Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

edlen Jungfrauen wollten in dem Orden der freudig frommen
Kinder seyn, und die weibliche Sitte erhielt eine neue schöne
Wendung, so daß es ein Sprichwort geworden: "wie wohl
wär mir, hätt' ich zur Frau ein' edle Dirn aus Hennegau!"
Um aber die Verbindung der freudigen Frömmigkeit und
Kindlichkeit zu bezeichnen, um auszudrücken, daß die tiefste
Betrachtung es eben nicht viel weiter bringt, als ein lallen¬
des Kind, so besteht das Ordenszeichen aus einer Figur,
welche auf der einen Seite ein zur Sonne auffliegendes Lerch¬
lein als das Bild freudiger Betrachtung und auf der ande¬
ren Seite ein kleines, lächelndes Wickelkind, das sich ge¬
duldig von einem Arm auf den andern nehmen läßt, vor¬
stellt. Es wird dieser Orden aber an einem amaranthrothen,
mit allerei Glöckchen und Quästchen und sieben Sächelchen
behängten Bande um den Hals getragen, weil die Amaranthe
nicht verwelkt und ihre tiefe, rothe Farbe auch getrocknet
bewahrt. Die Amaranthe ist das Sinnbild treuer, bestän¬
diger Gottes- und Menschenliebe, und ein Schmuck gelieb¬
ter Todten, und es ward dem armen Kind von Hennegau
hier im Blumenbettlein die schöne Amaranthenkrone aufge¬
setzt, weil es recht gewandelt ist. Die Erde trägt eigent¬
lich nur den Schatten dieser Blume, der Himmel allein
bringt sie in der Fülle ihrer ganzen Bedeutung wirklich her¬
vor, als ein unvergängliches, unbeflecktes, unverwelkliches
Erbtheil, das uns in ihm bewahrt ist. -- Die Amaranthe
ist ein Sinnbild der unschuldigen Kindlein, weil diese durch
das Schwert vom Leben getrennt, in ihrem Blute im Him¬
mel wie die tiefrothen Amaranthen glühen, welche selbst von
der Pflanze abgeschnitten, ihre Farbe nicht verlieren. -- Die
Amaranthe ist das Sinnbild der Beständigkeit, der treuen
Ausdauer, und von ihr heißt es, in Kälte und Hitze, auch
getrennt beständig, nimmer welkend, in Thränen erneuet. --
Dieser Eigenschaften wegen trägt Gräfin Amey die Amaran¬
then-Krone und den Orden am amaranthrothen Band;

edlen Jungfrauen wollten in dem Orden der freudig frommen
Kinder ſeyn, und die weibliche Sitte erhielt eine neue ſchoͤne
Wendung, ſo daß es ein Sprichwort geworden: „wie wohl
waͤr mir, haͤtt' ich zur Frau ein' edle Dirn aus Hennegau!“
Um aber die Verbindung der freudigen Froͤmmigkeit und
Kindlichkeit zu bezeichnen, um auszudruͤcken, daß die tiefſte
Betrachtung es eben nicht viel weiter bringt, als ein lallen¬
des Kind, ſo beſteht das Ordenszeichen aus einer Figur,
welche auf der einen Seite ein zur Sonne auffliegendes Lerch¬
lein als das Bild freudiger Betrachtung und auf der ande¬
ren Seite ein kleines, laͤchelndes Wickelkind, das ſich ge¬
duldig von einem Arm auf den andern nehmen laͤßt, vor¬
ſtellt. Es wird dieſer Orden aber an einem amaranthrothen,
mit allerei Gloͤckchen und Quaͤſtchen und ſieben Saͤchelchen
behaͤngten Bande um den Hals getragen, weil die Amaranthe
nicht verwelkt und ihre tiefe, rothe Farbe auch getrocknet
