Auf diese Weise wird das Wesen Von der Materie uns recht bekannt. Der Grund allein giebt ihren Stand, Und ihre Eigenschafft uns klar zu lesen. Sie fliessen all' daher, blos, daß sie ausgespannt.
Ein ausgespannter Cörper kan, Man fange, wie man will, es an, Auf keine Art denselben Ort, Den erst ein andrer füllt, so lang er dort, Erfüllen. Wofern ein Erster erst den Raum hat eingenommen; So muß, um seinen Raum zu überkommen, Er erst vernichtig't seyn: Man mag ihn pressen oder drücken; Kein andrer nimmt mit ihm zugleich die Stelle ein. Jst er gleich noch so klein; Kan man ihn gleich nicht fühlen, nicht erblicken; Jst er doch ausgespannt, ist er doch undurchdringlich. Nimmt man die Cörper nun als ausgespannt; So können sie unmöglich sich bewegen, Wofern sie nicht getheilt; und sich zu regen, Jmgleichen Geschickt gemachet sind einander auszuweichen. Jst die Bewegung da, so zeigt sich gleich dabey, Daß die Materie nothwendig theilbar sey.
Sie ist so gar für uns zertheilbar sonder Ende. Was auch der Menschen Geist daran für Mühe wende,
Ein
F 5
Von den Eigenſchafften der Materie.
Auf dieſe Weiſe wird das Weſen Von der Materie uns recht bekannt. Der Grund allein giebt ihren Stand, Und ihre Eigenſchafft uns klar zu leſen. Sie flieſſen all’ daher, blos, daß ſie ausgeſpannt.
Ein ausgeſpannter Coͤrper kan, Man fange, wie man will, es an, Auf keine Art denſelben Ort, Den erſt ein andrer fuͤllt, ſo lang er dort, Erfuͤllen. Wofern ein Erſter erſt den Raum hat eingenommen; So muß, um ſeinen Raum zu uͤberkommen, Er erſt vernichtig’t ſeyn: Man mag ihn preſſen oder druͤcken; Kein andrer nimmt mit ihm zugleich die Stelle ein. Jſt er gleich noch ſo klein; Kan man ihn gleich nicht fuͤhlen, nicht erblicken; Jſt er doch ausgeſpannt, iſt er doch undurchdringlich. Nimmt man die Coͤrper nun als ausgeſpannt; So koͤnnen ſie unmoͤglich ſich bewegen, Wofern ſie nicht getheilt; und ſich zu regen, Jmgleichen Geſchickt gemachet ſind einander auszuweichen. Jſt die Bewegung da, ſo zeigt ſich gleich dabey, Daß die Materie nothwendig theilbar ſey.
Sie iſt ſo gar fuͤr uns zertheilbar ſonder Ende. Was auch der Menſchen Geiſt daran fuͤr Muͤhe wende,
Ein
F 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0119"n="89"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von den Eigenſchafften der Materie.</hi></fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">A</hi>uf dieſe Weiſe wird das <hirendition="#fr">Weſen</hi></l><lb/><l>Von der <hirendition="#fr">Materie</hi> uns recht bekannt.</l><lb/><l>Der Grund allein giebt ihren Stand,</l><lb/><l>Und ihre Eigenſchafft uns klar zu leſen.</l><lb/><l>Sie flieſſen all’ daher, blos, daß ſie ausgeſpannt.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">E</hi>in ausgeſpannter Coͤrper kan,</l><lb/><l>Man fange, wie man will, es an,</l><lb/><l>Auf keine Art denſelben Ort,</l><lb/><l>Den erſt ein andrer fuͤllt, ſo lang er dort,</l><lb/><l>Erfuͤllen.</l><lb/><l>Wofern ein Erſter erſt den Raum hat eingenommen;</l><lb/><l>So muß, um ſeinen Raum zu uͤberkommen,</l><lb/><l>Er erſt vernichtig’t ſeyn:</l><lb/><l>Man mag ihn preſſen oder druͤcken;</l><lb/><l>Kein andrer nimmt mit ihm zugleich die Stelle ein.</l><lb/><l>Jſt er gleich noch ſo klein;</l><lb/><l>Kan man ihn gleich nicht fuͤhlen, nicht erblicken;</l><lb/><l>Jſt er doch ausgeſpannt, iſt er doch undurchdringlich.</l><lb/><l>Nimmt man die Coͤrper nun als ausgeſpannt;</l><lb/><l>So koͤnnen ſie unmoͤglich ſich bewegen,</l><lb/><l>Wofern ſie nicht getheilt; und ſich zu regen,</l><lb/><l>Jmgleichen</l><lb/><l>Geſchickt gemachet ſind einander auszuweichen.</l><lb/><l>Jſt die Bewegung da, ſo zeigt ſich gleich dabey,</l><lb/><l>Daß die Materie nothwendig theilbar ſey.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">S</hi>ie iſt ſo gar fuͤr uns zertheilbar ſonder Ende.</l><lb/><l>Was auch der Menſchen Geiſt daran fuͤr Muͤhe wende,</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">F 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Ein</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[89/0119]
Von den Eigenſchafften der Materie.
Auf dieſe Weiſe wird das Weſen
Von der Materie uns recht bekannt.
Der Grund allein giebt ihren Stand,
Und ihre Eigenſchafft uns klar zu leſen.
Sie flieſſen all’ daher, blos, daß ſie ausgeſpannt.
Ein ausgeſpannter Coͤrper kan,
Man fange, wie man will, es an,
Auf keine Art denſelben Ort,
Den erſt ein andrer fuͤllt, ſo lang er dort,
Erfuͤllen.
Wofern ein Erſter erſt den Raum hat eingenommen;
So muß, um ſeinen Raum zu uͤberkommen,
Er erſt vernichtig’t ſeyn:
Man mag ihn preſſen oder druͤcken;
Kein andrer nimmt mit ihm zugleich die Stelle ein.
Jſt er gleich noch ſo klein;
Kan man ihn gleich nicht fuͤhlen, nicht erblicken;
Jſt er doch ausgeſpannt, iſt er doch undurchdringlich.
Nimmt man die Coͤrper nun als ausgeſpannt;
So koͤnnen ſie unmoͤglich ſich bewegen,
Wofern ſie nicht getheilt; und ſich zu regen,
Jmgleichen
Geſchickt gemachet ſind einander auszuweichen.
Jſt die Bewegung da, ſo zeigt ſich gleich dabey,
Daß die Materie nothwendig theilbar ſey.
Sie iſt ſo gar fuͤr uns zertheilbar ſonder Ende.
Was auch der Menſchen Geiſt daran fuͤr Muͤhe wende,
Ein
F 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/119>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.