Die dritte Hauptform der Kielfüßer ist diejenige der ganz nackten Pterotrachea. Der Unter- schied von Carinaria beruht im Wesentlichen darauf, daß der Eingeweidekern, hier von Gestalt eines Weizenkerns nicht in einem besonderen Bruchsack enthalten und von einer Schale bedeckt ist. Der lange cylindrische Körper setzt sich vorn in einen dünnen, meist knieförmig umgebogenen Rüssel fort, indeß er nach hinten in einen zugespitzten Schwanz ausläuft. An der Unterseite ist er mit einer beilförmigen Flosse versehen und trägt auf der Oberseite, meist dem hinteren Leibesende
[Abbildung]
Pterotrachea scutata. a Schild. b Rüssel. c Mund. d Flosse. e Saugnapf. f Schwanzende. g Eingeweidesack. h Kiemen. l Wimperrinne zu k, den Begattungsorganen. l Darmkanal. m Auge.
genähert, den spindelförmigen, zur Hälfte frei hervorragenden Eingeweidekern. Jm normalen Zustande haben unsere Thiere noch einen fadenförmigen, zusammenziehbaren Schwanzanhang, an welchem in regelmäßigen Abständen knotenförmige, durch braune oder dunkelrothe Färbung aus- gezeichnete Anschwellungen sitzen. Man kann dieses Organ mit den Barteln der Fische ver- gleichen und vermuthen, daß es zum Anlocken der Beute dient; von großer Wichtigkeit kann es aber nicht sein, indem viele Exemplare dasselbe verlieren und dennoch sich ausgezeichnet zu befinden scheinen.
An Gefräßigkeit thun es die Pterotracheen den anderen womöglich noch zuvor. Wie alle fahren sie mit dem Rüssel hin und her, um Nahrung zu suchen, wobei die Zunge aus- und ein- gerollt wird und sie ihre Seitenzähne wie Zangen vor der Mundöffnung ausspreizen und zusammen- schlagen. Durch diese Greifbewegungen der Zungenzähne werden Beutethiere gefangen und festgehalten und allmälig in den Schlund hineingezogen. Keferstein sah, daß die Peterotrachen ihre Beute lange auf diese Weise mit sich herumtragen, und meint, daß diese Gewohnheit zu der irrigen Angabe Veranlassung gegeben hat, daß diese Thiere ihre Gefangenen aussaugten.
Die Fortpflanzungsverhältnisse der Pterotracheen schließen sich aufs engste denen der anderen Kielfüßer an. Will man die Bemerkung Gegenbaur's gelten lassen, daß sie deßwegen die am höchsten entwickelten Kielfüßer seien, weil sie wegen Mangels jeglicher Schale sich als die freieste Form herausstellten, so kann man diese durch viele Beispiele des Thierreiches gestützte Behauptung auch damit erhärten, daß der Unterschied der Geschlechter bei ihnen am weitesten gediehen sei. Den Weibchen geht nämlich der Saugnapf ganz ab, und die Männchen besitzen außerdem einen sehr ausgebildeten Kopulationsapparat. Die Eischnüre der Pterotracheen sind denen der Carinarien sehr ähnlich; sie sind verschieden lang, bald drehrund, bald etwas abgeplattet, aus einer gleich- förmigen, an der Oberfläche verhärteten Glassubstanz gebildet und schließen die Dotter in einzeiliger Reihe ein. Das Eierlegen scheint das ganze Jahr hindurch stattzufinden, nach sicheren Beobachtungen wenigstens vom September bis März.
Schnecken. Kielfüßer. Hinterkiemer.
Die dritte Hauptform der Kielfüßer iſt diejenige der ganz nackten Pterotrachea. Der Unter- ſchied von Carinaria beruht im Weſentlichen darauf, daß der Eingeweidekern, hier von Geſtalt eines Weizenkerns nicht in einem beſonderen Bruchſack enthalten und von einer Schale bedeckt iſt. Der lange cylindriſche Körper ſetzt ſich vorn in einen dünnen, meiſt knieförmig umgebogenen Rüſſel fort, indeß er nach hinten in einen zugeſpitzten Schwanz ausläuft. An der Unterſeite iſt er mit einer beilförmigen Floſſe verſehen und trägt auf der Oberſeite, meiſt dem hinteren Leibesende
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Pterotrachea scutata. a Schild. b Rüſſel. c Mund. d Floſſe. e Saugnapf. f Schwanzende. g Eingeweideſack. h Kiemen. l Wimperrinne zu k, den Begattungsorganen. l Darmkanal. m Auge.
genähert, den ſpindelförmigen, zur Hälfte frei hervorragenden Eingeweidekern. Jm normalen Zuſtande haben unſere Thiere noch einen fadenförmigen, zuſammenziehbaren Schwanzanhang, an welchem in regelmäßigen Abſtänden knotenförmige, durch braune oder dunkelrothe Färbung aus- gezeichnete Anſchwellungen ſitzen. Man kann dieſes Organ mit den Barteln der Fiſche ver- gleichen und vermuthen, daß es zum Anlocken der Beute dient; von großer Wichtigkeit kann es aber nicht ſein, indem viele Exemplare daſſelbe verlieren und dennoch ſich ausgezeichnet zu befinden ſcheinen.
