Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Käfer. Blatthörner.
mäßiger Punkte ab. Das getrennte Kopfschild umgibt eine zarte, vorn gerade Randleiste. Das
Halsschild paßt genau an die Wurzel der Flügeldecken und verengt sich nach vorn. Außen
zweizähnige Vordertarsen und Doppelspitzen der größeren Klauen zeichnen die vorderen Beine aus;
an der äußeren Lade des Unterkiefers stehen sechs Zähne, oben einer, dann zwei und unten drei. --
Die Larve lebt an den Wurzeln verschiedener Stauden und verschont auch Topfgewächse (Saxifraga,
Trollius
und andere) nicht.

Der Julikäfer (Anomala Frischii), oval in seinen Umrissen, stark gewölbt und etwas
größer (6'''), steht dem vorigen sehr nahe, sieht auch erzgrün aus, an den Seitenrändern des Hals-
schildes und den Flügeldecken bedeutend lichter. Die saudigen Niederungen scheinen ihm besonders
zu behagen. Jch sah ihn in der Mark Brandenburg und anderwärts in solchen Mengen auf
Weidenbüschen, daß die Käfer die Stelle der vollständig verschwundenen Blätter einzunehmen schienen.
Man kann wohl annehmen, daß die meisten Arten der Regel nach in größeren Gesellschaften
auftreten.

Wir kommen nun zu den Dynastiden, will sagen, zu den Riesen der ganzen Familie,
Lamellikornen, welche sich durch die gleichen Klauen von der vorigen Sippe, durch quere, eingesenkte
Vorderhüften von den folgenden, den Cetonien, unterscheiden. Das Kopfschild verwächst bei ihnen
mit dem Gesicht und läßt den Außenrand der Kinnbacken unbedeckt. Diese sind hornig, innen
gezähnt und meist auf kurze Strecke mit Haarwimpern besetzt. Der äußere Lappen der Unter-
kiefer verwächst mit dem inneren und die hornige Zunge mit dem Kinne. Die fast immer
zehngliederigen Fühler verwenden die drei letzten zur Keulenbildung. Das Hüftblatt der Hinterbrust
ist immer deutlich, mäßig groß und dreieckig; die drei letzten Luftlöcher des Hinterleibes rücken nach
außen. Diesen sammt den beiden letzten Thorarringen umschließen von den Seiten her die in
der Regel glatten, braun oder schwarz gefärbten Flügeldecken. Die nahezu vierhundert Arten
haltende Sippe beschränkt sich fast ausschließlich auf die Tropen, und Amerika allein hat die größere
Hälfte aufzuweisen; nur zwölf kommen in Europa vor. Wir finden hier die größten aller Blätter-
hörner und die bedeutendsten Geschlechtsdifferenzen, Männchen mit gewaltigem Gehörn an Kopf
oder Vorderrücken, Auswüchse, von deren Zwecken wir uns in den wenigsten Fällen Rechenschaft
geben können. Die meisten halten sich am Tage verborgen in faulem Holze, Baumlöchern, unter
dürrem Laube und an ähnlichen Verstecken, werden des Nachts lebendiger und gebrauchen nach
langen Vorbereitungen und anhaltendem Pumpen ihre Flügel zu schwerfälligem, weithin hörbarem
Fluge. Die paar Larven, welche man zur Zeit kennt, leben in faulendem Holze und gleichen
sehr denen der Laubkäfer durch die Querfalten über dem Körper, welche das Zählen der Glieder
erschweren, und durch die sackartige Erweiterung des Endes; im Verhältniß zum gedrungenen,
feisten Leibe erscheint der Kopf schmal; Zähne an der Spitze und Querriefen an der Außenseite
charakterisiren die Kinnbacken, und mehr oder weniger dichte Sammethaare decken den Körper außer
einzelnen Borsten. Vor der Verwandlung, welche Jahre beausprucht, fertigen die Larven ein
festes Cocon aus einer dicken Schicht ihrer Umgebung, in welchem der Käfer so lange verweilt,
bis er, vollkommen erhärtet, dasselbe ohne Verdrückungen und Quetschungen an seiner Oberfläche
zu durchdringen im Stande ist; und doch scheinen die krüppelhaften Hörner und allerlei andere
Verunstaltungen, welche man nicht selten bei einzelnen Jndividnen zu sehen bekommt, darauf hinzu-
deuten, daß diese zu vorwitzig waren und die Zeit nicht abwarten konnten.

