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Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.

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das ihm anvertraute Pferd gestohlen sey, über welches
leztere er sich gar nicht zufrieden geben konnte. Der
Müller aber stand mit einem vollen Geldsack vor ihm,
er hatte ihn in der Oberstube aus dem Schranke geholt
und sagte zu dem Hylan: Lieber Kasper, sey Er zufrie¬
den, ich verdanke Ihm die Rettung meines Vermögens;
auf diesen Sack, der oben in Seiner Stube lag, hatten
es die Räuber gemünzt, und Seiner Vertheidigung danke
ich Alles, mir ist nichts gestohlen; die Sein Pferd und
Sein Felleisen im Stall fanden, müssen ausgestellte Die¬
beswachen gewesen seyn, sie zeigten durch die Schüsse
an, daß Gefahr da sey. Weil sie wahrscheinlich am Sat¬
telzeug erkannten, daß ein Kavallerist im Hause herberge.
Nun soll Er meinethalben keine Noth haben, ich will
mir alle Mühe geben und kein Geld sparen, Ihm Seinen
Gaul wieder zu finden, und finde ich ihn nicht, so will
ich Ihm einen kaufen, so theuer er seyn mag. Kasper
sagte: geschenkt nehme ich nichts, das ist gegen meine
Ehre, aber wenn Er mir im Nothfall siebzig Thaler vor¬
schießen will, so kriegt er meine Verschreibung, ich schaffe
sie in zwei Jahren wieder. Hierüber wurden sie einig,
und der Uhlan trennte sich von ihm, um nach seinem
Dorfe zu eilen, wo auch ein Gerichtshalter der umlie¬

das ihm anvertraute Pferd geſtohlen ſey, über welches
leztere er ſich gar nicht zufrieden geben konnte. Der
Müller aber ſtand mit einem vollen Geldſack vor ihm,
er hatte ihn in der Oberſtube aus dem Schranke geholt
und ſagte zu dem Hylan: Lieber Kasper, ſey Er zufrie¬
den, ich verdanke Ihm die Rettung meines Vermögens;
auf dieſen Sack, der oben in Seiner Stube lag, hatten
es die Räuber gemünzt, und Seiner Vertheidigung danke
ich Alles, mir iſt nichts geſtohlen; die Sein Pferd und
Sein Felleiſen im Stall fanden, müſſen ausgeſtellte Die¬
beswachen geweſen ſeyn, ſie zeigten durch die Schüſſe
an, daß Gefahr da ſey. Weil ſie wahrſcheinlich am Sat¬
telzeug erkannten, daß ein Kavalleriſt im Hauſe herberge.
Nun ſoll Er meinethalben keine Noth haben, ich will
mir alle Mühe geben und kein Geld ſparen, Ihm Seinen
Gaul wieder zu finden, und finde ich ihn nicht, ſo will
ich Ihm einen kaufen, ſo theuer er ſeyn mag. Kasper
ſagte: geſchenkt nehme ich nichts, das iſt gegen meine
Ehre, aber wenn Er mir im Nothfall ſiebzig Thaler vor¬
ſchießen will, ſo kriegt er meine Verſchreibung, ich ſchaffe
ſie in zwei Jahren wieder. Hierüber wurden ſie einig,
und der Uhlan trennte ſich von ihm, um nach ſeinem
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[31/0041] das ihm anvertraute Pferd geſtohlen ſey, über welches leztere er ſich gar nicht zufrieden geben konnte. Der Müller aber ſtand mit einem vollen Geldſack vor ihm, er hatte ihn in der Oberſtube aus dem Schranke geholt und ſagte zu dem Hylan: Lieber Kasper, ſey Er zufrie¬ den, ich verdanke Ihm die Rettung meines Vermögens; auf dieſen Sack, der oben in Seiner Stube lag, hatten es die Räuber gemünzt, und Seiner Vertheidigung danke ich Alles, mir iſt nichts geſtohlen; die Sein Pferd und Sein Felleiſen im Stall fanden, müſſen ausgeſtellte Die¬ beswachen geweſen ſeyn, ſie zeigten durch die Schüſſe an, daß Gefahr da ſey. Weil ſie wahrſcheinlich am Sat¬ telzeug erkannten, daß ein Kavalleriſt im Hauſe herberge. Nun ſoll Er meinethalben keine Noth haben, ich will mir alle Mühe geben und kein Geld ſparen, Ihm Seinen Gaul wieder zu finden, und finde ich ihn nicht, ſo will ich Ihm einen kaufen, ſo theuer er ſeyn mag. Kasper ſagte: geſchenkt nehme ich nichts, das iſt gegen meine Ehre, aber wenn Er mir im Nothfall ſiebzig Thaler vor¬ ſchießen will, ſo kriegt er meine Verſchreibung, ich ſchaffe ſie in zwei Jahren wieder. Hierüber wurden ſie einig, und der Uhlan trennte ſich von ihm, um nach ſeinem Dorfe zu eilen, wo auch ein Gerichtshalter der umlie¬

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_kasperl_1838/41>, abgerufen am 25.04.2024.