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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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Hennegau freudig und fromm werden; dazu aber gehöret
alle Christentugend, zu der helfe mir Gott und lege mir eine
treue, freigebige, fleißige Hand auf das Herz und ein auf¬
richtig wahres Herz auf die Hand und auf die Zunge! --
Heut brachte mir auch Meister Andreas der Goldschmied die
Ordenszeichen, die ich bei ihm bestellt, und war auf der einen
Seite ein Windelkindlein, auf der andern ein Lerchlein, das
singend zum Himmel fliegt, abgebildet. Ich befestigte sie
an amarantfarbige Bänder und zeigte sie meinen Gespielen
noch nicht. Wir giengen heut alle zur Kirche und versprachen
einander, morgen bei dem Feste Gott unser Vorhaben de¬
müthig aufzuopfern.

Heut auch besuchte ich nach meinem jährlichen Gebrauch
die gottselige Jungfrau Verena und das fromme Hühnlein;
und da mich Jakob von Guise ermahnt hat, in Allem so zu
schreiben, daß es auch die Nachwelt verstehen könne, will ich
hier kürzlich von Verena und dem Hühnlein sprechen. -- Vor
vielen hundert Jahren kam ein römischer Soldat von Pilati
Leibwache hier in die Lande; er hieß Salmo und war nach
dem ersten Pfingstfest in Jerusalem getauft durch Petrus.
Er hatte sich zum ewigen Andenken ein Hühnlein aus Jeru¬
salem mitgebracht, das von dem Hahn abstammte, der bei
Petri Verläugnung gekräht. Es war aber hier noch Alles
wilder Wald und hie und da ein Edelhof mit Feldern und
einigen Bauern umher. Auf einem solchen Hofe saßen dann
Kriegsleute, die sich häuslich niedergelassen, die lebten von
der Jagd, und machten sich so viel Landes unterthan, als
sie umreiten wollten. Belgius, ein solcher Kriegsmann hatte
sein Haus hier, wo jetzt mein Schloß steht, und da er in
den Wald ritt zu jagen, sah er eine schöne weiße Henne,
deren Art er hier zu Land nie gesehen, im Walde laufen.
Da folgte er dem Hühnlein tief in den Wald bis in eine
Höhle, darin ein Mann gar elendiglich lag. Das war aber
Salmo, der römische Soldat, der war im Walde verirrt

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Hennegau freudig und fromm werden; dazu aber gehoͤret
alle Chriſtentugend, zu der helfe mir Gott und lege mir eine
treue, freigebige, fleißige Hand auf das Herz und ein auf¬
richtig wahres Herz auf die Hand und auf die Zunge! —
Heut brachte mir auch Meiſter Andreas der Goldſchmied die
Ordenszeichen, die ich bei ihm beſtellt, und war auf der einen
Seite ein Windelkindlein, auf der andern ein Lerchlein, das
ſingend zum Himmel fliegt, abgebildet. Ich befeſtigte ſie
an amarantfarbige Baͤnder und zeigte ſie meinen Geſpielen
noch nicht. Wir giengen heut alle zur Kirche und verſprachen
einander, morgen bei dem Feſte Gott unſer Vorhaben de¬
muͤthig aufzuopfern.

Heut auch beſuchte ich nach meinem jaͤhrlichen Gebrauch
die gottſelige Jungfrau Verena und das fromme Huͤhnlein;
und da mich Jakob von Guiſe ermahnt hat, in Allem ſo zu
ſchreiben, daß es auch die Nachwelt verſtehen koͤnne, will ich
hier kuͤrzlich von Verena und dem Huͤhnlein ſprechen. — Vor
vielen hundert Jahren kam ein roͤmiſcher Soldat von Pilati
Leibwache hier in die Lande; er hieß Salmo und war nach
dem erſten Pfingſtfeſt in Jeruſalem getauft durch Petrus.
Er hatte ſich zum ewigen Andenken ein Huͤhnlein aus Jeru¬
ſalem mitgebracht, das von dem Hahn abſtammte, der bei
Petri Verlaͤugnung gekraͤht. Es war aber hier noch Alles
wilder Wald und hie und da ein Edelhof mit Feldern und
einigen Bauern umher. Auf einem ſolchen Hofe ſaßen dann
Kriegsleute, die ſich haͤuslich niedergelaſſen, die lebten von
der Jagd, und machten ſich ſo viel Landes unterthan, als
ſie umreiten wollten. Belgius, ein ſolcher Kriegsmann hatte
ſein Haus hier, wo jetzt mein Schloß ſteht, und da er in
den Wald ritt zu jagen, ſah er eine ſchoͤne weiße Henne,
deren Art er hier zu Land nie geſehen, im Walde laufen.
Da folgte er dem Huͤhnlein tief in den Wald bis in eine
Hoͤhle, darin ein Mann gar elendiglich lag. Das war aber
Salmo, der roͤmiſche Soldat, der war im Walde verirrt

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[241/0295] Hennegau freudig und fromm werden; dazu aber gehoͤret alle Chriſtentugend, zu der helfe mir Gott und lege mir eine treue, freigebige, fleißige Hand auf das Herz und ein auf¬ richtig wahres Herz auf die Hand und auf die Zunge! — Heut brachte mir auch Meiſter Andreas der Goldſchmied die Ordenszeichen, die ich bei ihm beſtellt, und war auf der einen Seite ein Windelkindlein, auf der andern ein Lerchlein, das ſingend zum Himmel fliegt, abgebildet. Ich befeſtigte ſie an amarantfarbige Baͤnder und zeigte ſie meinen Geſpielen noch nicht. Wir giengen heut alle zur Kirche und verſprachen einander, morgen bei dem Feſte Gott unſer Vorhaben de¬ muͤthig aufzuopfern. Heut auch beſuchte ich nach meinem jaͤhrlichen Gebrauch die gottſelige Jungfrau Verena und das fromme Huͤhnlein; und da mich Jakob von Guiſe ermahnt hat, in Allem ſo zu ſchreiben, daß es auch die Nachwelt verſtehen koͤnne, will ich hier kuͤrzlich von Verena und dem Huͤhnlein ſprechen. — Vor vielen hundert Jahren kam ein roͤmiſcher Soldat von Pilati Leibwache hier in die Lande; er hieß Salmo und war nach dem erſten Pfingſtfeſt in Jeruſalem getauft durch Petrus. Er hatte ſich zum ewigen Andenken ein Huͤhnlein aus Jeru¬ ſalem mitgebracht, das von dem Hahn abſtammte, der bei Petri Verlaͤugnung gekraͤht. Es war aber hier noch Alles wilder Wald und hie und da ein Edelhof mit Feldern und einigen Bauern umher. Auf einem ſolchen Hofe ſaßen dann Kriegsleute, die ſich haͤuslich niedergelaſſen, die lebten von der Jagd, und machten ſich ſo viel Landes unterthan, als ſie umreiten wollten. Belgius, ein ſolcher Kriegsmann hatte ſein Haus hier, wo jetzt mein Schloß ſteht, und da er in den Wald ritt zu jagen, ſah er eine ſchoͤne weiße Henne, deren Art er hier zu Land nie geſehen, im Walde laufen. Da folgte er dem Huͤhnlein tief in den Wald bis in eine Hoͤhle, darin ein Mann gar elendiglich lag. Das war aber Salmo, der roͤmiſche Soldat, der war im Walde verirrt 16

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/295>, abgerufen am 23.11.2024.