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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

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144.
Sollten uns're Sinne taugen,
Tiefer, als sie thun, zu gehn,
Könnten wir durch unser' Augen
Als durch ein Vergröss-Glas sehn;
Würd' uns für uns selber grauen,
Sollten wir die Haut beschauen,
Die ja dann, als wie ein Bär,
Rauch und recht abscheulich wär.
145.
Zwar man würd' auf solche Weise
Viele Kleinigkeiten sehn;
Doch wie dürft' es um die Kreise
Jener grossen Cörper stehn?
Von den schönen Himmels-Lichtern
Würde menschlichen Gesichtern
Nichts, bey allem Glanz' und Schein,
Jm geringsten sichtbar seyn.
146.
Wär' ein Auge so gebeuget,
Wie ein Fern-Glas, das allein
Diese Ding' uns deutlich zeiget,
Die von uns entfernet seyn;
Würden dann die nahen Sachen
Uns nicht ganz verwirret machen?
Also geht's mit dem Gebrauch
Uns'rer andern Sinnen auch.
147.
144.
Sollten unſ’re Sinne taugen,
Tiefer, als ſie thun, zu gehn,
Koͤnnten wir durch unſer’ Augen
Als durch ein Vergroͤſſ-Glas ſehn;
Wuͤrd’ uns fuͤr uns ſelber grauen,
Sollten wir die Haut beſchauen,
Die ja dann, als wie ein Baͤr,
Rauch und recht abſcheulich waͤr.
145.
Zwar man wuͤrd’ auf ſolche Weiſe
Viele Kleinigkeiten ſehn;
Doch wie duͤrft’ es um die Kreiſe
Jener groſſen Coͤrper ſtehn?
Von den ſchoͤnen Himmels-Lichtern
Wuͤrde menſchlichen Geſichtern
Nichts, bey allem Glanz’ und Schein,
Jm geringſten ſichtbar ſeyn.
146.
Waͤr’ ein Auge ſo gebeuget,
Wie ein Fern-Glas, das allein
Dieſe Ding’ uns deutlich zeiget,
Die von uns entfernet ſeyn;
Wuͤrden dann die nahen Sachen
Uns nicht ganz verwirret machen?
Alſo geht’s mit dem Gebrauch
Unſ’rer andern Sinnen auch.
147.
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[334/0370] 144. Sollten unſ’re Sinne taugen, Tiefer, als ſie thun, zu gehn, Koͤnnten wir durch unſer’ Augen Als durch ein Vergroͤſſ-Glas ſehn; Wuͤrd’ uns fuͤr uns ſelber grauen, Sollten wir die Haut beſchauen, Die ja dann, als wie ein Baͤr, Rauch und recht abſcheulich waͤr. 145. Zwar man wuͤrd’ auf ſolche Weiſe Viele Kleinigkeiten ſehn; Doch wie duͤrft’ es um die Kreiſe Jener groſſen Coͤrper ſtehn? Von den ſchoͤnen Himmels-Lichtern Wuͤrde menſchlichen Geſichtern Nichts, bey allem Glanz’ und Schein, Jm geringſten ſichtbar ſeyn. 146. Waͤr’ ein Auge ſo gebeuget, Wie ein Fern-Glas, das allein Dieſe Ding’ uns deutlich zeiget, Die von uns entfernet ſeyn; Wuͤrden dann die nahen Sachen Uns nicht ganz verwirret machen? Alſo geht’s mit dem Gebrauch Unſ’rer andern Sinnen auch. 147.

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/370>, abgerufen am 22.11.2024.