bewahrt. Die Amaranthe iſt das Sinnbild treuer, beſtaͤn¬
diger Gottes- und Menſchenliebe, und ein Schmuck gelieb¬
ter Todten, und es ward dem armen Kind von Hennegau
hier im Blumenbettlein die ſchoͤne Amaranthenkrone aufge¬
ſetzt, weil es recht gewandelt iſt. Die Erde traͤgt eigent¬
lich nur den Schatten dieſer Blume, der Himmel allein
bringt ſie in der Fuͤlle ihrer ganzen Bedeutung wirklich her¬
vor, als ein unvergaͤngliches, unbeflecktes, unverwelkliches
Erbtheil, das uns in ihm bewahrt iſt. — Die Amaranthe
iſt ein Sinnbild der unſchuldigen Kindlein, weil dieſe durch
das Schwert vom Leben getrennt, in ihrem Blute im Him¬
mel wie die tiefrothen Amaranthen gluͤhen, welche ſelbſt von
der Pflanze abgeſchnitten, ihre Farbe nicht verlieren. — Die
Amaranthe iſt das Sinnbild der Beſtaͤndigkeit, der treuen
Ausdauer, und von ihr heißt es, in Kaͤlte und Hitze, auch
getrennt beſtaͤndig, nimmer welkend, in Thraͤnen erneuet. —
Dieſer Eigenſchaften wegen traͤgt Graͤfin Amey die Amaran¬
then-Krone und den Orden am amaranthrothen Band;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0252" n="200"/>
edlen Jungfrauen wollten in dem Orden der freudig frommen<lb/>
Kinder &#x017F;eyn, und die weibliche Sitte erhielt eine neue &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Wendung, &#x017F;o daß es ein Sprichwort geworden: &#x201E;wie wohl<lb/>
wa&#x0364;r mir, ha&#x0364;tt' ich zur Frau ein' edle Dirn aus Hennegau!&#x201C;<lb/>
Um aber die Verbindung der freudigen Fro&#x0364;mmigkeit und<lb/>
Kindlichkeit zu bezeichnen, um auszudru&#x0364;cken, daß die tief&#x017F;te<lb/>
Betrachtung es eben nicht viel weiter bringt, als ein lallen¬<lb/>
des Kind, &#x017F;o be&#x017F;teht das Ordenszeichen aus einer Figur,<lb/>
welche auf der einen Seite ein zur Sonne auffliegendes Lerch¬<lb/>
lein als das Bild freudiger Betrachtung und auf der ande¬<lb/>
ren Seite ein kleines, la&#x0364;chelndes Wickelkind, das &#x017F;ich ge¬<lb/>
duldig von einem Arm auf den andern nehmen la&#x0364;ßt, vor¬<lb/>
&#x017F;tellt. Es wird die&#x017F;er Orden aber an einem amaranthrothen,<lb/>
mit allerei Glo&#x0364;ckchen und Qua&#x0364;&#x017F;tchen und &#x017F;ieben Sa&#x0364;chelchen<lb/>
beha&#x0364;ngten Bande um den Hals getragen, weil die Amaranthe<lb/>
nicht verwelkt und ihre tiefe, rothe Farbe auch getrocknet<lb/>
bewahrt. Die Amaranthe i&#x017F;t das Sinnbild treuer, be&#x017F;ta&#x0364;<lb/>
diger Gottes- und Men&#x017F;chenliebe, und ein Schmuck gelieb¬<lb/>
ter Todten, und es ward dem armen Kind von Hennegau<lb/>
hier im Blumenbettlein die &#x017F;cho&#x0364;ne Amaranthenkrone aufge¬<lb/>
&#x017F;etzt, weil es recht gewandelt i&#x017F;t. Die Erde tra&#x0364;gt eigent¬<lb/>
lich nur den Schatten die&#x017F;er Blume, der Himmel allein<lb/>
bringt &#x017F;ie in der Fu&#x0364;lle ihrer ganzen Bedeutung wirklich her¬<lb/>
vor, als ein unverga&#x0364;ngliches, unbeflecktes, unverwelkliches<lb/>
