Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.ich herzlich für ihn gebetet habe in meiner letzten Stunde Vor dem Städtchen, durch das ich mußte, kam ich Auf diese Rede des Kindes machte der Meister ein ich herzlich für ihn gebetet habe in meiner letzten Stunde Vor dem Städtchen, durch das ich mußte, kam ich Auf dieſe Rede des Kindes machte der Meiſter ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0055" n="45"/> ich herzlich für ihn gebetet habe in meiner letzten Stunde<lb/> und daß ich ihn ſchön grüßen laſſe. — Bald nach die¬<lb/> ſen Worten ſtarb die gute Baſe, und als ſie begraben<lb/> war, nahm ich die kleine Annerl, die drei Jahr alt war,<lb/> auf den Arm und ging mit ihr nach Haus.</p><lb/> <p>Vor dem Städtchen, durch das ich mußte, kam ich<lb/> an der Scharfrichterei vorüber, und weil der Meiſter<lb/> berühmt war als ein Viehdoctor, ſollte ich einige Arznei<lb/> mitnehmen für unſern Schulzen. Ich trat in die Stube<lb/> und ſagte dem Meiſter, was ich wollte, und er antwor¬<lb/> tete, daß ich ihm auf den Boden folgen ſolle, wo er die<lb/> Kräuter liegen habe, und ihm helfen ausſuchen. Ich<lb/> ließ Annerl in der Stube und folgte ihm. Als wir zu¬<lb/> rück in die Stube traten, ſtand Annerl vor einem klei¬<lb/> nen Schranke, der an der Wand befeſtigt war, und<lb/> ſprach: Großmutter, da iſt eine Maus drin, hört, wie<lb/> es klappert, da iſt eine Maus drin!</p><lb/> <p>Auf dieſe Rede des Kindes machte der Meiſter ein<lb/> ſehr ernſthaftes Geſicht, riß den Schrank auf und ſprach:<lb/> Gott ſey uns gnädig! denn er ſah ſein Richtſchwerdt,<lb/> das allein in dem Schranke an einem Nagel hing, hin<lb/> und her wanken. Er nahm das Schwerdt herunter und<lb/> mir ſchauderte. Liebe Frau, ſagte er, wenn Ihr das<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0055]
ich herzlich für ihn gebetet habe in meiner letzten Stunde
und daß ich ihn ſchön grüßen laſſe. — Bald nach die¬
ſen Worten ſtarb die gute Baſe, und als ſie begraben
war, nahm ich die kleine Annerl, die drei Jahr alt war,
auf den Arm und ging mit ihr nach Haus.
Vor dem Städtchen, durch das ich mußte, kam ich
an der Scharfrichterei vorüber, und weil der Meiſter
berühmt war als ein Viehdoctor, ſollte ich einige Arznei
mitnehmen für unſern Schulzen. Ich trat in die Stube
und ſagte dem Meiſter, was ich wollte, und er antwor¬
tete, daß ich ihm auf den Boden folgen ſolle, wo er die
Kräuter liegen habe, und ihm helfen ausſuchen. Ich
ließ Annerl in der Stube und folgte ihm. Als wir zu¬
rück in die Stube traten, ſtand Annerl vor einem klei¬
nen Schranke, der an der Wand befeſtigt war, und
ſprach: Großmutter, da iſt eine Maus drin, hört, wie
es klappert, da iſt eine Maus drin!
Auf dieſe Rede des Kindes machte der Meiſter ein
ſehr ernſthaftes Geſicht, riß den Schrank auf und ſprach:
Gott ſey uns gnädig! denn er ſah ſein Richtſchwerdt,
das allein in dem Schranke an einem Nagel hing, hin
und her wanken. Er nahm das Schwerdt herunter und
mir ſchauderte. Liebe Frau, ſagte er, wenn Ihr das
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