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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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tische um, da sah sie in das Gitter der Rosenschirms mehrere
Engelchen geflochten; einige reichten Körbe mit Rosenblättern,
Orangenblüthen und Mandelkleie herein, andre boten lange
weiche Tücher von weißer oder purpurfarbiger indischer Lein¬
wand oder Wolle dar. -- "Ach," sagte Frau Hinkel, "allen
Respekt vor der Frau Königin Balkis, aber sie muß viele
Zeit und wenige Schönheit gehabt haben, wenn sie Alles das
gebraucht hat, sich zu waschen; ich werde es nie gebrau¬
chen." -- "Da hast du wieder Recht," sagte Gockel, "es
ist auch nur ein Schau- und Familienstück, du wirst schon ein
andres Waschtischchen mit allem Nöthigen finden; ich aber
will meinen goldenen salomonischen Alektryo gleich gebrauchen,
denn ich sehe, er enthält nichts außer Stiefelzieher und
Stiefelhacken, Schuh-, Kleider- und Zahnbürste, Kamm
und Scheere, nicht viel mehr, als ein veritables englisches
Rasirzeug, das habe ich mir lange gewünscht," und somit
fing er gleich an und pinselte sich den Bart mit Seifen¬
schaum ein.

Gackeleia gieng auch nach ihrem Waschtischchen, aber
es wollte ihr nicht recht gefallen, denn es stand ein goldnes
Kätzchen darauf, das ein silbernes Hühnchen im Maul hatte.
Sie wollte schon wieder anfangen zu weinen, aber Frau Hin¬
kel sagte zu ihr: "komm Gackeleia, damit wir den Vater
beim Rasiren nicht stören, er ist es lange nicht mehr ge¬
wohnt, er könnte sich schneiden. -- Wir wollen in die Klei¬
derkammer gehen und uns unter das Bäumchen stellen und
sagen:

Bäumchen rüttel dich und schüttel dich,
Schüttle schöne Kleider über mich!"
Da verließ Gackeleia sehr erfreut die Stube mit ihr, und
bald traten sie in schönen Morgenkleidern von schneeweißem
Pique mit leichter Goldstickerei wieder herein.

Nun war die Sonne aufgegangen und der Nachtwäch¬
ter war auf den Markt gekommen und hatte das Wunder¬

tiſche um, da ſah ſie in das Gitter der Roſenſchirms mehrere
Engelchen geflochten; einige reichten Koͤrbe mit Roſenblaͤttern,
Orangenbluͤthen und Mandelkleie herein, andre boten lange
weiche Tuͤcher von weißer oder purpurfarbiger indiſcher Lein¬
wand oder Wolle dar. — „Ach,“ ſagte Frau Hinkel, „allen
Reſpekt vor der Frau Koͤnigin Balkis, aber ſie muß viele
Zeit und wenige Schoͤnheit gehabt haben, wenn ſie Alles das
gebraucht hat, ſich zu waſchen; ich werde es nie gebrau¬
chen.“ — „Da haſt du wieder Recht,“ ſagte Gockel, „es
iſt auch nur ein Schau- und Familienſtuͤck, du wirſt ſchon ein
andres Waſchtiſchchen mit allem Noͤthigen finden; ich aber
will meinen goldenen ſalomoniſchen Alektryo gleich gebrauchen,
denn ich ſehe, er enthaͤlt nichts außer Stiefelzieher und
Stiefelhacken, Schuh-, Kleider- und Zahnbuͤrſte, Kamm
und Scheere, nicht viel mehr, als ein veritables engliſches
Raſirzeug, das habe ich mir lange gewuͤnſcht,“ und ſomit
fing er gleich an und pinſelte ſich den Bart mit Seifen¬
ſchaum ein.

Gackeleia gieng auch nach ihrem Waſchtiſchchen, aber
es wollte ihr nicht recht gefallen, denn es ſtand ein goldnes
Kaͤtzchen darauf, das ein ſilbernes Huͤhnchen im Maul hatte.
Sie wollte ſchon wieder anfangen zu weinen, aber Frau Hin¬
kel ſagte zu ihr: „komm Gackeleia, damit wir den Vater
beim Raſiren nicht ſtoͤren, er iſt es lange nicht mehr ge¬
wohnt, er koͤnnte ſich ſchneiden. — Wir wollen in die Klei¬
derkammer gehen und uns unter das Baͤumchen ſtellen und
ſagen:

Baͤumchen ruͤttel dich und ſchuͤttel dich,
Schuͤttle ſchoͤne Kleider uͤber mich!“
Da verließ Gackeleia ſehr erfreut die Stube mit ihr, und
bald traten ſie in ſchoͤnen Morgenkleidern von ſchneeweißem
Piqué mit leichter Goldſtickerei wieder herein.

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ter war auf den Markt gekommen und hatte das Wunder¬

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[86/0120] tiſche um, da ſah ſie in das Gitter der Roſenſchirms mehrere Engelchen geflochten; einige reichten Koͤrbe mit Roſenblaͤttern, Orangenbluͤthen und Mandelkleie herein, andre boten lange weiche Tuͤcher von weißer oder purpurfarbiger indiſcher Lein¬ wand oder Wolle dar. — „Ach,“ ſagte Frau Hinkel, „allen Reſpekt vor der Frau Koͤnigin Balkis, aber ſie muß viele Zeit und wenige Schoͤnheit gehabt haben, wenn ſie Alles das gebraucht hat, ſich zu waſchen; ich werde es nie gebrau¬ chen.“ — „Da haſt du wieder Recht,“ ſagte Gockel, „es iſt auch nur ein Schau- und Familienſtuͤck, du wirſt ſchon ein andres Waſchtiſchchen mit allem Noͤthigen finden; ich aber will meinen goldenen ſalomoniſchen Alektryo gleich gebrauchen, denn ich ſehe, er enthaͤlt nichts außer Stiefelzieher und Stiefelhacken, Schuh-, Kleider- und Zahnbuͤrſte, Kamm und Scheere, nicht viel mehr, als ein veritables engliſches Raſirzeug, das habe ich mir lange gewuͤnſcht,“ und ſomit fing er gleich an und pinſelte ſich den Bart mit Seifen¬ ſchaum ein. Gackeleia gieng auch nach ihrem Waſchtiſchchen, aber es wollte ihr nicht recht gefallen, denn es ſtand ein goldnes Kaͤtzchen darauf, das ein ſilbernes Huͤhnchen im Maul hatte. Sie wollte ſchon wieder anfangen zu weinen, aber Frau Hin¬ kel ſagte zu ihr: „komm Gackeleia, damit wir den Vater beim Raſiren nicht ſtoͤren, er iſt es lange nicht mehr ge¬ wohnt, er koͤnnte ſich ſchneiden. — Wir wollen in die Klei¬ derkammer gehen und uns unter das Baͤumchen ſtellen und ſagen: Baͤumchen ruͤttel dich und ſchuͤttel dich, Schuͤttle ſchoͤne Kleider uͤber mich!“ Da verließ Gackeleia ſehr erfreut die Stube mit ihr, und bald traten ſie in ſchoͤnen Morgenkleidern von ſchneeweißem Piqué mit leichter Goldſtickerei wieder herein. Nun war die Sonne aufgegangen und der Nachtwaͤch¬ ter war auf den Markt gekommen und hatte das Wunder¬

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/120>, abgerufen am 09.11.2024.