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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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K. -- Johannes, o lad' uns zu Gaste heut ein!
J. -- Von Herzen, wenn ihr in der Faste wollt sein.
K. -- Und was wird besonders uns heut aufgetischt?
J. -- Was man so an Hecken und Sträuchern erwischt.
K. -- Sag, Engel Johannes, ist klar auch dein Wein?
J. -- Mond, Sonne und Sternlein die spiegeln sich drein.
K. -- Wer sind, o Johannes, deine Nachbarsleutlein?
J. -- Die Hirschlein, die Häslein, die Waldvögelein.
K. -- Johannes, was soll unser Gastgeschenk sein?
J. -- Wer mit ißt, empfängt ein Johannisgürtlein.
K. -- Geschürzt und gegürtet, da läuft man viel Stund;
J. -- Und wird nimmer müde und läuft sich nicht wund.
K. -- Sag Engel, was soll unser Abschied dann seyn?
J. -- Daß Jedem ich reich das Johannishändlein.
K. -- Wohin zeigt dem Händlein sein Fingerlein fein?
J. -- Hin auf das Lamm Gottes, dem folget allein.
K. -- Sag Engel, zum Schlusse, giebt's auch einen Tanz?
J. -- Ums Feuer, ums Feuer mit Kranz und mit Glanz.
K. -- Beim Heimgang, wer wird ein Laternchen uns leihn?
J. -- Die Sternchen und tausend Johanniswürmlein.

Als sie so weit gesungen hatten, kamen sie zwischen viele
Rosenhecken und Johannisbeerstauden und begannen lustig
durcheinander zu schreien:

"Feuerrothe Röselein,
Aus der Erde springt der Wein,
Aus dem Blute dringt der Schein,
Schwingt das rothe Fähnelein!"

Da fingen sie an die Beeren zu essen und den Johan¬
nisengel und seine rosige Mutter mit den Röselein zu be¬
kränzen. -- Hier verließ ich den Zug mit den drei Lilien¬
fräulein, da wir an die Johanniskapelle zurückkamen, hatte
Jakob von Guise so eben viele Wachskerzen gesegnet, er
theilte sie uns und vielen Anwesenden aus und führte uns
in Prozession, Gottessegen erflehend, um die Felder. In
der Nähe der Stadt trennte ich mich von der Schaar und
begab mich mit meinen Mägden in das Schloß. In mei¬

K. — Johannes, o lad' uns zu Gaſte heut ein!
J. — Von Herzen, wenn ihr in der Faſte wollt ſein.
K. — Und was wird beſonders uns heut aufgetiſcht?
J. — Was man ſo an Hecken und Straͤuchern erwiſcht.
K. — Sag, Engel Johannes, iſt klar auch dein Wein?
J. — Mond, Sonne und Sternlein die ſpiegeln ſich drein.
K. — Wer ſind, o Johannes, deine Nachbarsleutlein?
J. — Die Hirſchlein, die Haͤslein, die Waldvoͤgelein.
K. — Johannes, was ſoll unſer Gaſtgeſchenk ſein?
J. — Wer mit ißt, empfaͤngt ein Johannisguͤrtlein.
K. — Geſchuͤrzt und geguͤrtet, da laͤuft man viel Stund;
J. — Und wird nimmer muͤde und laͤuft ſich nicht wund.
K. — Sag Engel, was ſoll unſer Abſchied dann ſeyn?
J. — Daß Jedem ich reich das Johannishaͤndlein.
K. — Wohin zeigt dem Haͤndlein ſein Fingerlein fein?
J. — Hin auf das Lamm Gottes, dem folget allein.
K. — Sag Engel, zum Schluſſe, giebt's auch einen Tanz?
J. — Ums Feuer, ums Feuer mit Kranz und mit Glanz.
K. — Beim Heimgang, wer wird ein Laternchen uns leihn?
J. — Die Sternchen und tauſend Johanniswuͤrmlein.

Als ſie ſo weit geſungen hatten, kamen ſie zwiſchen viele
Roſenhecken und Johannisbeerſtauden und begannen luſtig
durcheinander zu ſchreien:

„Feuerrothe Roͤſelein,
Aus der Erde ſpringt der Wein,
Aus dem Blute dringt der Schein,
Schwingt das rothe Faͤhnelein!“

Da fingen ſie an die Beeren zu eſſen und den Johan¬
nisengel und ſeine roſige Mutter mit den Roͤſelein zu be¬
kraͤnzen. — Hier verließ ich den Zug mit den drei Lilien¬
fraͤulein, da wir an die Johanniskapelle zuruͤckkamen, hatte
Jakob von Guiſe ſo eben viele Wachskerzen geſegnet, er
theilte ſie uns und vielen Anweſenden aus und fuͤhrte uns
in Prozeſſion, Gottesſegen erflehend, um die Felder. In
der Naͤhe der Stadt trennte ich mich von der Schaar und
begab mich mit meinen Maͤgden in das Schloß. In mei¬

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[298/0352] K. — Johannes, o lad' uns zu Gaſte heut ein! J. — Von Herzen, wenn ihr in der Faſte wollt ſein. K. — Und was wird beſonders uns heut aufgetiſcht? J. — Was man ſo an Hecken und Straͤuchern erwiſcht. K. — Sag, Engel Johannes, iſt klar auch dein Wein? J. — Mond, Sonne und Sternlein die ſpiegeln ſich drein. K. — Wer ſind, o Johannes, deine Nachbarsleutlein? J. — Die Hirſchlein, die Haͤslein, die Waldvoͤgelein. K. — Johannes, was ſoll unſer Gaſtgeſchenk ſein? J. — Wer mit ißt, empfaͤngt ein Johannisguͤrtlein. K. — Geſchuͤrzt und geguͤrtet, da laͤuft man viel Stund; J. — Und wird nimmer muͤde und laͤuft ſich nicht wund. K. — Sag Engel, was ſoll unſer Abſchied dann ſeyn? J. — Daß Jedem ich reich das Johannishaͤndlein. K. — Wohin zeigt dem Haͤndlein ſein Fingerlein fein? J. — Hin auf das Lamm Gottes, dem folget allein. K. — Sag Engel, zum Schluſſe, giebt's auch einen Tanz? J. — Ums Feuer, ums Feuer mit Kranz und mit Glanz. K. — Beim Heimgang, wer wird ein Laternchen uns leihn? J. — Die Sternchen und tauſend Johanniswuͤrmlein. Als ſie ſo weit geſungen hatten, kamen ſie zwiſchen viele Roſenhecken und Johannisbeerſtauden und begannen luſtig durcheinander zu ſchreien: „Feuerrothe Roͤſelein, Aus der Erde ſpringt der Wein, Aus dem Blute dringt der Schein, Schwingt das rothe Faͤhnelein!“ Da fingen ſie an die Beeren zu eſſen und den Johan¬ nisengel und ſeine roſige Mutter mit den Roͤſelein zu be¬ kraͤnzen. — Hier verließ ich den Zug mit den drei Lilien¬ fraͤulein, da wir an die Johanniskapelle zuruͤckkamen, hatte Jakob von Guiſe ſo eben viele Wachskerzen geſegnet, er theilte ſie uns und vielen Anweſenden aus und fuͤhrte uns in Prozeſſion, Gottesſegen erflehend, um die Felder. In der Naͤhe der Stadt trennte ich mich von der Schaar und begab mich mit meinen Maͤgden in das Schloß. In mei¬

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/352>, abgerufen am 22.11.2024.