gewesen, hat aber diesen Zustand, in welchem die meisten jungen Bauchfüßer noch eine Zeit lang als frei schwimmende Larven verbleiben, beim Auskriechen schon ganz hinter sich.
Die in den Gewässern, namentlich den Flußmündungen Ostasiens und Polynesiens heimische Navicella (etwa 18 Arten), welche dort als vikariirende Form für Nerita auftritt, verdient unsre Aufmerksamkeit, weil sie eine neue Modifikation des Deckels zeigt. Dieser, von kalkiger Beschaffen- heit, versieht hier nicht den Dienst, zu dem er sonst bestimmt ist, sondern steckt ganz im Fleische des Fußes und erinnert so gewisser Maßen an jene Schalen der Nacktschnecken (Limax), welche zeitlebens in Form einer schildförmigen Absonderung im Mantel verborgen bleiben.
Eine Familie, welche schon, wenn auch nicht, wie Philippi sagt, von Anbeginn der Schöpfung, doch in den Schichten unterhalb des Steinkohlengebirges, welche man bisher für die die ältesten Versteinerungen führenden hielt, angetroffen wird, ist diejenige der Kreiselschnecken. Dieser Name paßt allerdings nur für diejenigen Gattungen, deren Gehäus mehr oder minder deutlich kreiselförmig ist, allein die Uebergänge von diesen Formen durch mehr gedrückte zu fast ganz schüsselförmigen, bei wesentlich gleicher Beschaffenheit des Thieres, sind so ununterbrochen, daß das Beschränken der Familie auf jene eine reine Willkür ist. Allerdings drängt sich die Nothwendigkeit dieser Verallgemeinerung, wie Philippi nachweist, nur bei allseitiger Berück- sichtigung der untergegangenen Arten auf, allein diese haben eben für die Auffassung und Erkenntniß der Lebewelt genau dieselbe Geltung, als die noch heute lebenden. Wer also in einem größern zoologischen und paläontologischen Museum Gelegenheit hat, die zahlreichen, von Philippi in seinem Handbuche aufgeführten Gattungen in möglichst zahlreichen Arten hinter und neben einander zu ordnen, gewinnt wieder einmal (wie z. B. bei den Heliceen) aus unmittelbarer Anschauung die Ueberzeugung, daß die Begrenzung von Familien und Gattungen auf Konvention beruht, wobei oft die unbedeutendsten Zufälligkeiten bestimmend einwirken. Am bequemsten für die Naturforscher der alten Zeit sind diejenigen Pflanzen und Thiergattungen, welche, so zu sagen, im Laufe der Jahrmillionen sich konsolidirt haben. Darwin und seine Anhänger haben gezeigt, wie man sich in diesen Fällen das Verschwinden von Zwischen- und Uebergangsformen zu denken habe. Solche Arten und Gattungen, deren scharfe Sonderung nie eine ursprüngliche, sondern eine allmälig gewordene ist, gewähren derjenigen Naturbetrachtung Befriedigung, welche an der Aufstellung guter Beschreibungen sich genügen läßt. Wer aber von der bloß beschreibenden Auf- fassung der Form und der Lebensweise zur tieferen Ergründung des Herkommens und Werdens der Lebensform sich gedrängt fühlt, dem müssen gerade diejenigen Formenkreise die anziehendsten sein, innerhalb welcher die Menge und Manchfaltigkeit durch lauter Uebergang vermittelt wird. Darauf haben wir, wieder einmal, bei dieser Gelegenheit hinweisen wollen, ohne, nach den Grenzen unseres Werkes, an die Ausführung der Vergleichung denken zu können.
