Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.Die Thaten, wovon itzt so viele melden, Der edlen Geister Frucht, versinken samt den Helden Jn eine finst're Nacht. Viel tausend herrliche, vortreffliche Gedanken Versenken sich mit dem, der sie gedacht, Jn seines Sarges enge Schranken. Die Unvergänglichkeit, mit welcher ihre Selen Sich, voll von eitlem Stolz, vermählen, Jst bey der Ewigkeit ein kleines Bächlein nur, Von dessen kriechen man im Grase kaum die Spur Gewahr wird, und das sich im Ocean verlieret, Wohin sein Lauf es führet. Jhr festen Ehren-Mahl', ihr stolzen Mausoleen, Umsonst such't euer Grund von Erz und Marmor-Stein Bey Völkern, die annoch von uns entfernet seyn, Den Ruhm, nein mehr den Stolz, der Griechen zu erhöhen. Jhr werdet alle schnell, dem Schatten gleich, vergehen; Die Ewigkeit in ihrer düstern Nacht, Jn welcher sie aus tausend Dingen, Die allbereit dahin sind und vergingen, Ein traurig wüstes Chaos macht, Vermischt, was niemal war, mit dem, was nicht mehr ist. Wie, daß du denn, mein Herz, so voller Schwachheit bist, Und übergiebst dich selbst der Traurigkeit! Warüm Willt du so sehr den Gift und Grimm Verläumderischer Zungen scheuen? Folg' immer unbeweg't der ernsten Weisheit Stimm! Veracht' ein augenblicklich Leid! Durchdringe von der künft'gen Zeit Die grause Dunkelheit, Und suche das, was wahr, darin zu lesen! Vergleich die Dauer deiner Pein Mit der Unendlichkeit, Und glaube fest, daß das, so endlich, nie gewesen! Mit L l 3
Die Thaten, wovon itzt ſo viele melden, Der edlen Geiſter Frucht, verſinken ſamt den Helden Jn eine finſt’re Nacht. Viel tauſend herrliche, vortreffliche Gedanken Verſenken ſich mit dem, der ſie gedacht, Jn ſeines Sarges enge Schranken. Die Unvergaͤnglichkeit, mit welcher ihre Selen Sich, voll von eitlem Stolz, vermaͤhlen, Jſt bey der Ewigkeit ein kleines Baͤchlein nur, Von deſſen kriechen man im Graſe kaum die Spur Gewahr wird, und das ſich im Ocean verlieret, Wohin ſein Lauf es fuͤhret. Jhr feſten Ehren-Mahl’, ihr ſtolzen Mauſoleen, Umſonſt ſuch’t euer Grund von Erz und Marmor-Stein Bey Voͤlkern, die annoch von uns entfernet ſeyn, Den Ruhm, nein mehr den Stolz, der Griechen zu erhoͤhen. Jhr werdet alle ſchnell, dem Schatten gleich, vergehen; Die Ewigkeit in ihrer duͤſtern Nacht, Jn welcher ſie aus tauſend Dingen, Die allbereit dahin ſind und vergingen, Ein traurig wuͤſtes Chaos macht, Vermiſcht, was niemal war, mit dem, was nicht mehr iſt. Wie, daß du denn, mein Herz, ſo voller Schwachheit biſt, Und uͤbergiebſt dich ſelbſt der Traurigkeit! Waruͤm Willt du ſo ſehr den Gift und Grimm Verlaͤumderiſcher Zungen ſcheuen? Folg’ immer unbeweg’t der ernſten Weiſheit Stimm! Veracht’ ein augenblicklich Leid! Durchdringe von der kuͤnft’gen Zeit Die grauſe Dunkelheit, Und ſuche das, was wahr, darin zu leſen! Vergleich die Dauer deiner Pein Mit der Unendlichkeit, Und glaube feſt, daß das, ſo endlich, nie geweſen! Mit L l 3
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Der edlen Geiſter Frucht, verſinken ſamt den Helden
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Viel tauſend herrliche, vortreffliche Gedanken
Verſenken ſich mit dem, der ſie gedacht,
Jn ſeines Sarges enge Schranken.
Die Unvergaͤnglichkeit, mit welcher ihre Selen
Sich, voll von eitlem Stolz, vermaͤhlen,
Jſt bey der Ewigkeit ein kleines Baͤchlein nur,
Von deſſen kriechen man im Graſe kaum die Spur
Gewahr wird, und das ſich im Ocean verlieret,
Wohin ſein Lauf es fuͤhret.
Jhr feſten Ehren-Mahl’, ihr ſtolzen Mauſoleen,
Umſonſt ſuch’t euer Grund von Erz und Marmor-Stein
Bey Voͤlkern, die annoch von uns entfernet ſeyn,
Den Ruhm, nein mehr den Stolz, der Griechen zu erhoͤhen.
Jhr werdet alle ſchnell, dem Schatten gleich, vergehen;
Die Ewigkeit in ihrer duͤſtern Nacht,
Jn welcher ſie aus tauſend Dingen,
Die allbereit dahin ſind und vergingen,
Ein traurig wuͤſtes Chaos macht,
Vermiſcht, was niemal war, mit dem, was nicht mehr iſt.
Wie, daß du denn, mein Herz, ſo voller Schwachheit biſt,
Und uͤbergiebſt dich ſelbſt der Traurigkeit! Waruͤm
Willt du ſo ſehr den Gift und Grimm
Verlaͤumderiſcher Zungen ſcheuen?
Folg’ immer unbeweg’t der ernſten Weiſheit Stimm!
Veracht’ ein augenblicklich Leid!
Durchdringe von der kuͤnft’gen Zeit
Die grauſe Dunkelheit,
Und ſuche das, was wahr, darin zu leſen!
Vergleich die Dauer deiner Pein
Mit der Unendlichkeit,
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