Jm Worte Welt nur einen Namen haben. Man heisset Welt, was gottlos, lasterhaft, Was bös und eitel ist. Von uns'rer Leidenschaft Der Mißbrauch, Hochmut, Neid, die Wollust, Schmäh- sucht, Geld Und Ungerechtigkeit heisst weltlich, nennt man Welt. So bald man nun die Welt, das herrliche Gefässe Der schönen Creatur, die unsers Schöpfers Grösse Und Weisheit, Lieb' und Macht uns recht mit Fingern zeigt, Mit ihrem Namen nennt, Wird leider auch so gar von Frommen Das eine für das andere genommen. Der unglücksel'ge Gleich-Laut macht, Daß, da man ohne dieß gewon't, nicht drauf zu achten, Man so verfährt mit der Geschöpfe Pracht, Als wär' es Sünde, sie betrachten. Die Heyden machten es so arg noch lange nicht, Wovon das Weisheits-Buch recht unvergleichlich spricht:* "Natürlich eitel ist zwar jedes Menschen-Kind, "Weil alle nichts von GOTT verstehen, "Und an der Güter Zal, die sichtbar sind, "Den, Der es ist, nicht kennen. Sie ersehen "An allen schönen Werken nicht "Den Meister, der sie zugericht't. "Teils halten sie die Gluht, "Teils schnelle Luft, teils mächt'ge Flut, "Teils Lichter, die den Himmel zieren, "Für Götter, so die Welt regieren.
"Allein,
* Cap. 13 : 1 - - 9.
S 5
Jm Worte Welt nur einen Namen haben. Man heiſſet Welt, was gottlos, laſterhaft, Was boͤs und eitel iſt. Von unſ’rer Leidenſchaft Der Mißbrauch, Hochmut, Neid, die Wolluſt, Schmaͤh- ſucht, Geld Und Ungerechtigkeit heiſſt weltlich, nennt man Welt. So bald man nun die Welt, das herrliche Gefaͤſſe Der ſchoͤnen Creatur, die unſers Schoͤpfers Groͤſſe Und Weiſheit, Lieb’ und Macht uns recht mit Fingern zeigt, Mit ihrem Namen nennt, Wird leider auch ſo gar von Frommen Das eine fuͤr das andere genommen. Der ungluͤckſel’ge Gleich-Laut macht, Daß, da man ohne dieß gewon’t, nicht drauf zu achten, Man ſo verfaͤhrt mit der Geſchoͤpfe Pracht, Als waͤr’ es Suͤnde, ſie betrachten. Die Heyden machten es ſo arg noch lange nicht, Wovon das Weiſheits-Buch recht unvergleichlich ſpricht:* „Natuͤrlich eitel iſt zwar jedes Menſchen-Kind, „Weil alle nichts von GOTT verſtehen, „Und an der Guͤter Zal, die ſichtbar ſind, „Den, Der es iſt, nicht kennen. Sie erſehen „An allen ſchoͤnen Werken nicht „Den Meiſter, der ſie zugericht’t. „Teils halten ſie die Gluht, „Teils ſchnelle Luft, teils maͤcht’ge Flut, „Teils Lichter, die den Himmel zieren, „Fuͤr Goͤtter, ſo die Welt regieren.
„Allein,
* Cap. 13 : 1 - - 9.
S 5
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Jm Worte Welt nur einen Namen haben.
Man heiſſet Welt, was gottlos, laſterhaft,
Was boͤs und eitel iſt. Von unſ’rer Leidenſchaft
Der Mißbrauch, Hochmut, Neid, die Wolluſt, Schmaͤh-
ſucht, Geld
Und Ungerechtigkeit heiſſt weltlich, nennt man Welt.
So bald man nun die Welt, das herrliche Gefaͤſſe
Der ſchoͤnen Creatur, die unſers Schoͤpfers Groͤſſe
Und Weiſheit, Lieb’ und Macht uns recht mit Fingern zeigt,
Mit ihrem Namen nennt,
Wird leider auch ſo gar von Frommen
Das eine fuͤr das andere genommen.
Der ungluͤckſel’ge Gleich-Laut macht,
Daß, da man ohne dieß gewon’t, nicht drauf zu achten,
Man ſo verfaͤhrt mit der Geſchoͤpfe Pracht,
Als waͤr’ es Suͤnde, ſie betrachten.
Die Heyden machten es ſo arg noch lange nicht,
Wovon das Weiſheits-Buch recht unvergleichlich ſpricht: *
„Natuͤrlich eitel iſt zwar jedes Menſchen-Kind,
„Weil alle nichts von GOTT verſtehen,
„Und an der Guͤter Zal, die ſichtbar ſind,
„Den, Der es iſt, nicht kennen. Sie erſehen
„An allen ſchoͤnen Werken nicht
„Den Meiſter, der ſie zugericht’t.
„Teils halten ſie die Gluht,
„Teils ſchnelle Luft, teils maͤcht’ge Flut,
„Teils Lichter, die den Himmel zieren,
„Fuͤr Goͤtter, ſo die Welt regieren.
„Allein,
* Cap. 13 : 1 - - 9.
S 5
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/317>, abgerufen am 23.11.2024.
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