Eine gewisse Berühmtheit durch Größe und Form hat das Männchen des Herkuleskäfers
(Dynastes Hercules) erlangt. Dasselbe wird bis einen halben Fuß lang, wovon ein vom Vorder-
rücken geradeaus gehendes, etwas nach unten gekrümmtes Horn die kleine Hälfte ausmacht. Dasselbe,
unten mit gelber Haarbürste ausgestattet, bedeckt in der Oberansicht ein zweites aufgerichtetes,
dem Kopfe entspringendes Horn von ungefähr 2/3 der Länge des ersten. Die beiden Hörner, das
obere mit zwei Seitenzähnen nahe der Mitte, das untere mit mehreren an der Jnnenseite, sind,

Die Käfer. Blatthörner.
mäßiger Punkte ab. Das getrennte Kopfſchild umgibt eine zarte, vorn gerade Randleiſte. Das
Halsſchild paßt genau an die Wurzel der Flügeldecken und verengt ſich nach vorn. Außen
zweizähnige Vordertarſen und Doppelſpitzen der größeren Klauen zeichnen die vorderen Beine aus;
an der äußeren Lade des Unterkiefers ſtehen ſechs Zähne, oben einer, dann zwei und unten drei. —
Die Larve lebt an den Wurzeln verſchiedener Stauden und verſchont auch Topfgewächſe (Saxifraga,
Trollius
und andere) nicht.

Der Julikäfer (Anomala Frischii), oval in ſeinen Umriſſen, ſtark gewölbt und etwas
größer (6‴), ſteht dem vorigen ſehr nahe, ſieht auch erzgrün aus, an den Seitenrändern des Hals-
ſchildes und den Flügeldecken bedeutend lichter. Die ſaudigen Niederungen ſcheinen ihm beſonders
zu behagen. Jch ſah ihn in der Mark Brandenburg und anderwärts in ſolchen Mengen auf
Weidenbüſchen, daß die Käfer die Stelle der vollſtändig verſchwundenen Blätter einzunehmen ſchienen.
Man kann wohl annehmen, daß die meiſten Arten der Regel nach in größeren Geſellſchaften
auftreten.

Wir kommen nun zu den Dynaſtiden, will ſagen, zu den Rieſen der ganzen Familie,
Lamellikornen, welche ſich durch die gleichen Klauen von der vorigen Sippe, durch quere, eingeſenkte
Vorderhüften von den folgenden, den Cetonien, unterſcheiden. Das Kopfſchild verwächſt bei ihnen
mit dem Geſicht und läßt den Außenrand der Kinnbacken unbedeckt. Dieſe ſind hornig, innen
gezähnt und meiſt auf kurze Strecke mit Haarwimpern beſetzt. Der äußere Lappen der Unter-
kiefer verwächſt mit dem inneren und die hornige Zunge mit dem Kinne. Die faſt immer
zehngliederigen Fühler verwenden die drei letzten zur Keulenbildung. Das Hüftblatt der Hinterbruſt
iſt immer deutlich, mäßig groß und dreieckig; die drei letzten Luftlöcher des Hinterleibes rücken nach
außen. Dieſen ſammt den beiden letzten Thorarringen umſchließen von den Seiten her die in
der Regel glatten, braun oder ſchwarz gefärbten Flügeldecken. Die nahezu vierhundert Arten
haltende Sippe beſchränkt ſich faſt ausſchließlich auf die Tropen, und Amerika allein hat die größere
Hälfte aufzuweiſen; nur zwölf kommen in Europa vor. Wir finden hier die größten aller Blätter-
hörner und die bedeutendſten Geſchlechtsdifferenzen, Männchen mit gewaltigem Gehörn an Kopf
oder Vorderrücken, Auswüchſe, von deren Zwecken wir uns in den wenigſten Fällen Rechenſchaft
