Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.
Bemüht gewesen vorzustellen, Muß nicht der helle Sonnen-Schein Die Welt auf einmal übergehen, Auf einmal einen Kreis, Den menschlicher Verstand nicht zu ermessen weiß, Jn unbegrenzten Lüften füllen? Erwäge denn um GOttes Willen, Was bildest du dir wol von einer Gottheit ein? Muß Selbe nicht vielmehr auf unerforschte Weise Weit unermeßlicher allgegenwärtig seyn? Mich deucht, wie mancher hiezu spricht: Die Sonne scheinet doch den Gegen-Füssern nicht. Dann, wann sie bey uns ist; so ist zwar dieses wahr: Allein, den Unterschied der Sätze zu geschweigen; Kann man jedoch fast Sonnen-klar Davon ein Beyspiel zeigen. Man halte nur in einen Zimmer Viel kleine Kugeln nah aus Licht; So wird zum wenigsten ein Gegen-Schimmer Vom Licht, das sich an Wänden bricht, Die dunk'len Seiten gleichfalls treffen. Da nun viel hundert tausend Welten Jm unermeßlichen und unbegrenzten Schein Der Gottheit, die allgegenwärtig, schwimmen: Wie sollten sie denn nicht von Deren Glanze glimmen, Und nicht von Jhr bestralet seyn? Zudem heisst dein Exempel nichts, Daß Gegen-Füsser nicht mit uns zu einer Zeit Die Gegenwart des Sonnen-Lichts Empfin- L 4
Bemuͤht geweſen vorzuſtellen, Muß nicht der helle Sonnen-Schein Die Welt auf einmal uͤbergehen, Auf einmal einen Kreis, Den menſchlicher Verſtand nicht zu ermeſſen weiß, Jn unbegrenzten Luͤften fuͤllen? Erwaͤge denn um GOttes Willen, Was bildeſt du dir wol von einer Gottheit ein? Muß Selbe nicht vielmehr auf unerforſchte Weiſe Weit unermeßlicher allgegenwaͤrtig ſeyn? Mich deucht, wie mancher hiezu ſpricht: Die Sonne ſcheinet doch den Gegen-Fuͤſſern nicht. Dann, wann ſie bey uns iſt; ſo iſt zwar dieſes wahr: Allein, den Unterſchied der Saͤtze zu geſchweigen; Kann man jedoch faſt Sonnen-klar Davon ein Beyſpiel zeigen. Man halte nur in einen Zimmer Viel kleine Kugeln nah aus Licht; So wird zum wenigſten ein Gegen-Schimmer Vom Licht, das ſich an Waͤnden bricht, Die dunk’len Seiten gleichfalls treffen. Da nun viel hundert tauſend Welten Jm unermeßlichen und unbegrenzten Schein Der Gottheit, die allgegenwaͤrtig, ſchwimmen: Wie ſollten ſie denn nicht von Deren Glanze glimmen, Und nicht von Jhr beſtralet ſeyn? Zudem heiſſt dein Exempel nichts, Daß Gegen-Fuͤſſer nicht mit uns zu einer Zeit Die Gegenwart des Sonnen-Lichts Empfin- L 4
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Bemuͤht geweſen vorzuſtellen,
Die laß, geliebter Leſer, dir
Nicht ſeltſam und nicht fremde ſeyn!
Du kannſt ſo gar davon ein Beyſpiel wuͤrklich ſehen.
Muß nicht der helle Sonnen-Schein
Die Welt auf einmal uͤbergehen,
Auf einmal einen Kreis,
Den menſchlicher Verſtand nicht zu ermeſſen weiß,
Jn unbegrenzten Luͤften fuͤllen?
Erwaͤge denn um GOttes Willen,
Was bildeſt du dir wol von einer Gottheit ein?
Muß Selbe nicht vielmehr auf unerforſchte Weiſe
Weit unermeßlicher allgegenwaͤrtig ſeyn?
Mich deucht, wie mancher hiezu ſpricht:
Die Sonne ſcheinet doch den Gegen-Fuͤſſern nicht.
Dann, wann ſie bey uns iſt; ſo iſt zwar dieſes wahr:
Allein, den Unterſchied der Saͤtze zu geſchweigen;
Kann man jedoch faſt Sonnen-klar
Davon ein Beyſpiel zeigen.
Man halte nur in einen Zimmer
Viel kleine Kugeln nah aus Licht;
So wird zum wenigſten ein Gegen-Schimmer
Vom Licht, das ſich an Waͤnden bricht,
Die dunk’len Seiten gleichfalls treffen.
Da nun viel hundert tauſend Welten
Jm unermeßlichen und unbegrenzten Schein
Der Gottheit, die allgegenwaͤrtig, ſchwimmen:
Wie ſollten ſie denn nicht von Deren Glanze glimmen,
Und nicht von Jhr beſtralet ſeyn?
Zudem heiſſt dein Exempel nichts,
Daß Gegen-Fuͤſſer nicht mit uns zu einer Zeit
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