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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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benschenkels hervorzogen und zusammenhielten; und die Bruch¬
stücke paßten so scharf zusammen, als ob sie eben jetzt erst
gebrochen wären. -- Sie entschuldigten sich nicht, daß sie
ihr Gelübde in der Freude des Wiedersehens vergessen hatten,
aber sie wurden bei den Worten Urgockels roth bis über die
Ohren und sahen ganz blöd vor sich hin, weil sie sich be¬
schämt fühlten.

Bei dieser feierlichen Handlung herrschte eine allgemeine
Stille, man hörte nichts als das Glöckchen am Klingel¬
beutel, den die Kunstfigur herumtrug. Urgockel aber streckte
seine steinerne Hand hervor und segnete Kronovus und Ga¬
ckeleia mit den Worten:

"Wie die beiden Hälften Eines,
Trenne sich vom Andern Keines;
Und in euren Wappenschilden
Sollt in einem Myrthenkranz
Ihr im goldnem Feld abbilden,
Glänzend, unverletzt und ganz,
Bretzel und auch Bubenschenkel
Zum Gedächtniß später Enkel.
Zwei gekrönte Mäuschen fein
Sollen die Schildhalter seyn;
Unter'm Schild am Ordensband
Hänge als der Treue Pfand
Des Kronovus buntes Ei,
Worauf Vivat Gackelei.
Auf des Schilds zwei Helmen stehen
Königskrone, Grafenkrone,
Und Alektryo mit Krähen
Auf der Königskrone throne
Und ein starkes Nest behüte,
Worin Frau Gallina brüte.
Auf der Grafenkrone Rand
Schweb' in purpurnem Gewand,
Hebend mit der kleinen Hand
Hoch des Glückes Unterpfand,

benſchenkels hervorzogen und zuſammenhielten; und die Bruch¬
ſtuͤcke paßten ſo ſcharf zuſammen, als ob ſie eben jetzt erſt
gebrochen waͤren. — Sie entſchuldigten ſich nicht, daß ſie
ihr Geluͤbde in der Freude des Wiederſehens vergeſſen hatten,
aber ſie wurden bei den Worten Urgockels roth bis uͤber die
Ohren und ſahen ganz bloͤd vor ſich hin, weil ſie ſich be¬
ſchaͤmt fuͤhlten.

Bei dieſer feierlichen Handlung herrſchte eine allgemeine
Stille, man hoͤrte nichts als das Gloͤckchen am Klingel¬
beutel, den die Kunſtfigur herumtrug. Urgockel aber ſtreckte
ſeine ſteinerne Hand hervor und ſegnete Kronovus und Ga¬
ckeleia mit den Worten:

„Wie die beiden Haͤlften Eines,
Trenne ſich vom Andern Keines;
Und in euren Wappenſchilden
Sollt in einem Myrthenkranz
Ihr im goldnem Feld abbilden,
Glaͤnzend, unverletzt und ganz,
Bretzel und auch Bubenſchenkel
Zum Gedaͤchtniß ſpaͤter Enkel.
Zwei gekroͤnte Maͤuschen fein
Sollen die Schildhalter ſeyn;
Unter'm Schild am Ordensband
Haͤnge als der Treue Pfand
Des Kronovus buntes Ei,
Worauf Vivat Gackelei.
Auf des Schilds zwei Helmen ſtehen
Koͤnigskrone, Grafenkrone,
Und Alektryo mit Kraͤhen
Auf der Koͤnigskrone throne
Und ein ſtarkes Neſt behuͤte,
Worin Frau Gallina bruͤte.
Auf der Grafenkrone Rand
Schweb' in purpurnem Gewand,
Hebend mit der kleinen Hand
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[187/0239] benſchenkels hervorzogen und zuſammenhielten; und die Bruch¬ ſtuͤcke paßten ſo ſcharf zuſammen, als ob ſie eben jetzt erſt gebrochen waͤren. — Sie entſchuldigten ſich nicht, daß ſie ihr Geluͤbde in der Freude des Wiederſehens vergeſſen hatten, aber ſie wurden bei den Worten Urgockels roth bis uͤber die Ohren und ſahen ganz bloͤd vor ſich hin, weil ſie ſich be¬ ſchaͤmt fuͤhlten. Bei dieſer feierlichen Handlung herrſchte eine allgemeine Stille, man hoͤrte nichts als das Gloͤckchen am Klingel¬ beutel, den die Kunſtfigur herumtrug. Urgockel aber ſtreckte ſeine ſteinerne Hand hervor und ſegnete Kronovus und Ga¬ ckeleia mit den Worten: „Wie die beiden Haͤlften Eines, Trenne ſich vom Andern Keines; Und in euren Wappenſchilden Sollt in einem Myrthenkranz Ihr im goldnem Feld abbilden, Glaͤnzend, unverletzt und ganz, Bretzel und auch Bubenſchenkel Zum Gedaͤchtniß ſpaͤter Enkel. Zwei gekroͤnte Maͤuschen fein Sollen die Schildhalter ſeyn; Unter'm Schild am Ordensband Haͤnge als der Treue Pfand Des Kronovus buntes Ei, Worauf Vivat Gackelei. Auf des Schilds zwei Helmen ſtehen Koͤnigskrone, Grafenkrone, Und Alektryo mit Kraͤhen Auf der Koͤnigskrone throne Und ein ſtarkes Neſt behuͤte, Worin Frau Gallina bruͤte. Auf der Grafenkrone Rand Schweb' in purpurnem Gewand, Hebend mit der kleinen Hand Hoch des Gluͤckes Unterpfand,

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/239>, abgerufen am 29.03.2024.