Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.und kalt. Ich bat sie nochmals, mir die ganze Veran¬ Mein Enkel, der Uhlan, von dem ich Ihm erzählte, und kalt. Ich bat ſie nochmals, mir die ganze Veran¬ Mein Enkel, der Uhlan, von dem ich Ihm erzählte, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0034" n="24"/> und kalt. Ich bat ſie nochmals, mir die ganze Veran¬<lb/> laſſung zu ihrer Reiſe in die Stadt zu erzählen, und ſie<lb/> ſprach:</p><lb/> <p>Mein Enkel, der Uhlan, von dem ich Ihm erzählte,<lb/> hatte doch mein Pathgen ſehr lieb, wie ich Ihm vorher<lb/> ſagte, und ſprach der ſchönen Annerl, wie die Leute ſie<lb/> ihres glatten Spiegels wegen nannten, immer von der<lb/> Ehre vor, und ſagte ihr immer, ſie ſolle auf ihre Ehre<lb/> halten, und auch auf ſeine Ehre. Da kriegte dann das<lb/> Mädchen etwas ganz Apartes in ihr Geſicht und ihre<lb/> Kleidung von der Ehre, ſie war feiner und manierlicher,<lb/> als alle andere Dirnen. Alles ſaß ihr knapper am<lb/> Leibe und wenn ſie ein Burſche einmal ein wenig derb<lb/> beim Tanze anfaßte oder ſie etwa höher als den Steg<lb/> der Baßgeige ſchwang, ſo konnte ſie bitterlich darüber<lb/> bei mir weinen, und ſprach dabei immer: es ſey wider<lb/> ihre Ehre. Ach, das Annerl iſt ein eignes Mädchen<lb/> immer geweſen, manchmal, wenn kein Menſch es ſich<lb/> verſah, fuhr ſie mit beiden Händen nach ihrer Schürze<lb/> und riß ſie ſich vom Leibe, als ob Feuer drinn ſey, und<lb/> dann fing ſie gleich entſetzlich an zu weinen; aber das<lb/> hat ſeine Urſache, es hat ſie mit Zähnen hingeriſſen, der<lb/> Feind ruht nicht. Wäre das Kind nur nicht ſtets ſo<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [24/0034]
und kalt. Ich bat ſie nochmals, mir die ganze Veran¬
laſſung zu ihrer Reiſe in die Stadt zu erzählen, und ſie
ſprach:
Mein Enkel, der Uhlan, von dem ich Ihm erzählte,
hatte doch mein Pathgen ſehr lieb, wie ich Ihm vorher
ſagte, und ſprach der ſchönen Annerl, wie die Leute ſie
ihres glatten Spiegels wegen nannten, immer von der
Ehre vor, und ſagte ihr immer, ſie ſolle auf ihre Ehre
halten, und auch auf ſeine Ehre. Da kriegte dann das
Mädchen etwas ganz Apartes in ihr Geſicht und ihre
Kleidung von der Ehre, ſie war feiner und manierlicher,
als alle andere Dirnen. Alles ſaß ihr knapper am
Leibe und wenn ſie ein Burſche einmal ein wenig derb
beim Tanze anfaßte oder ſie etwa höher als den Steg
der Baßgeige ſchwang, ſo konnte ſie bitterlich darüber
bei mir weinen, und ſprach dabei immer: es ſey wider
ihre Ehre. Ach, das Annerl iſt ein eignes Mädchen
immer geweſen, manchmal, wenn kein Menſch es ſich
verſah, fuhr ſie mit beiden Händen nach ihrer Schürze
und riß ſie ſich vom Leibe, als ob Feuer drinn ſey, und
dann fing ſie gleich entſetzlich an zu weinen; aber das
hat ſeine Urſache, es hat ſie mit Zähnen hingeriſſen, der
Feind ruht nicht. Wäre das Kind nur nicht ſtets ſo
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Zitationshilfe: | Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_kasperl_1838/34>, abgerufen am 27.07.2024. |