Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.Apotheke, wie doch Gott Alles so herrlich und wunderbar Liebe Mutter, sagte ich, wie kann ich Euch die Das muß ich Ihm sagen? erwiederte sie, dann ist Ich ahnte, ein schweres Leid müsse auf ihr lasten, Apotheke, wie doch Gott Alles ſo herrlich und wunderbar Liebe Mutter, ſagte ich, wie kann ich Euch die Das muß ich Ihm ſagen? erwiederte ſie, dann iſt Ich ahnte, ein ſchweres Leid müſſe auf ihr laſten, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="23"/> Apotheke, wie doch Gott Alles ſo herrlich und wunderbar<lb/> geſchaffen hat, aber der Menſch erkennt es nicht, und<lb/> ein ſolch' Kameel geht eher durch ein Nadelöhr, als ein<lb/> Reicher in das Himmelreich. — Aber was ſitzt Er denn<lb/> immer da, gehe Er, den Bogen Papier zu kaufen, und<lb/> bringe Er mir die Bittſchrift.</p><lb/> <p>Liebe Mutter, ſagte ich, wie kann ich Euch die<lb/> Bittſchrift machen, wenn Ihr mir nicht ſagt, was ich<lb/> hinein ſchreiben ſoll.</p><lb/> <p>Das muß ich Ihm ſagen? erwiederte ſie, dann iſt<lb/> es freilich keine Kunſt, und wundre ich mich nicht mehr,<lb/> daß Er ſich einen Schreiber zu nennen ſchämte, wenn<lb/> man Ihm Alles ſagen ſoll. Nun, ich will mein Mög¬<lb/> liches thun. Setz' Er in die Bittſchrift, daß zwei Lie¬<lb/> bende bei einander ruhen ſollen und daß ſie Einen nicht<lb/> auf die Anatomie bringen ſollen, damit man ſeine Glieder<lb/> beiſammen hat, wenn es heißt: ihr Todten, ihr Todten<lb/> ſollt auferſtehn, ihr ſollt vor das jüngſte Gerichte gehn.<lb/> Da fing ſie wieder bitterlich an zu weinen.</p><lb/> <p>Ich ahnte, ein ſchweres Leid müſſe auf ihr laſten,<lb/> aber ſie fühle bei der Bürde ihrer Jahre nur in ein¬<lb/> zelnen Momenten ſich ſchmerzlich gerührt. Sie weinte<lb/> ohne zu klagen, ihre Worte waren immer gleich ruhig<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [23/0033]
Apotheke, wie doch Gott Alles ſo herrlich und wunderbar
geſchaffen hat, aber der Menſch erkennt es nicht, und
ein ſolch' Kameel geht eher durch ein Nadelöhr, als ein
Reicher in das Himmelreich. — Aber was ſitzt Er denn
immer da, gehe Er, den Bogen Papier zu kaufen, und
bringe Er mir die Bittſchrift.
Liebe Mutter, ſagte ich, wie kann ich Euch die
Bittſchrift machen, wenn Ihr mir nicht ſagt, was ich
hinein ſchreiben ſoll.
Das muß ich Ihm ſagen? erwiederte ſie, dann iſt
es freilich keine Kunſt, und wundre ich mich nicht mehr,
daß Er ſich einen Schreiber zu nennen ſchämte, wenn
man Ihm Alles ſagen ſoll. Nun, ich will mein Mög¬
liches thun. Setz' Er in die Bittſchrift, daß zwei Lie¬
bende bei einander ruhen ſollen und daß ſie Einen nicht
auf die Anatomie bringen ſollen, damit man ſeine Glieder
beiſammen hat, wenn es heißt: ihr Todten, ihr Todten
ſollt auferſtehn, ihr ſollt vor das jüngſte Gerichte gehn.
Da fing ſie wieder bitterlich an zu weinen.
Ich ahnte, ein ſchweres Leid müſſe auf ihr laſten,
aber ſie fühle bei der Bürde ihrer Jahre nur in ein¬
zelnen Momenten ſich ſchmerzlich gerührt. Sie weinte
ohne zu klagen, ihre Worte waren immer gleich ruhig
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Zitationshilfe: | Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_kasperl_1838/33>, abgerufen am 27.07.2024. |