Von den eigentlich kreiselförmigen Schnecken kann man mit Oken die Gattung TurboRund- mund nennen. Das Thier hat den Kopf in eine Schnauze verlängert. Auf der äußeren Seite der langen Fühler stehen die gestielten Augen, und zwischen den Fühlern ragen zwei Stirnlappen hervor. An jeder Seite des Fußes finden sich meist drei Fäden und häufig noch eine gefranste Haut. Der Umfang des Gehäuses ist stets abgerundet, die Oeffnung beinahe kreisförmig, der Deckel dick und kalkig. Früher waren die Deckel des Turbo rugosus und mehrer tropischer Arten als sogenannte "Meer-Nabel" (Umbilicus marinus) in den Apotheken gebräuchlich, namentlich gegen Sodbrennen. Abgesehen davon, daß manche Arten dieser pflanzenfressenden Schnecken den Menschen zur Nahrung dienen, sind die dicken Gehäuse der größeren wegen ihrer technischen Verwendung nicht unwichtig. Namentlich werden sie von den Chinesen benutzt, um mit den prächtig perlmutterglänzenden Stücken die lackirten Möbel und Schränke zu belegen. Rumph nennt als eine solche Art den großen Oelkrug,Turbo olearius, die sich an den felsigen Küsten der
Teufelsklaue. Schwimmſchnecke. Kreiſelſchnecken.
geweſen, hat aber dieſen Zuſtand, in welchem die meiſten jungen Bauchfüßer noch eine Zeit lang als frei ſchwimmende Larven verbleiben, beim Auskriechen ſchon ganz hinter ſich.
Die in den Gewäſſern, namentlich den Flußmündungen Oſtaſiens und Polyneſiens heimiſche Navicella (etwa 18 Arten), welche dort als vikariirende Form für Nerita auftritt, verdient unſre Aufmerkſamkeit, weil ſie eine neue Modifikation des Deckels zeigt. Dieſer, von kalkiger Beſchaffen- heit, verſieht hier nicht den Dienſt, zu dem er ſonſt beſtimmt iſt, ſondern ſteckt ganz im Fleiſche des Fußes und erinnert ſo gewiſſer Maßen an jene Schalen der Nacktſchnecken (Limax), welche zeitlebens in Form einer ſchildförmigen Abſonderung im Mantel verborgen bleiben.
Eine Familie, welche ſchon, wenn auch nicht, wie Philippi ſagt, von Anbeginn der Schöpfung, doch in den Schichten unterhalb des Steinkohlengebirges, welche man bisher für die die älteſten Verſteinerungen führenden hielt, angetroffen wird, iſt diejenige der Kreiſelſchnecken. Dieſer Name paßt allerdings nur für diejenigen Gattungen, deren Gehäus mehr oder minder deutlich kreiſelförmig iſt, allein die Uebergänge von dieſen Formen durch mehr gedrückte zu faſt ganz ſchüſſelförmigen, bei weſentlich gleicher Beſchaffenheit des Thieres, ſind ſo ununterbrochen, daß das Beſchränken der Familie auf jene eine reine Willkür iſt. Allerdings drängt ſich die Nothwendigkeit dieſer Verallgemeinerung, wie Philippi nachweiſt, nur bei allſeitiger Berück- ſichtigung der untergegangenen Arten auf, allein dieſe haben eben für die Auffaſſung und Erkenntniß der Lebewelt genau dieſelbe Geltung, als die noch heute lebenden. Wer alſo in einem größern zoologiſchen und paläontologiſchen Muſeum Gelegenheit hat, die zahlreichen, von Philippi in ſeinem Handbuche aufgeführten Gattungen in möglichſt zahlreichen Arten hinter und neben einander zu ordnen, gewinnt wieder einmal (wie z. B. bei den Heliceen) aus unmittelbarer Anſchauung die Ueberzeugung, daß die Begrenzung von Familien und Gattungen auf Konvention beruht, wobei oft die unbedeutendſten Zufälligkeiten beſtimmend einwirken. Am bequemſten für die Naturforſcher der alten Zeit ſind diejenigen Pflanzen und Thiergattungen, welche, ſo zu ſagen, im Laufe der Jahrmillionen ſich konſolidirt haben. Darwin und ſeine Anhänger haben gezeigt, wie man ſich in dieſen Fällen das Verſchwinden von Zwiſchen- und Uebergangsformen zu denken habe. Solche Arten und Gattungen, deren ſcharfe Sonderung nie eine urſprüngliche, ſondern eine allmälig gewordene iſt, gewähren derjenigen Naturbetrachtung Befriedigung, welche an der Aufſtellung guter Beſchreibungen ſich genügen läßt. Wer aber von der bloß beſchreibenden Auf- faſſung der Form und der Lebensweiſe zur tieferen Ergründung des Herkommens und Werdens der Lebensform ſich gedrängt fühlt, dem müſſen gerade diejenigen Formenkreiſe die anziehendſten ſein, innerhalb welcher die Menge und Manchfaltigkeit durch lauter Uebergang vermittelt wird. Darauf haben wir, wieder einmal, bei dieſer Gelegenheit hinweiſen wollen, ohne, nach den Grenzen unſeres Werkes, an die Ausführung der Vergleichung denken zu können.
