Aus tausend Teilen sich verbindet; Man fül't, wie uns ein bunter Glanz Nicht nur vergnüg't, erqvickt, entzündet. Es trieb mich meine Schuldigkeit, Auf GOttes Wunder-Werk zu achten, Und dieser Pracht Beschaffenheit Jn ihren Teilen zu betrachten: Da ich denn voll Erstaunen fand, Daß an so holdem Schmuck die Schatten, So ich bisher noch nicht erkannt, Gar einen grossen Anteil hatten.
Durch ihre sanfte Dunkelheit Wird aller Farben Herrlichkeit Noch desto mehr ins Licht gesetzet, Und durch den starken Unterscheid Der Menschen Aug' um desto mehr ergetzet: Absonderlich wenn sich die Lüfte regen, Da ihre Bilder sich zugleich bewegen, Und auf dem Boden, den sie schwärzen, Dem Schein nach mit einander scherzen. Hiedurch, da Bluhmen, Laub und Kraut Samt ihnen hin und wieder schweben; Scheint, was man in dem Garten schaut, Sich alles gleichsam zu beleben. Es kann kein Stengelchen so klein, Kein Blat so schmal, kein Kraut so zärtlich seyn, Das, wenn's des Himmels Licht bestralet Und mit der Stralen Gold vergüldet, Sich nicht im Schatten zierlich bildet, Verdoppelt, zeichnet, ja selbst malet. Denn daß die Schatten schwarz allein, So wie es scheinet, sollten seyn, Jst nur ein Jrrtum. Es verlieret Von seiner Farb' ein Cörper nichts
Durch
II. Theil. F
Aus tauſend Teilen ſich verbindet; Man fuͤl’t, wie uns ein bunter Glanz Nicht nur vergnuͤg’t, erqvickt, entzuͤndet. Es trieb mich meine Schuldigkeit, Auf GOttes Wunder-Werk zu achten, Und dieſer Pracht Beſchaffenheit Jn ihren Teilen zu betrachten: Da ich denn voll Erſtaunen fand, Daß an ſo holdem Schmuck die Schatten, So ich bisher noch nicht erkannt, Gar einen groſſen Anteil hatten.
Durch ihre ſanfte Dunkelheit Wird aller Farben Herrlichkeit Noch deſto mehr ins Licht geſetzet, Und durch den ſtarken Unterſcheid Der Menſchen Aug’ um deſto mehr ergetzet: Abſonderlich wenn ſich die Luͤfte regen, Da ihre Bilder ſich zugleich bewegen, Und auf dem Boden, den ſie ſchwaͤrzen, Dem Schein nach mit einander ſcherzen. Hiedurch, da Bluhmen, Laub und Kraut Samt ihnen hin und wieder ſchweben; Scheint, was man in dem Garten ſchaut, Sich alles gleichſam zu beleben. Es kann kein Stengelchen ſo klein, Kein Blat ſo ſchmal, kein Kraut ſo zaͤrtlich ſeyn, Das, wenn’s des Himmels Licht beſtralet Und mit der Stralen Gold verguͤldet, Sich nicht im Schatten zierlich bildet, Verdoppelt, zeichnet, ja ſelbſt malet. Denn daß die Schatten ſchwarz allein, So wie es ſcheinet, ſollten ſeyn, Jſt nur ein Jrrtum. Es verlieret Von ſeiner Farb’ ein Coͤrper nichts
Durch
II. Theil. F
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Aus tauſend Teilen ſich verbindet;
Man fuͤl’t, wie uns ein bunter Glanz
Nicht nur vergnuͤg’t, erqvickt, entzuͤndet.
Es trieb mich meine Schuldigkeit,
Auf GOttes Wunder-Werk zu achten,
Und dieſer Pracht Beſchaffenheit
Jn ihren Teilen zu betrachten:
Da ich denn voll Erſtaunen fand,
Daß an ſo holdem Schmuck die Schatten,
So ich bisher noch nicht erkannt,
Gar einen groſſen Anteil hatten.
Durch ihre ſanfte Dunkelheit
Wird aller Farben Herrlichkeit
Noch deſto mehr ins Licht geſetzet,
Und durch den ſtarken Unterſcheid
Der Menſchen Aug’ um deſto mehr ergetzet:
Abſonderlich wenn ſich die Luͤfte regen,
Da ihre Bilder ſich zugleich bewegen,
Und auf dem Boden, den ſie ſchwaͤrzen,
Dem Schein nach mit einander ſcherzen.
Hiedurch, da Bluhmen, Laub und Kraut
Samt ihnen hin und wieder ſchweben;
Scheint, was man in dem Garten ſchaut,
Sich alles gleichſam zu beleben.
Es kann kein Stengelchen ſo klein,
Kein Blat ſo ſchmal, kein Kraut ſo zaͤrtlich ſeyn,
Das, wenn’s des Himmels Licht beſtralet
Und mit der Stralen Gold verguͤldet,
Sich nicht im Schatten zierlich bildet,
Verdoppelt, zeichnet, ja ſelbſt malet.
Denn daß die Schatten ſchwarz allein,
So wie es ſcheinet, ſollten ſeyn,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/117>, abgerufen am 16.02.2025.
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