Erbtheil, das uns in ihm bewahrt i&#x017F;t. &#x2014; Die Amaranthe<lb/>
i&#x017F;t ein Sinnbild der un&#x017F;chuldigen Kindlein, weil die&#x017F;e durch<lb/>
das Schwert vom Leben getrennt, in ihrem Blute im Him¬<lb/>
mel wie die tiefrothen Amaranthen glu&#x0364;hen, welche &#x017F;elb&#x017F;t von<lb/>
der Pflanze abge&#x017F;chnitten, ihre Farbe nicht verlieren. &#x2014; Die<lb/>
Amaranthe i&#x017F;t das Sinnbild der Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit, der treuen<lb/>
Ausdauer, und von ihr heißt es, in Ka&#x0364;lte und Hitze, auch<lb/>
getrennt be&#x017F;ta&#x0364;ndig, nimmer welkend, in Thra&#x0364;nen erneuet. &#x2014;<lb/>
Die&#x017F;er Eigen&#x017F;chaften wegen tra&#x0364;gt Gra&#x0364;fin Amey die Amaran¬<lb/>
then-Krone und den Orden am amaranthrothen Band;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0252] edlen Jungfrauen wollten in dem Orden der freudig frommen Kinder ſeyn, und die weibliche Sitte erhielt eine neue ſchoͤne Wendung, ſo daß es ein Sprichwort geworden: „wie wohl waͤr mir, haͤtt' ich zur Frau ein' edle Dirn aus Hennegau!“ Um aber die Verbindung der freudigen Froͤmmigkeit und Kindlichkeit zu bezeichnen, um auszudruͤcken, daß die tiefſte Betrachtung es eben nicht viel weiter bringt, als ein lallen¬ des Kind, ſo beſteht das Ordenszeichen aus einer Figur, welche auf der einen Seite ein zur Sonne auffliegendes Lerch¬ lein als das Bild freudiger Betrachtung und auf der ande¬ ren Seite ein kleines, laͤchelndes Wickelkind, das ſich ge¬ duldig von einem Arm auf den andern nehmen laͤßt, vor¬ ſtellt. Es wird dieſer Orden aber an einem amaranthrothen, mit allerei Gloͤckchen und Quaͤſtchen und ſieben Saͤchelchen behaͤngten Bande um den Hals getragen, weil die Amaranthe nicht verwelkt und ihre tiefe, rothe Farbe auch getrocknet bewahrt. Die Amaranthe iſt das Sinnbild treuer, beſtaͤn¬ diger Gottes- und Menſchenliebe, und ein Schmuck gelieb¬ ter Todten, und es ward dem armen Kind von Hennegau hier im Blumenbettlein die ſchoͤne Amaranthenkrone aufge¬ ſetzt, weil es recht gewandelt iſt. Die Erde traͤgt eigent¬ lich nur den Schatten dieſer Blume, der Himmel allein bringt ſie in der Fuͤlle ihrer ganzen Bedeutung wirklich her¬ vor, als ein unvergaͤngliches, unbeflecktes, unverwelkliches Erbtheil, das uns in ihm bewahrt iſt. — Die Amaranthe iſt ein Sinnbild der unſchuldigen Kindlein, weil dieſe durch das Schwert vom Leben getrennt, in ihrem Blute im Him¬ mel wie die tiefrothen Amaranthen gluͤhen, welche ſelbſt von der Pflanze abgeſchnitten, ihre Farbe nicht verlieren. — Die Amaranthe iſt das Sinnbild der Beſtaͤndigkeit, der treuen Ausdauer, und von ihr heißt es, in Kaͤlte und Hitze, auch getrennt beſtaͤndig, nimmer welkend, in Thraͤnen erneuet. — Dieſer Eigenſchaften wegen traͤgt Graͤfin Amey die Amaran¬ then-Krone und den Orden am amaranthrothen Band;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/252
Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/252>, abgerufen am 09.05.2024.