Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.So nun kam der Zug in die Kapelle, wo unter dem Nun legten die acht Ordensgespielinnen, die acht Bän¬ "O Stern und Blume, Geist und Kleid, immer leiser und leiser, bis er zuletzt ganz verstummte undLieb, Leid und Zeit und Ewigkeit!" Alles in der Kapelle wie vorher war; da sah man das Stein¬ bild der Frau Urhinkel mit der Urgallina auf der Schulter neben dem des Urgockels an der Wand und unter demselben schauten drei weiße Lilien über dem Altare hervor. Auf dem Grab vor dem Altar hatten die Kränze der Ordensgespielen Wurzel geschlagen und grünten alle die Kräuter, aus denen So nun kam der Zug in die Kapelle, wo unter dem Nun legten die acht Ordensgeſpielinnen, die acht Baͤn¬ „O Stern und Blume, Geiſt und Kleid, immer leiſer und leiſer, bis er zuletzt ganz verſtummte undLieb, Leid und Zeit und Ewigkeit!“ Alles in der Kapelle wie vorher war; da ſah man das Stein¬ bild der Frau Urhinkel mit der Urgallina auf der Schulter neben dem des Urgockels an der Wand und unter demſelben ſchauten drei weiße Lilien uͤber dem Altare hervor. Auf dem Grab vor dem Altar hatten die Kraͤnze der Ordensgeſpielen Wurzel geſchlagen und gruͤnten alle die Kraͤuter, aus denen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0266" n="214"/> <p>So nun kam der Zug in die Kapelle, wo unter dem<lb/> Vortritt Alektryos und Gallinas alles anweſende Federvieh<lb/> ſich tiefneigend Spalier machte. Als ſie mit dem Sarg vor<lb/> den Altar kamen, drehte Gackeleia den Ring, das Grab Ur¬<lb/> gockels oͤffnete ſich, da ſahen ſie das Gerippe des alten Herrn<lb/> auch im reichen Grafenornat gar ehrbar unten ruhen.</p><lb/> <p>Nun legten die acht Ordensgeſpielinnen, die acht Baͤn¬<lb/> der in die Hand der Ahnfrau im Sarge zuruͤck und ergriffen<lb/> die aͤhnlichen Baͤnder, die zum Guͤrtel Gackeleias gehoͤrten,<lb/> und ſtanden eine Weile um ſie her. Man ſenkte den Sarg<lb/> neben den Sarg des Urgockels hinab, das Grab ſchloß ſich,<lb/> die Jungfrauen ſtellten ihre Koͤrbchen mit den Huͤhnern dar¬<lb/> auf und legten alle ihre Kraͤnze umher. — Der Geiſt der<lb/> Frau Urhinkel ſchwebte licht gegen den Grabſtein Urgockels,<lb/> die drei Kloſterfrauen mit den Lilien ſtanden zu deſſen Fuͤſ¬<lb/> ſen. Eine Lichtwolke erfuͤllte die Kapelle und zog ſich oben<lb/> wie in einen offnen Himmel hinauf, dahin ſchwebte der Geiſt<lb/> der lieben Graͤfin Amey von Hennegau zwiſchen den drei<lb/> Kloſterfrauen. — Gackeleia ſprach zu den acht Jungfrauen<lb/> um ſich her: „ſegne euch Gott, liebe Geſpielen, ich danke<lb/> eurer Treue, folget dem liebſten Herzen dahin, wo es noch<lb/> beſſer iſt als hier in Gockelsruh!“ da neigten ſie ſich gegen<lb/> ihre rechte Schulter und ſchwebten in die Lichtbahn des erſten<lb/> Kindes von Hennegau hinan, und die ganze Prozeſſion der<lb/> Armen zog hinten nach und man hoͤrte den Geſang:<lb/><lg type="poem"><l>„O Stern und Blume, Geiſt und Kleid,</l><lb/><l>Lieb, Leid und Zeit und Ewigkeit!“</l><lb/></lg> immer leiſer und leiſer, bis er zuletzt ganz verſtummte und<lb/> Alles in der Kapelle wie vorher war; da ſah man das Stein¬<lb/> bild der Frau Urhinkel mit der Urgallina auf der Schulter<lb/> neben dem des Urgockels an der Wand und unter demſelben<lb/> ſchauten drei weiße Lilien uͤber dem Altare hervor. Auf dem<lb/> Grab vor dem Altar hatten die Kraͤnze der Ordensgeſpielen<lb/> Wurzel geſchlagen und gruͤnten alle die Kraͤuter, aus denen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [214/0266]
So nun kam der Zug in die Kapelle, wo unter dem
Vortritt Alektryos und Gallinas alles anweſende Federvieh
ſich tiefneigend Spalier machte. Als ſie mit dem Sarg vor
den Altar kamen, drehte Gackeleia den Ring, das Grab Ur¬
gockels oͤffnete ſich, da ſahen ſie das Gerippe des alten Herrn
auch im reichen Grafenornat gar ehrbar unten ruhen.
Nun legten die acht Ordensgeſpielinnen, die acht Baͤn¬
der in die Hand der Ahnfrau im Sarge zuruͤck und ergriffen
die aͤhnlichen Baͤnder, die zum Guͤrtel Gackeleias gehoͤrten,
und ſtanden eine Weile um ſie her. Man ſenkte den Sarg
neben den Sarg des Urgockels hinab, das Grab ſchloß ſich,
die Jungfrauen ſtellten ihre Koͤrbchen mit den Huͤhnern dar¬
auf und legten alle ihre Kraͤnze umher. — Der Geiſt der
Frau Urhinkel ſchwebte licht gegen den Grabſtein Urgockels,
die drei Kloſterfrauen mit den Lilien ſtanden zu deſſen Fuͤſ¬
ſen. Eine Lichtwolke erfuͤllte die Kapelle und zog ſich oben
wie in einen offnen Himmel hinauf, dahin ſchwebte der Geiſt
der lieben Graͤfin Amey von Hennegau zwiſchen den drei
Kloſterfrauen. — Gackeleia ſprach zu den acht Jungfrauen
um ſich her: „ſegne euch Gott, liebe Geſpielen, ich danke
eurer Treue, folget dem liebſten Herzen dahin, wo es noch
beſſer iſt als hier in Gockelsruh!“ da neigten ſie ſich gegen
ihre rechte Schulter und ſchwebten in die Lichtbahn des erſten
Kindes von Hennegau hinan, und die ganze Prozeſſion der
Armen zog hinten nach und man hoͤrte den Geſang:
„O Stern und Blume, Geiſt und Kleid,
Lieb, Leid und Zeit und Ewigkeit!“
immer leiſer und leiſer, bis er zuletzt ganz verſtummte und
Alles in der Kapelle wie vorher war; da ſah man das Stein¬
bild der Frau Urhinkel mit der Urgallina auf der Schulter
neben dem des Urgockels an der Wand und unter demſelben
ſchauten drei weiße Lilien uͤber dem Altare hervor. Auf dem
Grab vor dem Altar hatten die Kraͤnze der Ordensgeſpielen
Wurzel geſchlagen und gruͤnten alle die Kraͤuter, aus denen
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