Von den eigentlich kreiſelförmigen Schnecken kann man mit Oken die Gattung TurboRund- mund nennen. Das Thier hat den Kopf in eine Schnauze verlängert. Auf der äußeren Seite der langen Fühler ſtehen die geſtielten Augen, und zwiſchen den Fühlern ragen zwei Stirnlappen hervor. An jeder Seite des Fußes finden ſich meiſt drei Fäden und häufig noch eine gefranſte Haut. Der Umfang des Gehäuſes iſt ſtets abgerundet, die Oeffnung beinahe kreisförmig, der Deckel dick und kalkig. Früher waren die Deckel des Turbo rugosus und mehrer tropiſcher Arten als ſogenannte „Meer-Nabel“ (Umbilicus marinus) in den Apotheken gebräuchlich, namentlich gegen Sodbrennen. Abgeſehen davon, daß manche Arten dieſer pflanzenfreſſenden Schnecken den Menſchen zur Nahrung dienen, ſind die dicken Gehäuſe der größeren wegen ihrer techniſchen Verwendung nicht unwichtig. Namentlich werden ſie von den Chineſen benutzt, um mit den prächtig perlmutterglänzenden Stücken die lackirten Möbel und Schränke zu belegen. Rumph nennt als eine ſolche Art den großen Oelkrug,Turbo olearius, die ſich an den felſigen Küſten der
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[847/0895]
Teufelsklaue. Schwimmſchnecke. Kreiſelſchnecken.
geweſen, hat aber dieſen Zuſtand, in welchem die meiſten jungen Bauchfüßer noch eine Zeit lang
als frei ſchwimmende Larven verbleiben, beim Auskriechen ſchon ganz hinter ſich.
Die in den Gewäſſern, namentlich den Flußmündungen Oſtaſiens und Polyneſiens heimiſche
Navicella (etwa 18 Arten), welche dort als vikariirende Form für Nerita auftritt, verdient unſre
Aufmerkſamkeit, weil ſie eine neue Modifikation des Deckels zeigt. Dieſer, von kalkiger Beſchaffen-
heit, verſieht hier nicht den Dienſt, zu dem er ſonſt beſtimmt iſt, ſondern ſteckt ganz im Fleiſche
des Fußes und erinnert ſo gewiſſer Maßen an jene Schalen der Nacktſchnecken (Limax), welche
zeitlebens in Form einer ſchildförmigen Abſonderung im Mantel verborgen bleiben.
Eine Familie, welche ſchon, wenn auch nicht, wie Philippi ſagt, von Anbeginn der
Schöpfung, doch in den Schichten unterhalb des Steinkohlengebirges, welche man bisher für die
die älteſten Verſteinerungen führenden hielt, angetroffen wird, iſt diejenige der Kreiſelſchnecken.