geben können. Die meiſten halten ſich am Tage verborgen in faulem Holze, Baumlöchern, unter
dürrem Laube und an ähnlichen Verſtecken, werden des Nachts lebendiger und gebrauchen nach
langen Vorbereitungen und anhaltendem Pumpen ihre Flügel zu ſchwerfälligem, weithin hörbarem
Fluge. Die paar Larven, welche man zur Zeit kennt, leben in faulendem Holze und gleichen
ſehr denen der Laubkäfer durch die Querfalten über dem Körper, welche das Zählen der Glieder
erſchweren, und durch die ſackartige Erweiterung des Endes; im Verhältniß zum gedrungenen,
feiſten Leibe erſcheint der Kopf ſchmal; Zähne an der Spitze und Querriefen an der Außenſeite
charakteriſiren die Kinnbacken, und mehr oder weniger dichte Sammethaare decken den Körper außer
einzelnen Borſten. Vor der Verwandlung, welche Jahre beauſprucht, fertigen die Larven ein
feſtes Cocon aus einer dicken Schicht ihrer Umgebung, in welchem der Käfer ſo lange verweilt,
bis er, vollkommen erhärtet, daſſelbe ohne Verdrückungen und Quetſchungen an ſeiner Oberfläche
zu durchdringen im Stande iſt; und doch ſcheinen die krüppelhaften Hörner und allerlei andere
Verunſtaltungen, welche man nicht ſelten bei einzelnen Jndividnen zu ſehen bekommt, darauf hinzu-
deuten, daß dieſe zu vorwitzig waren und die Zeit nicht abwarten konnten.

Eine gewiſſe Berühmtheit durch Größe und Form hat das Männchen des Herkuleskäfers
(Dynastes Hercules) erlangt. Daſſelbe wird bis einen halben Fuß lang, wovon ein vom Vorder-
rücken geradeaus gehendes, etwas nach unten gekrümmtes Horn die kleine Hälfte ausmacht. Daſſelbe,
unten mit gelber Haarbürſte ausgeſtattet, bedeckt in der Oberanſicht ein zweites aufgerichtetes,
dem Kopfe entſpringendes Horn von ungefähr ⅔ der Länge des erſten. Die beiden Hörner, das
obere mit zwei Seitenzähnen nahe der Mitte, das untere mit mehreren an der Jnnenſeite, ſind,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <floatingText>
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0094" n="76"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Käfer. Blatthörner.</hi></fw><lb/>
mäßiger Punkte ab. Das getrennte Kopf&#x017F;child umgibt eine zarte, vorn gerade Randlei&#x017F;te. Das<lb/>
Hals&#x017F;child paßt genau an die Wurzel der Flügeldecken und verengt &#x017F;ich nach vorn. Außen<lb/>
zweizähnige Vordertar&#x017F;en und Doppel&#x017F;pitzen der größeren Klauen zeichnen die vorderen Beine aus;<lb/>
an der äußeren Lade des Unterkiefers &#x017F;tehen &#x017F;echs Zähne, oben einer, dann zwei und unten drei. &#x2014;<lb/>
Die Larve lebt an den Wurzeln ver&#x017F;chiedener Stauden und ver&#x017F;chont auch Topfgewäch&#x017F;e (<hi rendition="#aq">Saxifraga,<lb/>
Trollius</hi> und andere) nicht.</p><lb/>
              <p>Der <hi rendition="#g">Julikäfer</hi> (<hi rendition="#aq">Anomala Frischii</hi>), oval in &#x017F;einen Umri&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;tark gewölbt und etwas<lb/>
größer (6&#x2034;), &#x017F;teht dem vorigen &#x017F;ehr nahe, &#x017F;ieht auch erzgrün aus, an den Seitenrändern des Hals-<lb/>
