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Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.

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genden Edelleute wohnt, bei dem er die Sache berichten
wollte. Der Müller blieb zurück, um seine Frau und
seinen Sohn zu erwarten, welche auf einem Dorfe in
der Nähe bei einer Hochzeit waren. Dann wollte er
dem Uhlanen nachkommen, und die Anzeige vor Gericht
auch machen.

Er kann sich denken, lieber Herr Schreiber, mit
welcher Betrübniß der arme Kasper den Weg nach un¬
serm Dorfe eilte, zu Fuß und arm, wo er hatte stolz
einreiten wollen; ein und funfzig Thaler, die er erbeutet
hatte, sein Patent als Unteroffizier, sein Urlaub, und die
Kränze auf seiner Mutter Grab und für die schöne An¬
nerl waren ihm gestohlen. Es war ihm ganz verzwei¬
felt zu Muthe, und so kam er um ein Uhr in der Nacht
in seiner Heimath an, und pochte gleich an der Thür des
Gerichtshalters, dessen Haus das erste vor dem Dorfe
ist. Er ward eingelassen und machte seine Anzeige und
gab Alles an, was ihm geraubt worden war. Der Ge¬
richtshalter trug ihm auf, er solle gleich zu seinem Vater
gehn, welches der einzige Bauer im Dorfe sey, der Pferde
habe, und solle mit diesem und seinem Bruder in der
Gegend herum patroulliren, ob er vielleicht den Räubern
auf die Spur komme; indessen wolle er andre Leute zu

genden Edelleute wohnt, bei dem er die Sache berichten
wollte. Der Müller blieb zurück, um ſeine Frau und
ſeinen Sohn zu erwarten, welche auf einem Dorfe in
der Nähe bei einer Hochzeit waren. Dann wollte er
dem Uhlanen nachkommen, und die Anzeige vor Gericht
auch machen.

Er kann ſich denken, lieber Herr Schreiber, mit
welcher Betrübniß der arme Kasper den Weg nach un¬
ſerm Dorfe eilte, zu Fuß und arm, wo er hatte ſtolz
einreiten wollen; ein und funfzig Thaler, die er erbeutet
hatte, ſein Patent als Unteroffizier, ſein Urlaub, und die
Kränze auf ſeiner Mutter Grab und für die ſchöne An¬
nerl waren ihm geſtohlen. Es war ihm ganz verzwei¬
felt zu Muthe, und ſo kam er um ein Uhr in der Nacht
in ſeiner Heimath an, und pochte gleich an der Thür des
Gerichtshalters, deſſen Haus das erſte vor dem Dorfe
iſt. Er ward eingelaſſen und machte ſeine Anzeige und
gab Alles an, was ihm geraubt worden war. Der Ge¬
richtshalter trug ihm auf, er ſolle gleich zu ſeinem Vater
gehn, welches der einzige Bauer im Dorfe ſey, der Pferde
habe, und ſolle mit dieſem und ſeinem Bruder in der
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[32/0042] genden Edelleute wohnt, bei dem er die Sache berichten wollte. Der Müller blieb zurück, um ſeine Frau und ſeinen Sohn zu erwarten, welche auf einem Dorfe in der Nähe bei einer Hochzeit waren. Dann wollte er dem Uhlanen nachkommen, und die Anzeige vor Gericht auch machen. Er kann ſich denken, lieber Herr Schreiber, mit welcher Betrübniß der arme Kasper den Weg nach un¬ ſerm Dorfe eilte, zu Fuß und arm, wo er hatte ſtolz einreiten wollen; ein und funfzig Thaler, die er erbeutet hatte, ſein Patent als Unteroffizier, ſein Urlaub, und die Kränze auf ſeiner Mutter Grab und für die ſchöne An¬ nerl waren ihm geſtohlen. Es war ihm ganz verzwei¬ felt zu Muthe, und ſo kam er um ein Uhr in der Nacht in ſeiner Heimath an, und pochte gleich an der Thür des Gerichtshalters, deſſen Haus das erſte vor dem Dorfe iſt. Er ward eingelaſſen und machte ſeine Anzeige und gab Alles an, was ihm geraubt worden war. Der Ge¬ richtshalter trug ihm auf, er ſolle gleich zu ſeinem Vater gehn, welches der einzige Bauer im Dorfe ſey, der Pferde habe, und ſolle mit dieſem und ſeinem Bruder in der Gegend herum patroulliren, ob er vielleicht den Räubern auf die Spur komme; indeſſen wolle er andre Leute zu

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_kasperl_1838/42>, abgerufen am 19.04.2024.