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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

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Dieß splittert, jenes riß, jedoch, zu meinem Leide,
Kein einzigs ganz entzwey;
Der Sehnen Zähigkeit band sie noch alle beyde.

Den meist gelös'ten Zahn ergriff der Arzt aufs neu',
Und ich, vor Unmut, Mut. Er wäl't' aus zweyen Bösen
Das kleinest', und fing an, das Zahn-Fleisch abzulösen.
Ob ich nun gleich die scharfen Schmerzen fül'te,
Wie er mir dazumal in frischer Wunde wül'te,
Wie er das Fleisch zerschnitt; so wirkete jedoch
Der noch weit gröss're Schmerz, den, wie es so gekracht,
Der Bruch mir kurz vorher gemacht,
Zusamt der Furcht, es würd' annoch
Dergleichen gräßliches Geknirsch von neuen kommen,
Daß ich die Pein des Schnitts, wie herbe sie auch war,
Doch nicht so gar
Empfindlich aufgenommen.
Allein,
Mit welcher Lust nam ich, bey aller Pein,
Den Ursprung meiner Qval, den nunmehr losen Zahn,
Aus Carpsers blut'gen Händen an!
Kaum konnte mir, ihn hin und her zu kehren,
Die Zacken anzusehn, ein kalter Schauer wehren,
Der plötzlich mich befiel. Jch leget' ihn denn nieder.
Jtzt aber nem' ich ihn aufs neue wieder:
Beschaue seine Kron', und messe
Derselben Breit' und Festigkeit,
Beseh der Wurzeln Stärk' und Grösse,
Betrachte die Beschaffenheit,
Wie er im Fleisch gesteckt,

Und

Dieß ſplittert, jenes riß, jedoch, zu meinem Leide,
Kein einzigs ganz entzwey;
Der Sehnen Zaͤhigkeit band ſie noch alle beyde.

Den meiſt geloͤſ’ten Zahn ergriff der Arzt aufs neu’,
Und ich, vor Unmut, Mut. Er waͤl’t’ aus zweyen Boͤſen
Das kleineſt’, und fing an, das Zahn-Fleiſch abzuloͤſen.
Ob ich nun gleich die ſcharfen Schmerzen fuͤl’te,
Wie er mir dazumal in friſcher Wunde wuͤl’te,
Wie er das Fleiſch zerſchnitt; ſo wirkete jedoch
Der noch weit groͤſſ’re Schmerz, den, wie es ſo gekracht,
Der Bruch mir kurz vorher gemacht,
Zuſamt der Furcht, es wuͤrd’ annoch
Dergleichen graͤßliches Geknirſch von neuen kommen,
Daß ich die Pein des Schnitts, wie herbe ſie auch war,
Doch nicht ſo gar
Empfindlich aufgenommen.
Allein,
Mit welcher Luſt nam ich, bey aller Pein,
Den Urſprung meiner Qval, den nunmehr loſen Zahn,
Aus Carpſers blut’gen Haͤnden an!
Kaum konnte mir, ihn hin und her zu kehren,
Die Zacken anzuſehn, ein kalter Schauer wehren,
Der ploͤtzlich mich befiel. Jch leget’ ihn denn nieder.
Jtzt aber nem’ ich ihn aufs neue wieder:
Beſchaue ſeine Kron’, und meſſe
Derſelben Breit’ und Feſtigkeit,
Beſeh der Wurzeln Staͤrk’ und Groͤſſe,
Betrachte die Beſchaffenheit,
Wie er im Fleiſch geſteckt,

Und
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[379/0415] Dieß ſplittert, jenes riß, jedoch, zu meinem Leide, Kein einzigs ganz entzwey; Der Sehnen Zaͤhigkeit band ſie noch alle beyde. Den meiſt geloͤſ’ten Zahn ergriff der Arzt aufs neu’, Und ich, vor Unmut, Mut. Er waͤl’t’ aus zweyen Boͤſen Das kleineſt’, und fing an, das Zahn-Fleiſch abzuloͤſen. Ob ich nun gleich die ſcharfen Schmerzen fuͤl’te, Wie er mir dazumal in friſcher Wunde wuͤl’te, Wie er das Fleiſch zerſchnitt; ſo wirkete jedoch Der noch weit groͤſſ’re Schmerz, den, wie es ſo gekracht, Der Bruch mir kurz vorher gemacht, Zuſamt der Furcht, es wuͤrd’ annoch Dergleichen graͤßliches Geknirſch von neuen kommen, Daß ich die Pein des Schnitts, wie herbe ſie auch war, Doch nicht ſo gar Empfindlich aufgenommen. Allein, Mit welcher Luſt nam ich, bey aller Pein, Den Urſprung meiner Qval, den nunmehr loſen Zahn, Aus Carpſers blut’gen Haͤnden an! Kaum konnte mir, ihn hin und her zu kehren, Die Zacken anzuſehn, ein kalter Schauer wehren, Der ploͤtzlich mich befiel. Jch leget’ ihn denn nieder. Jtzt aber nem’ ich ihn aufs neue wieder: Beſchaue ſeine Kron’, und meſſe Derſelben Breit’ und Feſtigkeit, Beſeh der Wurzeln Staͤrk’ und Groͤſſe, Betrachte die Beſchaffenheit, Wie er im Fleiſch geſteckt, Und

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/415>, abgerufen am 24.11.2024.