Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.Gott, er möge ihn doch in seinen Schutz nehmen, ach, Der Kasper lief zu seinem Vater mit einer entsetz¬ Gott, er möge ihn doch in ſeinen Schutz nehmen, ach, Der Kasper lief zu ſeinem Vater mit einer entſetz¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0044" n="34"/> Gott, er möge ihn doch in ſeinen Schutz nehmen, ach,<lb/> betete mit einer Angſt wie niemals, und mußte dabei<lb/> immer ſagen: Herr, Dein Wille geſchehe wie im Himmel<lb/> ſo auf Erden.</p><lb/> <p>Der Kasper lief zu ſeinem Vater mit einer entſetz¬<lb/> lichen Angſt. Er ſtieg hinten über den Gartenzaun, er<lb/> hörte die Plumpe gehen, er hörte im Stall wiehern, das<lb/> fuhr ihm durch die Seele; er ſtand ſtill, er ſah im Mond¬<lb/> ſchein, daß zwei Männer ſich wuſchen, es wollte ihm<lb/> das Herz brechen; der eine ſprach: das verfluchte Zeug<lb/> geht nicht herunter, da ſagte der Andre: komm' erſt in<lb/> den Stall, dem Gaul den Schwanz abzuſchlagen und<lb/> die Mähnen zu verſchneiden. Haſt Du das Felleiſen<lb/> auch tief genug unterm Miſt begraben? Ja, ſagte der<lb/> Andre. Da gingen ſie nach dem Stall, und Kasper,<lb/> vor Jammer wie ein Raſender, ſprang hervor und<lb/> ſchloß die Stallthür hinter ihnen und ſchrie: Im Namen<lb/> des Herzogs! ergebt Euch; wer ſich widerſetzt, den<lb/> ſchieße ich nieder! Ach, da hatte er ſeinen Vater und ſei¬<lb/> nen Stiefbruder als die Räuber ſeines Pferdes gefan¬<lb/> gen. Meine Ehre, meine Ehre iſt verloren! ſchrie er,<lb/> ich bin der Sohn eines ehrloſen Diebes. Als die Bei¬<lb/> den im Stall dieſe Worte hörten, iſt ihnen bös zu<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [34/0044]
Gott, er möge ihn doch in ſeinen Schutz nehmen, ach,
betete mit einer Angſt wie niemals, und mußte dabei
immer ſagen: Herr, Dein Wille geſchehe wie im Himmel
ſo auf Erden.
Der Kasper lief zu ſeinem Vater mit einer entſetz¬
lichen Angſt. Er ſtieg hinten über den Gartenzaun, er
hörte die Plumpe gehen, er hörte im Stall wiehern, das
fuhr ihm durch die Seele; er ſtand ſtill, er ſah im Mond¬
ſchein, daß zwei Männer ſich wuſchen, es wollte ihm
das Herz brechen; der eine ſprach: das verfluchte Zeug
geht nicht herunter, da ſagte der Andre: komm' erſt in
den Stall, dem Gaul den Schwanz abzuſchlagen und
die Mähnen zu verſchneiden. Haſt Du das Felleiſen
auch tief genug unterm Miſt begraben? Ja, ſagte der
Andre. Da gingen ſie nach dem Stall, und Kasper,
vor Jammer wie ein Raſender, ſprang hervor und
ſchloß die Stallthür hinter ihnen und ſchrie: Im Namen
des Herzogs! ergebt Euch; wer ſich widerſetzt, den
ſchieße ich nieder! Ach, da hatte er ſeinen Vater und ſei¬
nen Stiefbruder als die Räuber ſeines Pferdes gefan¬
gen. Meine Ehre, meine Ehre iſt verloren! ſchrie er,
ich bin der Sohn eines ehrloſen Diebes. Als die Bei¬
den im Stall dieſe Worte hörten, iſt ihnen bös zu
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Zitationshilfe: | Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_kasperl_1838/44>, abgerufen am 27.07.2024. |