Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.erlabt. -- Frau Hinkel that, wie Gockel befahl, und Go¬ "Salomo, du weiser König, Dem die Geister unterthänig, Füll' Frau Hinkel den Pokal Mit der reinsten Quelle Strahl, In der Felsen Herz entsprungen, Durch der Erde Brust gedrungen, Durch der Blüthen Duft geschwungen, Von der Nachtigall besungen, Von der Sterne Licht gegrüßt, Von des Mondes Strahl geküß't; Gieb zum Labsal durst'ger Zungen Ein Glas Wasser, bitt' dich drum! Ringlein, Ringlein, dreh dich um." Schon während diesen Worten plätscherte es unter den "Ach"! sagte Frau Hinkel, indem sie den Pokal wieder auf "Nachtigall, ich hör dich singen, s'Herz im Leib möcht mir zerspringen, Komme doch und sag mir bald, Wie sich Alles hier verhalt'. erlabt. — Frau Hinkel that, wie Gockel befahl, und Go¬ „Salomo, du weiſer Koͤnig, Dem die Geiſter unterthaͤnig, Fuͤll' Frau Hinkel den Pokal Mit der reinſten Quelle Strahl, In der Felſen Herz entſprungen, Durch der Erde Bruſt gedrungen, Durch der Bluͤthen Duft geſchwungen, Von der Nachtigall beſungen, Von der Sterne Licht gegruͤßt, Von des Mondes Strahl gekuͤß't; Gieb zum Labſal durſt'ger Zungen Ein Glas Waſſer, bitt' dich drum! Ringlein, Ringlein, dreh dich um.“ Schon waͤhrend dieſen Worten plaͤtſcherte es unter den „Ach“! ſagte Frau Hinkel, indem ſie den Pokal wieder auf „Nachtigall, ich hoͤr dich ſingen, s'Herz im Leib moͤcht mir zerſpringen, Komme doch und ſag mir bald, Wie ſich Alles hier verhalt'. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0112" n="78"/> erlabt. — Frau Hinkel that, wie Gockel befahl, und Go¬<lb/> ckel ſprach den Ring drehend:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Salomo, du weiſer Koͤnig,</l><lb/> <l>Dem die Geiſter unterthaͤnig,</l><lb/> <l>Fuͤll' Frau Hinkel den Pokal</l><lb/> <l>Mit der reinſten Quelle Strahl,</l><lb/> <l>In der Felſen Herz entſprungen,</l><lb/> <l>Durch der Erde Bruſt gedrungen,</l><lb/> <l>Durch der Bluͤthen Duft geſchwungen,</l><lb/> <l>Von der Nachtigall beſungen,</l><lb/> <l>Von der Sterne Licht gegruͤßt,</l><lb/> <l>Von des Mondes Strahl gekuͤß't;</l><lb/> <l>Gieb zum Labſal durſt'ger Zungen</l><lb/> <l>Ein Glas Waſſer, bitt' dich drum!</l><lb/> <l>Ringlein, Ringlein, dreh dich um.“</l><lb/> </lg> <p>Schon waͤhrend dieſen Worten plaͤtſcherte es unter den<lb/> Orangen-Baͤumen heftiger, die Blaͤtter bewegten ſich, die<lb/> Bluͤthen kuͤßten ſich, und zwiſchen ihnen ſpritzte der feine, im<lb/> Mond- und Sternenlicht ſchimmernde Strahl eines Spring¬<lb/> brunnens aus dem unten liegenden Garten empor und fuͤllte<lb/> den Pokal, welchen die Hand der Frau Hinkel hinaushielt,<lb/> ohne ſie ſelbſt im Mindeſten zu benetzen. Frau Hinkel trank<lb/> und trank wieder, auch Gockel trank, und die allerliebſte Frau<lb/> Nachtigall ſang in der nahen Linde das freundlichſte: „Wohl<lb/> bekomm's, Frau Graͤfin von Hennegau“ dazu.</p><lb/> <p>„Ach“! ſagte Frau Hinkel, indem ſie den Pokal wieder auf<lb/> den Waſchtiſch ſetzte, „das hat aber einmal geſchmeckt, das<lb/> Waſſer duftete ganz von Bluͤthen, und wie die liebe Nach¬<lb/> tigall ſingt“! — „Horch“! ſagte Gockel, „da ſingt noch was“,<lb/> es war aber der Kutſcher, der den Haber ſiebte; als er die<lb/> Nachtigall hoͤrte, fieng er an zu ſingen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Nachtigall, ich hoͤr dich ſingen,</l><lb/> <l>s'Herz im Leib moͤcht mir zerſpringen,</l><lb/> <l>Komme doch und ſag mir bald,</l><lb/> <l>Wie ſich Alles hier verhalt'.</l><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [78/0112]
erlabt. — Frau Hinkel that, wie Gockel befahl, und Go¬
ckel ſprach den Ring drehend:
„Salomo, du weiſer Koͤnig,
Dem die Geiſter unterthaͤnig,
Fuͤll' Frau Hinkel den Pokal
Mit der reinſten Quelle Strahl,
In der Felſen Herz entſprungen,
Durch der Erde Bruſt gedrungen,
Durch der Bluͤthen Duft geſchwungen,
Von der Nachtigall beſungen,
Von der Sterne Licht gegruͤßt,
Von des Mondes Strahl gekuͤß't;
Gieb zum Labſal durſt'ger Zungen
Ein Glas Waſſer, bitt' dich drum!
Ringlein, Ringlein, dreh dich um.“
Schon waͤhrend dieſen Worten plaͤtſcherte es unter den
Orangen-Baͤumen heftiger, die Blaͤtter bewegten ſich, die
Bluͤthen kuͤßten ſich, und zwiſchen ihnen ſpritzte der feine, im
Mond- und Sternenlicht ſchimmernde Strahl eines Spring¬
brunnens aus dem unten liegenden Garten empor und fuͤllte
den Pokal, welchen die Hand der Frau Hinkel hinaushielt,
ohne ſie ſelbſt im Mindeſten zu benetzen. Frau Hinkel trank
und trank wieder, auch Gockel trank, und die allerliebſte Frau
Nachtigall ſang in der nahen Linde das freundlichſte: „Wohl
bekomm's, Frau Graͤfin von Hennegau“ dazu.
„Ach“! ſagte Frau Hinkel, indem ſie den Pokal wieder auf
den Waſchtiſch ſetzte, „das hat aber einmal geſchmeckt, das
Waſſer duftete ganz von Bluͤthen, und wie die liebe Nach¬
tigall ſingt“! — „Horch“! ſagte Gockel, „da ſingt noch was“,
es war aber der Kutſcher, der den Haber ſiebte; als er die
Nachtigall hoͤrte, fieng er an zu ſingen:
„Nachtigall, ich hoͤr dich ſingen,
s'Herz im Leib moͤcht mir zerſpringen,
Komme doch und ſag mir bald,
Wie ſich Alles hier verhalt'.
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