An Gefräßigkeit thun es die Pterotracheen den anderen womöglich noch zuvor. Wie alle fahren ſie mit dem Rüſſel hin und her, um Nahrung zu ſuchen, wobei die Zunge aus- und ein- gerollt wird und ſie ihre Seitenzähne wie Zangen vor der Mundöffnung ausſpreizen und zuſammen- ſchlagen. Durch dieſe Greifbewegungen der Zungenzähne werden Beutethiere gefangen und feſtgehalten und allmälig in den Schlund hineingezogen. Keferſtein ſah, daß die Peterotrachen ihre Beute lange auf dieſe Weiſe mit ſich herumtragen, und meint, daß dieſe Gewohnheit zu der irrigen Angabe Veranlaſſung gegeben hat, daß dieſe Thiere ihre Gefangenen ausſaugten.
Die Fortpflanzungsverhältniſſe der Pterotracheen ſchließen ſich aufs engſte denen der anderen Kielfüßer an. Will man die Bemerkung Gegenbaur’s gelten laſſen, daß ſie deßwegen die am höchſten entwickelten Kielfüßer ſeien, weil ſie wegen Mangels jeglicher Schale ſich als die freieſte Form herausſtellten, ſo kann man dieſe durch viele Beiſpiele des Thierreiches geſtützte Behauptung auch damit erhärten, daß der Unterſchied der Geſchlechter bei ihnen am weiteſten gediehen ſei. Den Weibchen geht nämlich der Saugnapf ganz ab, und die Männchen beſitzen außerdem einen ſehr ausgebildeten Kopulationsapparat. Die Eiſchnüre der Pterotracheen ſind denen der Carinarien ſehr ähnlich; ſie ſind verſchieden lang, bald drehrund, bald etwas abgeplattet, aus einer gleich- förmigen, an der Oberfläche verhärteten Glasſubſtanz gebildet und ſchließen die Dotter in einzeiliger Reihe ein. Das Eierlegen ſcheint das ganze Jahr hindurch ſtattzufinden, nach ſicheren Beobachtungen wenigſtens vom September bis März.
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Schnecken. Kielfüßer. Hinterkiemer.
Die dritte Hauptform der Kielfüßer iſt diejenige der ganz nackten Pterotrachea. Der Unter-
ſchied von Carinaria beruht im Weſentlichen darauf, daß der Eingeweidekern, hier von Geſtalt
eines Weizenkerns nicht in einem beſonderen Bruchſack enthalten und von einer Schale bedeckt
iſt. Der lange cylindriſche Körper ſetzt ſich vorn in einen dünnen, meiſt knieförmig umgebogenen
Rüſſel fort, indeß er nach hinten in einen zugeſpitzten Schwanz ausläuft. An der Unterſeite iſt
er mit einer beilförmigen Floſſe verſehen und trägt auf der Oberſeite, meiſt dem hinteren Leibesende
[Abbildung Pterotrachea scutata.
a Schild. b Rüſſel. c Mund. d Floſſe. e Saugnapf. f Schwanzende. g Eingeweideſack. h Kiemen.
l Wimperrinne zu k, den Begattungsorganen. l Darmkanal. m Auge.]
genähert, den ſpindelförmigen, zur Hälfte frei hervorragenden Eingeweidekern. Jm normalen
Zuſtande haben unſere Thiere noch einen fadenförmigen, zuſammenziehbaren Schwanzanhang, an
welchem in regelmäßigen Abſtänden knotenförmige, durch braune oder dunkelrothe Färbung aus-
gezeichnete Anſchwellungen ſitzen. Man kann dieſes Organ mit den Barteln der Fiſche ver-
gleichen und vermuthen, daß es zum Anlocken der Beute dient; von großer Wichtigkeit kann
es aber nicht ſein, indem viele Exemplare daſſelbe verlieren und dennoch ſich ausgezeichnet zu
befinden ſcheinen.
An Gefräßigkeit thun es die Pterotracheen den anderen womöglich noch zuvor. Wie alle
fahren ſie mit dem Rüſſel hin und her, um Nahrung zu ſuchen, wobei die Zunge aus- und ein-
gerollt wird und ſie ihre Seitenzähne wie Zangen vor der Mundöffnung ausſpreizen und zuſammen-
ſchlagen. Durch dieſe Greifbewegungen der Zungenzähne werden Beutethiere gefangen und feſtgehalten
und allmälig in den Schlund hineingezogen. Keferſtein ſah, daß die Peterotrachen ihre Beute
lange auf dieſe Weiſe mit ſich herumtragen, und meint, daß dieſe Gewohnheit zu der irrigen
Angabe Veranlaſſung gegeben hat, daß dieſe Thiere ihre Gefangenen ausſaugten.
Die Fortpflanzungsverhältniſſe der Pterotracheen ſchließen ſich aufs engſte denen der anderen
Kielfüßer an. Will man die Bemerkung Gegenbaur’s gelten laſſen, daß ſie deßwegen die am
höchſten entwickelten Kielfüßer ſeien, weil ſie wegen Mangels jeglicher Schale ſich als die freieſte
Form herausſtellten, ſo kann man dieſe durch viele Beiſpiele des Thierreiches geſtützte Behauptung
auch damit erhärten, daß der Unterſchied der Geſchlechter bei ihnen am weiteſten gediehen ſei.
Den Weibchen geht nämlich der Saugnapf ganz ab, und die Männchen beſitzen außerdem einen
ſehr ausgebildeten Kopulationsapparat. Die Eiſchnüre der Pterotracheen ſind denen der Carinarien
ſehr ähnlich; ſie ſind verſchieden lang, bald drehrund, bald etwas abgeplattet, aus einer gleich-
förmigen, an der Oberfläche verhärteten Glasſubſtanz gebildet und ſchließen die Dotter in
einzeiliger Reihe ein. Das Eierlegen ſcheint das ganze Jahr hindurch ſtattzufinden, nach ſicheren
Beobachtungen wenigſtens vom September bis März.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 856. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/904>, abgerufen am 24.11.2024.
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