Dieſer Name paßt allerdings nur für diejenigen Gattungen, deren Gehäus mehr oder minder
deutlich kreiſelförmig iſt, allein die Uebergänge von dieſen Formen durch mehr gedrückte zu faſt
ganz ſchüſſelförmigen, bei weſentlich gleicher Beſchaffenheit des Thieres, ſind ſo ununterbrochen,
daß das Beſchränken der Familie auf jene eine reine Willkür iſt. Allerdings drängt ſich die
Nothwendigkeit dieſer Verallgemeinerung, wie Philippi nachweiſt, nur bei allſeitiger Berück-
ſichtigung der untergegangenen Arten auf, allein dieſe haben eben für die Auffaſſung und Erkenntniß
der Lebewelt genau dieſelbe Geltung, als die noch heute lebenden. Wer alſo in einem größern
zoologiſchen und paläontologiſchen Muſeum Gelegenheit hat, die zahlreichen, von Philippi in
ſeinem Handbuche aufgeführten Gattungen in möglichſt zahlreichen Arten hinter und neben einander
zu ordnen, gewinnt wieder einmal (wie z. B. bei den Heliceen) aus unmittelbarer Anſchauung
die Ueberzeugung, daß die Begrenzung von Familien und Gattungen auf Konvention beruht,
wobei oft die unbedeutendſten Zufälligkeiten beſtimmend einwirken. Am bequemſten für die
Naturforſcher der alten Zeit ſind diejenigen Pflanzen und Thiergattungen, welche, ſo zu ſagen,
im Laufe der Jahrmillionen ſich konſolidirt haben. Darwin und ſeine Anhänger haben gezeigt,
wie man ſich in dieſen Fällen das Verſchwinden von Zwiſchen- und Uebergangsformen zu denken
habe. Solche Arten und Gattungen, deren ſcharfe Sonderung nie eine urſprüngliche, ſondern
eine allmälig gewordene iſt, gewähren derjenigen Naturbetrachtung Befriedigung, welche an der
Aufſtellung guter Beſchreibungen ſich genügen läßt. Wer aber von der bloß beſchreibenden Auf-
faſſung der Form und der Lebensweiſe zur tieferen Ergründung des Herkommens und Werdens
der Lebensform ſich gedrängt fühlt, dem müſſen gerade diejenigen Formenkreiſe die anziehendſten
ſein, innerhalb welcher die Menge und Manchfaltigkeit durch lauter Uebergang vermittelt wird.
Darauf haben wir, wieder einmal, bei dieſer Gelegenheit hinweiſen wollen, ohne, nach den
Grenzen unſeres Werkes, an die Ausführung der Vergleichung denken zu können.
Von den eigentlich kreiſelförmigen Schnecken kann man mit Oken die Gattung Turbo Rund-
mund nennen. Das Thier hat den Kopf in eine Schnauze verlängert. Auf der äußeren Seite der
langen Fühler ſtehen die geſtielten Augen, und zwiſchen den Fühlern ragen zwei Stirnlappen
hervor. An jeder Seite des Fußes finden ſich meiſt drei Fäden und häufig noch eine gefranſte
Haut. Der Umfang des Gehäuſes iſt ſtets abgerundet, die Oeffnung beinahe kreisförmig, der
Deckel dick und kalkig. Früher waren die Deckel des Turbo rugosus und mehrer tropiſcher Arten
als ſogenannte „Meer-Nabel“ (Umbilicus marinus) in den Apotheken gebräuchlich, namentlich
gegen Sodbrennen. Abgeſehen davon, daß manche Arten dieſer pflanzenfreſſenden Schnecken
den Menſchen zur Nahrung dienen, ſind die dicken Gehäuſe der größeren wegen ihrer techniſchen
Verwendung nicht unwichtig. Namentlich werden ſie von den Chineſen benutzt, um mit den prächtig
perlmutterglänzenden Stücken die lackirten Möbel und Schränke zu belegen. Rumph nennt als
eine ſolche Art den großen Oelkrug, Turbo olearius, die ſich an den felſigen Küſten der
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 847. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/895>, abgerufen am 24.11.2024.
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