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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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chen los, womit mich der böse Alte unter die verschraubte
Kunstfigur festgeschnürt hat, ich habe solches Leibschneiden,
ich hab' mich überlaufen, ich hab' mich übergessen, es ist mir
zum Sterben, geschwind, geschwind hilf dem Mäuschen von
Natur, denn ich bin keine Puppe, keine Kunstfigur, ich bin
die unglückliche Mäuse-Prinzessin Sissi von Mandelbiß, der
dein Vater einmal das Leben gerettet hat." Da sah ich
gleich nach und fand wirklich das schönste weiße Mäuschen
von Natur mit einem Drath zwischen kleine Räder befestigt,
die an den Füßchen der Puppe angebracht waren, ich machte
die arme Prinzessin los, die mir freudig dankte und sagte:
"schlaf fort Herz-Gackeleia, gleich komm ich wieder, ich muß
mich nothwendig ein bischen bewegen und durch das thauichte
Gras laufen, um mich zu waschen und zu erfrischen, gleich
komme ich wieder zu dir" -- und husch war sie fort."

So weit hatte Gackeleia erzählt, da sah Gockel nach
den beiden Mäusen, die sich in ein Stück Kuchen eingefres¬
sen hatten und ruhig darin schliefen, und sprach: "Es ist
doch eine kuriose Theater-Prinzessin, die Sissi von Mandel¬
biß; wo die überall herum kömmt, die kann auch mehr als
Brod essen! Aber erzähle weiter, wie ist sie nur mit der
Kunstfigur zusammengekommen?"

Da fuhr Gackeleia fort: "Als Sissi wieder kam, schlupfte
sie mir dicht ans Ohr, versteckte sich warm in meine Haarlo¬
cken und erzählte mir alles ganz ausführlich, und ich war so
neugierig, daß ich sie nie unterbrach. Sie sagte: "dein Vater
Gockel hat mich und meinen Gemahl Prinz Pfiffi von Spe¬
ckelfleck vor der Katze Schurrimurri gerettet und uns wieder
nach Haus befördert; der Mord der Gallina durch dieselbe
Katze und die Hinrichtung der Katze und der edle Tod Alek¬
tryos ward uns durch Musterreiter unsers Volkes erzählet,
wir wollten Gallina und Alektryo ein Mausoleum auf dem
Mauskirchhof setzen lassen, und da ich mit Prinz Speckelfleck
wegen unserer Rettung eine Wahlfahrt nach dem Mausthurm

chen los, womit mich der boͤſe Alte unter die verſchraubte
Kunſtfigur feſtgeſchnuͤrt hat, ich habe ſolches Leibſchneiden,
ich hab' mich uͤberlaufen, ich hab' mich uͤbergeſſen, es iſt mir
zum Sterben, geſchwind, geſchwind hilf dem Maͤuschen von
Natur, denn ich bin keine Puppe, keine Kunſtfigur, ich bin
die ungluͤckliche Maͤuſe-Prinzeſſin Siſſi von Mandelbiß, der
dein Vater einmal das Leben gerettet hat.“ Da ſah ich
gleich nach und fand wirklich das ſchoͤnſte weiße Maͤuschen
von Natur mit einem Drath zwiſchen kleine Raͤder befeſtigt,
die an den Fuͤßchen der Puppe angebracht waren, ich machte
die arme Prinzeſſin los, die mir freudig dankte und ſagte:
„ſchlaf fort Herz-Gackeleia, gleich komm ich wieder, ich muß
mich nothwendig ein bischen bewegen und durch das thauichte
Gras laufen, um mich zu waſchen und zu erfriſchen, gleich
komme ich wieder zu dir“ — und huſch war ſie fort.“

So weit hatte Gackeleia erzaͤhlt, da ſah Gockel nach
den beiden Maͤuſen, die ſich in ein Stuͤck Kuchen eingefreſ¬
ſen hatten und ruhig darin ſchliefen, und ſprach: „Es iſt
doch eine kurioſe Theater-Prinzeſſin, die Siſſi von Mandel¬
biß; wo die uͤberall herum koͤmmt, die kann auch mehr als
Brod eſſen! Aber erzaͤhle weiter, wie iſt ſie nur mit der
Kunſtfigur zuſammengekommen?“

Da fuhr Gackeleia fort: „Als Siſſi wieder kam, ſchlupfte
ſie mir dicht ans Ohr, verſteckte ſich warm in meine Haarlo¬
cken und erzaͤhlte mir alles ganz ausfuͤhrlich, und ich war ſo
neugierig, daß ich ſie nie unterbrach. Sie ſagte: „dein Vater
Gockel hat mich und meinen Gemahl Prinz Pfiffi von Spe¬
ckelfleck vor der Katze Schurrimurri gerettet und uns wieder
nach Haus befoͤrdert; der Mord der Gallina durch dieſelbe
Katze und die Hinrichtung der Katze und der edle Tod Alek¬
tryos ward uns durch Muſterreiter unſers Volkes erzaͤhlet,
wir wollten Gallina und Alektryo ein Mauſoleum auf dem
Mauskirchhof ſetzen laſſen, und da ich mit Prinz Speckelfleck
wegen unſerer Rettung eine Wahlfahrt nach dem Mausthurm

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/192>, abgerufen am 27.11.2024.