&#x017F;childes und den Flügeldecken bedeutend lichter. Die &#x017F;audigen Niederungen &#x017F;cheinen ihm be&#x017F;onders<lb/>
zu behagen. Jch &#x017F;ah ihn in der Mark Brandenburg und anderwärts in &#x017F;olchen Mengen auf<lb/>
Weidenbü&#x017F;chen, daß die Käfer die Stelle der voll&#x017F;tändig ver&#x017F;chwundenen Blätter einzunehmen &#x017F;chienen.<lb/>
Man kann wohl annehmen, daß die mei&#x017F;ten Arten der Regel nach in größeren Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften<lb/>
auftreten.</p><lb/>
              <p>Wir kommen nun zu den <hi rendition="#g">Dyna&#x017F;tiden,</hi> will &#x017F;agen, zu den Rie&#x017F;en der ganzen Familie,<lb/>
Lamellikornen, welche &#x017F;ich durch die gleichen Klauen von der vorigen Sippe, durch quere, einge&#x017F;enkte<lb/>
Vorderhüften von den folgenden, den Cetonien, unter&#x017F;cheiden. Das Kopf&#x017F;child verwäch&#x017F;t bei ihnen<lb/>
mit dem Ge&#x017F;icht und läßt den Außenrand der Kinnbacken unbedeckt. Die&#x017F;e &#x017F;ind hornig, innen<lb/>
gezähnt und mei&#x017F;t auf kurze Strecke mit Haarwimpern be&#x017F;etzt. Der äußere Lappen der Unter-<lb/>
kiefer verwäch&#x017F;t mit dem inneren und die hornige Zunge mit dem Kinne. Die fa&#x017F;t immer<lb/>
zehngliederigen Fühler verwenden die drei letzten zur Keulenbildung. Das Hüftblatt der Hinterbru&#x017F;t<lb/>
i&#x017F;t immer deutlich, mäßig groß und dreieckig; die drei letzten Luftlöcher des Hinterleibes rücken nach<lb/>
außen. Die&#x017F;en &#x017F;ammt den beiden letzten Thorarringen um&#x017F;chließen von den Seiten her die in<lb/>
der Regel glatten, braun oder &#x017F;chwarz gefärbten Flügeldecken. Die nahezu vierhundert Arten<lb/>
haltende Sippe be&#x017F;chränkt &#x017F;ich fa&#x017F;t aus&#x017F;chließlich auf die Tropen, und Amerika allein hat die größere<lb/>
Hälfte aufzuwei&#x017F;en; nur zwölf kommen in Europa vor. Wir finden hier die größten aller Blätter-<lb/>
hörner und die bedeutend&#x017F;ten Ge&#x017F;chlechtsdifferenzen, Männchen mit gewaltigem Gehörn an Kopf<lb/>
oder Vorderrücken, Auswüch&#x017F;e, von deren Zwecken wir uns in den wenig&#x017F;ten Fällen Rechen&#x017F;chaft<lb/>
geben können. Die mei&#x017F;ten halten &#x017F;ich am Tage verborgen in faulem Holze, Baumlöchern, unter<lb/>
dürrem Laube und an ähnlichen Ver&#x017F;tecken, werden des Nachts lebendiger und gebrauchen nach<lb/>
langen Vorbereitungen und anhaltendem Pumpen ihre Flügel zu &#x017F;chwerfälligem, weithin hörbarem<lb/>
Fluge. Die paar <hi rendition="#g">Larven,</hi> welche man zur Zeit kennt, leben in faulendem Holze und gleichen<lb/>
&#x017F;ehr denen der Laubkäfer durch die Querfalten über dem Körper, welche das Zählen der Glieder<lb/>
er&#x017F;chweren, und durch die &#x017F;ackartige Erweiterung des Endes; im Verhältniß zum gedrungenen,<lb/>
fei&#x017F;ten Leibe er&#x017F;cheint der Kopf &#x017F;chmal; Zähne an der Spitze und Querriefen an der Außen&#x017F;eite<lb/>
