinen wird, und kaum gefällig seyn. Jch fürcht' und schmeichle mir zugleich: mein Hoffen grünt, Daß, wie mein Vorsatz neu, er so auch Nuhm verdient.
Es wollten ehedem Empedoeles, die Ehr' Siciliens, und Noms Lueretius noch mehr Die Welt-Weisheit zum Zweck von ihren Liedern wehlen, Und ihr gelehrter Thon bezauberte die Seelen. Die Griechen ebenfalls, die ja so tugendhafft Als weise, liessen sich von gleicher Gluht entzünden, Und, um die Hertzen recht zu rühren, zu verbinden, Gebraucht' ihr tieffer Wiz der Dicht-Kunst Reitzungs-Krafft.
Ja, in dem grossen Werck fasst meine Seele Muth. Denn klingt gleich mein Gesang so rein nicht, nicht so schöne; So schöpff' ich doch den Jnhalt meiner Thöne Jn einer schönern Quell', in einer reinern Fluth. Jch wandere beym Glanz von einem heitern Licht, Vor mir steigt die Natur aus ihren Dunckelheiten, Ein Mann, aus unserm Volck verspricht mich zu begleiten. Man nimmt von diesen kaum so bald den Unterricht; So führt ein kurtzer Weg uns zu der Wahrheit hin.
Es
B
Von den Weltweiſen.
Und den die Jahre nicht bedeckten. Jch will der Wahrheit Suͤßigkeit, Jm holden Arm der Welt-Weisheit, Beym lieblichen Geſang der klugen Schweſtern ſchmecken.
Was ich erſinn’, iſt ungemein, Jch weiß, daß mein Entwurf, der mir ſo wol gefaͤllt, Da er in Franckreich neu wird vorgeſtellt, Verwegen ſcheinen wird, und kaum gefaͤllig ſeyn. Jch fuͤrcht’ und ſchmeichle mir zugleich: mein Hoffen gruͤnt, Daß, wie mein Vorſatz neu, er ſo auch Nuhm verdient.
Es wollten ehedem Empedoeles, die Ehr’ Siciliens, und Noms Lueretius noch mehr Die Welt-Weisheit zum Zweck von ihren Liedern wehlen, Und ihr gelehrter Thon bezauberte die Seelen. Die Griechen ebenfalls, die ja ſo tugendhafft Als weiſe, lieſſen ſich von gleicher Gluht entzuͤnden, Und, um die Hertzen recht zu ruͤhren, zu verbinden, Gebraucht’ ihr tieffer Wiz der Dicht-Kunſt Reitzungs-Krafft.
Ja, in dem groſſen Werck faſſt meine Seele Muth. Denn klingt gleich mein Geſang ſo rein nicht, nicht ſo ſchoͤne; So ſchoͤpff’ ich doch den Jnhalt meiner Thoͤne Jn einer ſchoͤnern Quell’, in einer reinern Fluth. Jch wandere beym Glanz von einem heitern Licht, Vor mir ſteigt die Natur aus ihren Dunckelheiten, Ein Mann, aus unſerm Volck verſpricht mich zu begleiten. Man nimmt von dieſen kaum ſo bald den Unterricht; So fuͤhrt ein kurtzer Weg uns zu der Wahrheit hin.
