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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901.

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große Anzahl Juden, die nur einen Messias wollten,
der ihnen irdische Macht und Herrlichkeit bringen sollte.
Es haßten ihn viele gottlose und verkommene Menschen,
die seine reine Sittenlehre nicht ertragen konnten. Es
haßte ihn selbst einer aus der Zwölfzahl der bevorzugten
Jünger und vollbrachte an ihm die boshafteste und
schwärzeste That, indem er ihn an seine Todfeinde aus-
lieferte. Welch' höllischer Haß gegen Christus glühte
in vielen Herzen am ersten blutigen Charfreitage, da
man ihn mit dem schweren Kreuze auf der wunden
Schulter unter Hohn und Spott aus der Stadt hinaus-
trieb und ihn dann auf dem Calvarienberge mit eisernen
Nägeln an dieses Kreuz anheftete! Aber nachdem
nun der Heiland an diesem Holze der Schmach ver-
blutet, nachdem er im Tode sein dornumflochtenes Haupt
auf die Schulter gesenkt und seinen Geist ausgehaucht
hat, wird doch die Flamme des Hasses gegen ihn sinken
und nach und nach ganz ersterben? Man sollte es
meinen; aber es kam anders. Der Haß gegen ihn
erstarb nicht, sondern erfaßte immer mehr Herzen und
stieg bis zu einer unbegreiflichen Höhe.

Schon sind zwei Jahrhunderte nach seinem schmerz-
lichen Tode verflossen und im ganzen römischen Reiche
besitzt der Haß gegen Christus noch seine lebendige
Frische und Gluth. Alles ist in größter Aufregung,
der Kaiser, die Präfecten, die Richter, die Philosophen,
die Götzenpriester, die Masse des Volkes. Ihr Auge
sprüht Feuer; die Gluth des wildesten Zornes lodert
auf ihrem Angesichte; eine Fluth von Flüchen und

große Anzahl Juden, die nur einen Messias wollten,
der ihnen irdische Macht und Herrlichkeit bringen sollte.
Es haßten ihn viele gottlose und verkommene Menschen,
die seine reine Sittenlehre nicht ertragen konnten. Es
haßte ihn selbst einer aus der Zwölfzahl der bevorzugten
Jünger und vollbrachte an ihm die boshafteste und
schwärzeste That, indem er ihn an seine Todfeinde aus-
lieferte. Welch' höllischer Haß gegen Christus glühte
in vielen Herzen am ersten blutigen Charfreitage, da
man ihn mit dem schweren Kreuze auf der wunden
Schulter unter Hohn und Spott aus der Stadt hinaus-
trieb und ihn dann auf dem Calvarienberge mit eisernen
Nägeln an dieses Kreuz anheftete! Aber nachdem
nun der Heiland an diesem Holze der Schmach ver-
blutet, nachdem er im Tode sein dornumflochtenes Haupt
auf die Schulter gesenkt und seinen Geist ausgehaucht
hat, wird doch die Flamme des Hasses gegen ihn sinken
und nach und nach ganz ersterben? Man sollte es
meinen; aber es kam anders. Der Haß gegen ihn
erstarb nicht, sondern erfaßte immer mehr Herzen und
stieg bis zu einer unbegreiflichen Höhe.

Schon sind zwei Jahrhunderte nach seinem schmerz-
lichen Tode verflossen und im ganzen römischen Reiche
besitzt der Haß gegen Christus noch seine lebendige
Frische und Gluth. Alles ist in größter Aufregung,
der Kaiser, die Präfecten, die Richter, die Philosophen,
die Götzenpriester, die Masse des Volkes. Ihr Auge
sprüht Feuer; die Gluth des wildesten Zornes lodert
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[83/0095] große Anzahl Juden, die nur einen Messias wollten, der ihnen irdische Macht und Herrlichkeit bringen sollte. Es haßten ihn viele gottlose und verkommene Menschen, die seine reine Sittenlehre nicht ertragen konnten. Es haßte ihn selbst einer aus der Zwölfzahl der bevorzugten Jünger und vollbrachte an ihm die boshafteste und schwärzeste That, indem er ihn an seine Todfeinde aus- lieferte. Welch' höllischer Haß gegen Christus glühte in vielen Herzen am ersten blutigen Charfreitage, da man ihn mit dem schweren Kreuze auf der wunden Schulter unter Hohn und Spott aus der Stadt hinaus- trieb und ihn dann auf dem Calvarienberge mit eisernen Nägeln an dieses Kreuz anheftete! Aber nachdem nun der Heiland an diesem Holze der Schmach ver- blutet, nachdem er im Tode sein dornumflochtenes Haupt auf die Schulter gesenkt und seinen Geist ausgehaucht hat, wird doch die Flamme des Hasses gegen ihn sinken und nach und nach ganz ersterben? Man sollte es meinen; aber es kam anders. Der Haß gegen ihn erstarb nicht, sondern erfaßte immer mehr Herzen und stieg bis zu einer unbegreiflichen Höhe. Schon sind zwei Jahrhunderte nach seinem schmerz- lichen Tode verflossen und im ganzen römischen Reiche besitzt der Haß gegen Christus noch seine lebendige Frische und Gluth. Alles ist in größter Aufregung, der Kaiser, die Präfecten, die Richter, die Philosophen, die Götzenpriester, die Masse des Volkes. Ihr Auge sprüht Feuer; die Gluth des wildesten Zornes lodert auf ihrem Angesichte; eine Fluth von Flüchen und

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Zitationshilfe: Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/95>, abgerufen am 09.11.2024.