Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.Die den Sarg gewebet haben; All der Liebe Kränzewinder, Die in Blumen einst begraben Dieses Herz, den Trost der Kinder. Sende all die Kronenbinder, Jene Blumen einzusammeln, Jene Kräuter, jene Halmen, Deren Namen Wünsche stammeln, Deren Namen Dankespsalmen, Süße Grüße, Wohlgefallen, Wie unschuldge Kinder lallen. Um das Bettlein, wo in Frieden Ruht das ird'sche Kleid der Braut, Die vom Leib der Zeit geschieden, Ward dem ew'gen Geist getraut, Werde von dem Dank hienieden Neu ein Blumenzelt gebaut. Schmücket neu dies Herz mit Blüthen, Liebeswerke, die drin glühten, Daß die Blumen, Erdensterne, Zeitlich hier den Leib umkränzen, Wie des Himmels Blumen, Sterne, Ewig dort den Geist umglänzen; Ringlein! Ringlein! dreh dich um, Schmück' den Sarg, ich bitt dich drum!" Auf diese Worte Gackeleias ertönte ein leiser, ungemein "O Stern und Blume, Geist und Kleid, Lieb, Leid und Zeit und Ewigkeit!" Nach diesen Stimmen nahte hinter der Linde hervor von 13
Die den Sarg gewebet haben; All der Liebe Kraͤnzewinder, Die in Blumen einſt begraben Dieſes Herz, den Troſt der Kinder. Sende all die Kronenbinder, Jene Blumen einzuſammeln, Jene Kraͤuter, jene Halmen, Deren Namen Wuͤnſche ſtammeln, Deren Namen Dankespſalmen, Suͤße Gruͤße, Wohlgefallen, Wie unſchuldge Kinder lallen. Um das Bettlein, wo in Frieden Ruht das ird'ſche Kleid der Braut, Die vom Leib der Zeit geſchieden, Ward dem ew'gen Geiſt getraut, Werde von dem Dank hienieden Neu ein Blumenzelt gebaut. Schmuͤcket neu dies Herz mit Bluͤthen, Liebeswerke, die drin gluͤhten, Daß die Blumen, Erdenſterne, Zeitlich hier den Leib umkraͤnzen, Wie des Himmels Blumen, Sterne, Ewig dort den Geiſt umglaͤnzen; Ringlein! Ringlein! dreh dich um, Schmuͤck' den Sarg, ich bitt dich drum!“ Auf dieſe Worte Gackeleias ertoͤnte ein leiſer, ungemein „O Stern und Blume, Geiſt und Kleid, Lieb, Leid und Zeit und Ewigkeit!“ Nach dieſen Stimmen nahte hinter der Linde hervor von 13
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Die den Sarg gewebet haben;
All der Liebe Kraͤnzewinder,
Die in Blumen einſt begraben
Dieſes Herz, den Troſt der Kinder.
Sende all die Kronenbinder,
Jene Blumen einzuſammeln,
Jene Kraͤuter, jene Halmen,
Deren Namen Wuͤnſche ſtammeln,
Deren Namen Dankespſalmen,
Suͤße Gruͤße, Wohlgefallen,
Wie unſchuldge Kinder lallen.
Um das Bettlein, wo in Frieden
Ruht das ird'ſche Kleid der Braut,
Die vom Leib der Zeit geſchieden,
Ward dem ew'gen Geiſt getraut,
Werde von dem Dank hienieden
Neu ein Blumenzelt gebaut.
Schmuͤcket neu dies Herz mit Bluͤthen,
Liebeswerke, die drin gluͤhten,
Daß die Blumen, Erdenſterne,
Zeitlich hier den Leib umkraͤnzen,
Wie des Himmels Blumen, Sterne,
Ewig dort den Geiſt umglaͤnzen;
Ringlein! Ringlein! dreh dich um,
Schmuͤck' den Sarg, ich bitt dich drum!“
Auf dieſe Worte Gackeleias ertoͤnte ein leiſer, ungemein
reiner und lieblicher Geſang von den drei Lilien her, welche
zu Haͤupten des Hennenkreuzes ſtanden:
„O Stern und Blume, Geiſt und Kleid,
Lieb, Leid und Zeit und Ewigkeit!“
Nach dieſen Stimmen nahte hinter der Linde hervor von
beiden Seiten eine gar ruͤhrende Prozeſſion von Greiſen,
Maͤnnern, Frauen, Juͤnglingen und Jungfrauen, Knaben
und Maͤgdlein, ja Saͤuglingen auf den Armen der Muͤtter.
Alle waren ſie durch Kraͤnze und Gewinde der manichfaltig¬
ſten Blumen und Kraͤuter verbunden, die ſie in der einen
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