Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.durch die Puppe verloren!" Da sagte aber Gackeleia gleich "Keine Puppe, es ist nur und Gockel sagte: "meinetwegen, ich will dir die RutheEine schöne Kunstfigur", nicht mehr geben, du bist auch zu groß dazu, und Alles ist ja wieder gut." "Aber wie hast du nur Alles angefangen?" sagte Frau Hinkel, welche immer um die schöne, prächtige Jung¬ frau herumgegangen war, sie zu betrachten und zu küßen und zu drücken, "um Gotteswillen, Herz-Wunder-Gackeleia, erzähle!" "Ja, erzähle", rief Gockel und drückte sie herzlich an seine Brust. Gackeleia aber erwiederte: "lobet mich nicht zu sehr, geliebter Vater, denn all unser neues Glück haben wir allein Euch selbst zu verdanken." "Mir?" fragte Go¬ ckel, "das müßte seltsam zugehen; ach ich habe ja nichts thun können, als vor den Häusern nach dir suchend herum¬ betteln." Da sagte Gackeleia: "schon gut, Ihr sollt Alles hören; folgt mir nur an einen andern Ort, wir wollen das wieder hergestellte Stammschloß unsrer lieben Vorfahren ein¬ mal ein wenig durchmustern, wir werden gewiß ein Plätz¬ chen finden, wo es uns besser gefällt, als in dem alten Hühnerstall, in dem wir ohnedieß dem Federvieh Platz ma¬ chen wollen, das gleich wieder hinein muß." Da drehte Ga¬ ckeleia den Ring und sprach: "Salomon, du weiser König, Dem die Geister unterthänig, Fülle gleich den Hühnerstall, Lass' die bunten Hühner all' Gackeln, scharren, glucken, brüten, Und vom hohen Hahn behüten; Alle soll er übersehen, Stolz mit Spornen einhergehen, Kamm und Sichelschweif hoch tragen, Streitbar mit den Flügeln schlagen; durch die Puppe verloren!“ Da ſagte aber Gackeleia gleich „Keine Puppe, es iſt nur und Gockel ſagte: „meinetwegen, ich will dir die RutheEine ſchoͤne Kunſtfigur“, nicht mehr geben, du biſt auch zu groß dazu, und Alles iſt ja wieder gut.“ „Aber wie haſt du nur Alles angefangen?“ ſagte Frau Hinkel, welche immer um die ſchoͤne, praͤchtige Jung¬ frau herumgegangen war, ſie zu betrachten und zu kuͤßen und zu druͤcken, „um Gotteswillen, Herz-Wunder-Gackeleia, erzaͤhle!“ „Ja, erzaͤhle“, rief Gockel und druͤckte ſie herzlich an ſeine Bruſt. Gackeleia aber erwiederte: „lobet mich nicht zu ſehr, geliebter Vater, denn all unſer neues Gluͤck haben wir allein Euch ſelbſt zu verdanken.“ „Mir?“ fragte Go¬ ckel, „das muͤßte ſeltſam zugehen; ach ich habe ja nichts thun koͤnnen, als vor den Haͤuſern nach dir ſuchend herum¬ betteln.“ Da ſagte Gackeleia: „ſchon gut, Ihr ſollt Alles hoͤren; folgt mir nur an einen andern Ort, wir wollen das wieder hergeſtellte Stammſchloß unſrer lieben Vorfahren ein¬ mal ein wenig durchmuſtern, wir werden gewiß ein Plaͤtz¬ chen finden, wo es uns beſſer gefaͤllt, als in dem alten Huͤhnerſtall, in dem wir ohnedieß dem Federvieh Platz ma¬ chen wollen, das gleich wieder hinein muß.“ Da drehte Ga¬ ckeleia den Ring und ſprach: „Salomon, du weiſer Koͤnig, Dem die Geiſter unterthaͤnig, Fuͤlle gleich den Huͤhnerſtall, Laſſ' die bunten Huͤhner all' Gackeln, ſcharren, glucken, bruͤten, Und vom hohen Hahn behuͤten; Alle ſoll er uͤberſehen, Stolz mit Spornen einhergehen, Kamm und Sichelſchweif hoch tragen, Streitbar mit den Fluͤgeln ſchlagen; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0184" n="140"/> durch die Puppe verloren!“ Da ſagte aber Gackeleia gleich<lb/> wieder:<lb/><lg type="poem"><l>„Keine Puppe, es iſt nur</l><lb/><l>Eine ſchoͤne Kunſtfigur“,</l><lb/></lg> und Gockel ſagte: „meinetwegen, ich will dir die Ruthe<lb/> nicht mehr geben, du biſt auch zu groß dazu, und Alles iſt ja<lb/> wieder gut.“ „Aber wie haſt du nur Alles angefangen?“ ſagte<lb/> Frau Hinkel, welche immer um die ſchoͤne, praͤchtige Jung¬<lb/> frau herumgegangen war, ſie zu betrachten und zu kuͤßen<lb/> und zu druͤcken, „um Gotteswillen, Herz-Wunder-Gackeleia,<lb/> erzaͤhle!“ „Ja, erzaͤhle“, rief Gockel und druͤckte ſie herzlich<lb/> an ſeine Bruſt. 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durch die Puppe verloren!“ Da ſagte aber Gackeleia gleich
wieder:
„Keine Puppe, es iſt nur
Eine ſchoͤne Kunſtfigur“,
und Gockel ſagte: „meinetwegen, ich will dir die Ruthe
nicht mehr geben, du biſt auch zu groß dazu, und Alles iſt ja
wieder gut.“ „Aber wie haſt du nur Alles angefangen?“ ſagte
Frau Hinkel, welche immer um die ſchoͤne, praͤchtige Jung¬
frau herumgegangen war, ſie zu betrachten und zu kuͤßen
und zu druͤcken, „um Gotteswillen, Herz-Wunder-Gackeleia,
erzaͤhle!“ „Ja, erzaͤhle“, rief Gockel und druͤckte ſie herzlich
an ſeine Bruſt. Gackeleia aber erwiederte: „lobet mich nicht
zu ſehr, geliebter Vater, denn all unſer neues Gluͤck haben
wir allein Euch ſelbſt zu verdanken.“ „Mir?“ fragte Go¬
ckel, „das muͤßte ſeltſam zugehen; ach ich habe ja nichts
thun koͤnnen, als vor den Haͤuſern nach dir ſuchend herum¬
betteln.“ Da ſagte Gackeleia: „ſchon gut, Ihr ſollt Alles
hoͤren; folgt mir nur an einen andern Ort, wir wollen das
wieder hergeſtellte Stammſchloß unſrer lieben Vorfahren ein¬
mal ein wenig durchmuſtern, wir werden gewiß ein Plaͤtz¬
chen finden, wo es uns beſſer gefaͤllt, als in dem alten
Huͤhnerſtall, in dem wir ohnedieß dem Federvieh Platz ma¬
chen wollen, das gleich wieder hinein muß.“ Da drehte Ga¬
ckeleia den Ring und ſprach:
„Salomon, du weiſer Koͤnig,
Dem die Geiſter unterthaͤnig,
Fuͤlle gleich den Huͤhnerſtall,
Laſſ' die bunten Huͤhner all'
Gackeln, ſcharren, glucken, bruͤten,
Und vom hohen Hahn behuͤten;
Alle ſoll er uͤberſehen,
Stolz mit Spornen einhergehen,
Kamm und Sichelſchweif hoch tragen,
Streitbar mit den Fluͤgeln ſchlagen;
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Zitationshilfe: | Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/184>, abgerufen am 16.07.2024. |