charakteri&#x017F;iren die Kinnbacken, und mehr oder weniger dichte Sammethaare decken den Körper außer<lb/>
einzelnen Bor&#x017F;ten. Vor der Verwandlung, welche Jahre beau&#x017F;prucht, fertigen die Larven ein<lb/>
fe&#x017F;tes Cocon aus einer dicken Schicht ihrer Umgebung, in welchem der Käfer &#x017F;o lange verweilt,<lb/>
bis er, vollkommen erhärtet, da&#x017F;&#x017F;elbe ohne Verdrückungen und Quet&#x017F;chungen an &#x017F;einer Oberfläche<lb/>
zu durchdringen im Stande i&#x017F;t; und doch &#x017F;cheinen die krüppelhaften Hörner und allerlei andere<lb/>
Verun&#x017F;taltungen, welche man nicht &#x017F;elten bei einzelnen Jndividnen zu &#x017F;ehen bekommt, darauf hinzu-<lb/>
deuten, daß die&#x017F;e zu vorwitzig waren und die Zeit nicht abwarten konnten.</p><lb/>
              <p>Eine gewi&#x017F;&#x017F;e Berühmtheit durch Größe und Form hat das Männchen des <hi rendition="#g">Herkuleskäfers</hi><lb/>
(<hi rendition="#aq">Dynastes Hercules</hi>) erlangt. Da&#x017F;&#x017F;elbe wird bis einen halben Fuß lang, wovon ein vom Vorder-<lb/>
rücken geradeaus gehendes, etwas nach unten gekrümmtes Horn die kleine Hälfte ausmacht. Da&#x017F;&#x017F;elbe,<lb/>
unten mit gelber Haarbür&#x017F;te ausge&#x017F;tattet, bedeckt in der Oberan&#x017F;icht ein zweites aufgerichtetes,<lb/>
dem Kopfe ent&#x017F;pringendes Horn von ungefähr &#x2154; der Länge des er&#x017F;ten. Die beiden Hörner, das<lb/>
obere mit zwei Seitenzähnen nahe der Mitte, das untere mit mehreren an der Jnnen&#x017F;eite, &#x017F;ind,<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </body>
      </floatingText>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0094] Die Käfer. Blatthörner. mäßiger Punkte ab. Das getrennte Kopfſchild umgibt eine zarte, vorn gerade Randleiſte. Das Halsſchild paßt genau an die Wurzel der Flügeldecken und verengt ſich nach vorn. Außen zweizähnige Vordertarſen und Doppelſpitzen der größeren Klauen zeichnen die vorderen Beine aus; an der äußeren Lade des Unterkiefers ſtehen ſechs Zähne, oben einer, dann zwei und unten drei. — Die Larve lebt an den Wurzeln verſchiedener Stauden und verſchont auch Topfgewächſe (Saxifraga, Trollius und andere) nicht. Der Julikäfer (Anomala Frischii), oval in ſeinen Umriſſen, ſtark gewölbt und etwas größer (6‴), ſteht dem vorigen ſehr nahe, ſieht auch erzgrün aus, an den Seitenrändern des Hals- ſchildes und den Flügeldecken bedeutend lichter. Die ſaudigen Niederungen ſcheinen ihm beſonders zu behagen. Jch ſah ihn in der Mark Brandenburg und anderwärts in ſolchen Mengen auf Weidenbüſchen, daß die Käfer die Stelle der vollſtändig verſchwundenen Blätter einzunehmen ſchienen. Man kann wohl annehmen, daß die meiſten Arten der Regel nach in größeren Geſellſchaften auftreten. Wir kommen nun zu den Dynaſtiden, will ſagen, zu den Rieſen der ganzen Familie, Lamellikornen, welche ſich durch die gleichen Klauen von der vorigen Sippe, durch quere, eingeſenkte Vorderhüften von den folgenden, den Cetonien, unterſcheiden. Das Kopfſchild verwächſt bei ihnen mit dem Geſicht