Es
B
<TEI><text><body><divn="1"><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0047"n="17"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von den Weltweiſen.</hi></fw><lb/><lgtype="poem"><l>Und den die Jahre nicht bedeckten.</l><lb/><l>Jch will der Wahrheit Suͤßigkeit,</l><lb/><l>Jm holden Arm der Welt-Weisheit,</l><lb/><l>Beym lieblichen Geſang der klugen Schweſtern ſchmecken.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">W</hi>as ich erſinn’, iſt ungemein,</l><lb/><l>Jch weiß, daß mein Entwurf, der mir ſo wol gefaͤllt,</l><lb/><l>Da er in Franckreich neu wird vorgeſtellt,</l><lb/><l>Verwegen ſcheinen wird, und kaum gefaͤllig ſeyn.</l><lb/><l>Jch fuͤrcht’ und ſchmeichle mir zugleich: mein Hoffen gruͤnt,</l><lb/><l>Daß, wie mein Vorſatz neu, er ſo auch Nuhm verdient.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">E</hi>s wollten ehedem Empedoeles, die Ehr’</l><lb/><l>Siciliens, und Noms Lueretius noch mehr</l><lb/><l>Die Welt-Weisheit zum Zweck von ihren Liedern wehlen,</l><lb/><l>Und ihr gelehrter Thon bezauberte die Seelen.</l><lb/><l>Die Griechen ebenfalls, die ja ſo tugendhafft</l><lb/><l>Als weiſe, lieſſen ſich von gleicher Gluht entzuͤnden,</l><lb/><l>Und, um die Hertzen recht zu ruͤhren, zu verbinden,</l><lb/><l>Gebraucht’ ihr tieffer Wiz der Dicht-Kunſt Reitzungs-Krafft.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">J</hi>a, in dem groſſen Werck faſſt meine Seele Muth.</l><lb/><l>Denn klingt gleich mein Geſang ſo rein nicht, nicht ſo ſchoͤne;</l><lb/><l>So ſchoͤpff’ ich doch den Jnhalt meiner Thoͤne</l><lb/><l>Jn einer ſchoͤnern Quell’, in einer reinern Fluth.</l><lb/><l>Jch wandere beym Glanz von einem heitern Licht,</l><lb/><l>Vor mir ſteigt die Natur aus ihren Dunckelheiten,</l><lb/><l>Ein Mann, aus unſerm Volck verſpricht mich zu begleiten.</l><lb/><l>Man nimmt von dieſen kaum ſo bald den Unterricht;</l><lb/><l>So fuͤhrt ein kurtzer Weg uns zu der Wahrheit hin.</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">B</fw><fwplace="bottom"type="catch">Es</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[17/0047]
Von den Weltweiſen.
Und den die Jahre nicht bedeckten.
Jch will der Wahrheit Suͤßigkeit,
Jm holden Arm der Welt-Weisheit,
Beym lieblichen Geſang der klugen Schweſtern ſchmecken.
Was ich erſinn’, iſt ungemein,
Jch weiß, daß mein Entwurf, der mir ſo wol gefaͤllt,
Da er in Franckreich neu wird vorgeſtellt,
Verwegen ſcheinen wird, und kaum gefaͤllig ſeyn.
Jch fuͤrcht’ und ſchmeichle mir zugleich: mein Hoffen gruͤnt,
Daß, wie mein Vorſatz neu, er ſo auch Nuhm verdient.
Es wollten ehedem Empedoeles, die Ehr’
Siciliens, und Noms Lueretius noch mehr
Die Welt-Weisheit zum Zweck von ihren Liedern wehlen,
Und ihr gelehrter Thon bezauberte die Seelen.
Die Griechen ebenfalls, die ja ſo tugendhafft
Als weiſe, lieſſen ſich von gleicher Gluht entzuͤnden,
Und, um die Hertzen recht zu ruͤhren, zu verbinden,
Gebraucht’ ihr tieffer Wiz der Dicht-Kunſt Reitzungs-Krafft.
Ja, in dem groſſen Werck faſſt meine Seele Muth.
Denn klingt gleich mein Geſang ſo rein nicht, nicht ſo ſchoͤne;
So ſchoͤpff’ ich doch den Jnhalt meiner Thoͤne
Jn einer ſchoͤnern Quell’, in einer reinern Fluth.
Jch wandere beym Glanz von einem heitern Licht,
Vor mir ſteigt die Natur aus ihren Dunckelheiten,
Ein Mann, aus unſerm Volck verſpricht mich zu begleiten.
Man nimmt von dieſen kaum ſo bald den Unterricht;
So fuͤhrt ein kurtzer Weg uns zu der Wahrheit hin.
Es
B
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/47>, abgerufen am 26.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.