werden. Wenn wir nun den Sonntag nach Absicht der Kirche heiligen, dem Gottesdienst mit Andacht beiwohnen, das Wort Gottes mit Aufmerksamkeit anhören und dazu am Nachmittag oder Abend noch in einem guten Buche lesen, dann lernen wir unsern Glauben immer besser kennen, dringen immer tiefer ein in seine er- habenen Wahrheiten. An unserm Geiste ziehen im Laufe des Kirchenjahres all die großen Geheimnisse der Religion vorüber. Jetzt knieen wir vor dem göttlichen Kinde in der Krippe und beten es demüthig an; dann betrachten wir mit Staunen sein verborgenes Leben in dem kleinen Hause und in der armen Werkstätte zu Nazareth und lernen dort Tugenden, die für das ge- sellschaftliche Leben so eminent wichtig sind; ein anderes- mal hören wir den göttlichen Lehrer, wie er uns bald mahnt zur wahren Nächstenliebe, bald warnt vor der falschen Gerechtigkeit; dann wird unser Auge hingerichtet auf das schmerzliche Leiden, das Jesus zu unserer Er- lösung am Kreuze erduldete, oder wir sind Zeugen seiner Auferstehung oder wir sehen im Geiste schon voraus, wie er einst in Herrlichkeit und Majestät kommt, zu richten die Lebendigen und die Todten. Wir werden innig vertraut mit all den hehren christlichen Wahr- heiten, die unserm Verstande himmlisches Licht und unserm Willen höhere übernatürliche Kraft schenken. Der Glaube wird uns theuer, wir lieben ihn als unser kostbarstes Kleinod.
Wenn wir dagegen den Sonntag nicht heiligen, uns an demselben nicht kümmern um das Wort Gottes, um
werden. Wenn wir nun den Sonntag nach Absicht der Kirche heiligen, dem Gottesdienst mit Andacht beiwohnen, das Wort Gottes mit Aufmerksamkeit anhören und dazu am Nachmittag oder Abend noch in einem guten Buche lesen, dann lernen wir unsern Glauben immer besser kennen, dringen immer tiefer ein in seine er- habenen Wahrheiten. An unserm Geiste ziehen im Laufe des Kirchenjahres all die großen Geheimnisse der Religion vorüber. Jetzt knieen wir vor dem göttlichen Kinde in der Krippe und beten es demüthig an; dann betrachten wir mit Staunen sein verborgenes Leben in dem kleinen Hause und in der armen Werkstätte zu Nazareth und lernen dort Tugenden, die für das ge- sellschaftliche Leben so eminent wichtig sind; ein anderes- mal hören wir den göttlichen Lehrer, wie er uns bald mahnt zur wahren Nächstenliebe, bald warnt vor der falschen Gerechtigkeit; dann wird unser Auge hingerichtet auf das schmerzliche Leiden, das Jesus zu unserer Er- lösung am Kreuze erduldete, oder wir sind Zeugen seiner Auferstehung oder wir sehen im Geiste schon voraus, wie er einst in Herrlichkeit und Majestät kommt, zu richten die Lebendigen und die Todten. Wir werden innig vertraut mit all den hehren christlichen Wahr- heiten, die unserm Verstande himmlisches Licht und unserm Willen höhere übernatürliche Kraft schenken. Der Glaube wird uns theuer, wir lieben ihn als unser kostbarstes Kleinod.
Wenn wir dagegen den Sonntag nicht heiligen, uns an demselben nicht kümmern um das Wort Gottes, um
<TEI><text><body><divn="6"><divn="1"><p><pbfacs="#f0139"xml:id="B836_001_1901_pb0127_0001"n="127"/>
werden. Wenn wir nun den Sonntag nach Absicht der<lb/>
Kirche heiligen, dem Gottesdienst mit Andacht beiwohnen,<lb/>
das Wort Gottes mit Aufmerksamkeit anhören und<lb/>
dazu am Nachmittag oder Abend noch in einem guten<lb/>
Buche lesen, dann lernen wir unsern Glauben immer<lb/>
besser kennen, dringen immer tiefer ein in seine er-<lb/>
habenen Wahrheiten. An unserm Geiste ziehen im<lb/>
Laufe des Kirchenjahres all die großen Geheimnisse der<lb/>
Religion vorüber. Jetzt knieen wir vor dem göttlichen<lb/>
Kinde in der Krippe und beten es demüthig an; dann<lb/>
betrachten wir mit Staunen sein verborgenes Leben in<lb/>
dem kleinen Hause und in der armen Werkstätte zu<lb/>
Nazareth und lernen dort Tugenden, die für das ge-<lb/>
sellschaftliche Leben so eminent wichtig sind; ein anderes-<lb/>
mal hören wir den göttlichen Lehrer, wie er uns bald<lb/>
mahnt zur wahren Nächstenliebe, bald warnt vor der<lb/>
falschen Gerechtigkeit; dann wird unser Auge hingerichtet<lb/>
auf das schmerzliche Leiden, das Jesus zu unserer Er-<lb/>
lösung am Kreuze erduldete, oder wir sind Zeugen seiner<lb/>
Auferstehung oder wir sehen im Geiste schon voraus,<lb/>
wie er einst in Herrlichkeit und Majestät kommt, zu<lb/>
richten die Lebendigen und die Todten. Wir werden<lb/>
innig vertraut mit all den hehren christlichen Wahr-<lb/>
heiten, die unserm Verstande himmlisches Licht und<lb/>
unserm Willen höhere übernatürliche Kraft schenken.<lb/>
Der Glaube wird uns theuer, wir lieben ihn als unser<lb/>
kostbarstes Kleinod.</p><p>Wenn wir dagegen den Sonntag nicht heiligen, uns<lb/>
an demselben nicht kümmern um das Wort Gottes, um<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[127/0139]
werden. Wenn wir nun den Sonntag nach Absicht der
Kirche heiligen, dem Gottesdienst mit Andacht beiwohnen,
das Wort Gottes mit Aufmerksamkeit anhören und
dazu am Nachmittag oder Abend noch in einem guten
Buche lesen, dann lernen wir unsern Glauben immer
besser kennen, dringen immer tiefer ein in seine er-
habenen Wahrheiten. An unserm Geiste ziehen im
Laufe des Kirchenjahres all die großen Geheimnisse der
Religion vorüber. Jetzt knieen wir vor dem göttlichen
Kinde in der Krippe und beten es demüthig an; dann
betrachten wir mit Staunen sein verborgenes Leben in
dem kleinen Hause und in der armen Werkstätte zu
Nazareth und lernen dort Tugenden, die für das ge-
sellschaftliche Leben so eminent wichtig sind; ein anderes-
mal hören wir den göttlichen Lehrer, wie er uns bald
mahnt zur wahren Nächstenliebe, bald warnt vor der
falschen Gerechtigkeit; dann wird unser Auge hingerichtet
auf das schmerzliche Leiden, das Jesus zu unserer Er-
lösung am Kreuze erduldete, oder wir sind Zeugen seiner
Auferstehung oder wir sehen im Geiste schon voraus,
wie er einst in Herrlichkeit und Majestät kommt, zu
richten die Lebendigen und die Todten. Wir werden
innig vertraut mit all den hehren christlichen Wahr-
heiten, die unserm Verstande himmlisches Licht und
unserm Willen höhere übernatürliche Kraft schenken.
Der Glaube wird uns theuer, wir lieben ihn als unser
kostbarstes Kleinod.
Wenn wir dagegen den Sonntag nicht heiligen, uns
an demselben nicht kümmern um das Wort Gottes, um
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/139>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.