und läßt den Außenrand der Kinnbacken unbedeckt. Dieſe ſind hornig, innen gezähnt und meiſt auf kurze Strecke mit Haarwimpern beſetzt. Der äußere Lappen der Unter- kiefer verwächſt mit dem inneren und die hornige Zunge mit dem Kinne. Die faſt immer zehngliederigen Fühler verwenden die drei letzten zur Keulenbildung. Das Hüftblatt der Hinterbruſt iſt immer deutlich, mäßig groß und dreieckig; die drei letzten Luftlöcher des Hinterleibes rücken nach außen. Dieſen ſammt den beiden letzten Thorarringen umſchließen von den Seiten her die in der Regel glatten, braun oder ſchwarz gefärbten Flügeldecken. Die nahezu vierhundert Arten haltende Sippe beſchränkt ſich faſt ausſchließlich auf die Tropen, und Amerika allein hat die größere Hälfte aufzuweiſen; nur zwölf kommen in Europa vor. Wir finden hier die größten aller Blätter- hörner und die bedeutendſten Geſchlechtsdifferenzen, Männchen mit gewaltigem Gehörn an Kopf oder Vorderrücken, Auswüchſe, von deren Zwecken wir uns in den wenigſten Fällen Rechenſchaft geben können. Die meiſten halten ſich am Tage verborgen in faulem Holze, Baumlöchern, unter dürrem Laube und an ähnlichen Verſtecken, werden des Nachts lebendiger und gebrauchen nach langen Vorbereitungen und anhaltendem Pumpen ihre Flügel zu ſchwerfälligem, weithin hörbarem Fluge. Die paar Larven, welche man zur Zeit kennt, leben in faulendem Holze und gleichen ſehr denen der Laubkäfer durch die Querfalten über dem Körper, welche das Zählen der Glieder erſchweren, und durch die ſackartige Erweiterung des Endes; im Verhältniß zum gedrungenen, feiſten Leibe erſcheint der Kopf ſchmal; Zähne an der Spitze und Querriefen an der Außenſeite charakteriſiren die Kinnbacken, und mehr oder weniger dichte Sammethaare decken den Körper außer einzelnen Borſten. Vor der Verwandlung, welche Jahre beauſprucht, fertigen die Larven ein feſtes Cocon aus einer dicken Schicht ihrer Umgebung, in welchem der Käfer ſo lange verweilt, bis er, vollkommen erhärtet, daſſelbe ohne Verdrückungen und Quetſchungen an ſeiner Oberfläche zu durchdringen im Stande iſt; und doch ſcheinen die krüppelhaften Hörner und allerlei andere Verunſtaltungen, welche man nicht ſelten bei einzelnen Jndividnen zu ſehen bekommt, darauf hinzu- deuten, daß dieſe zu vorwitzig waren und die Zeit nicht abwarten konnten. Eine gewiſſe Berühmtheit durch Größe und Form hat das Männchen des Herkuleskäfers (Dynastes Hercules) erlangt. Daſſelbe wird bis einen halben Fuß lang, wovon ein vom Vorder- rücken geradeaus gehendes, etwas nach unten gekrümmtes Horn die kleine Hälfte ausmacht. Daſſelbe, unten mit gelber Haarbürſte ausgeſtattet, bedeckt in der Oberanſicht ein zweites aufgerichtetes, dem Kopfe entſpringendes Horn von ungefähr ⅔ der Länge des erſten. Die beiden Hörner, das obere mit zwei Seitenzähnen nahe der Mitte, das untere mit mehreren an der Jnnenſeite, ſind,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/94
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/94>, abgerufen am 23.11.2024.