Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite
Schnecken. Kammkiemer.

Von Strombus weicht Pterocera nur in der Gestalt des Gehäuses ab, indem die Außenlippe,
wenn das Gehäus ausgewachsen, unten eine sehr deutliche Bucht und einen gefingerten Flügel
zeigt, dessen Finger anfangs rinnenförmig, zuletzt geschlossen sind. Bei einigen sind die Finger
nur nach einer Seite gerichtet, bei der Teufelsklaue aber (Pterocera chiragra) nach beiden
Seiten. Das Dutzend Arten, welche bekannt sind, bewohnt nur die heißen Zonen.



Die nun folgende Unterordnung hat Troschel nach der Beschaffenheit der Reibeplatte
Fächerzüngler (Rhipidoglossata) genannt. Es lassen sich stets mehr als sieben Längsreihen
der Platten oder Zähnchen unterscheiden und außerdem schließen sich an jede Querreihe jeder-
seits noch zahlreiche schmale Blättchen an, welche fächerförmig neben einander liegen. Auf dem
Rücken liegt eine große Athemhöhle, welche die aus zwei Blättern bestehende Kieme enthält.
Schale und Fuß sind sehr verschieden gestaltet, doch hat erstere immer eine ganzrandige Mündung,
ohne Kanal oder Ausschnitt, und letztere ist von beträchtlicher Größe. Alle hierher gehörigen
Thiere sind Pflanzenfresser, welche sich meist an den felsigen Küsten aufhalten.

Nur die Familie der Neritiden enthält auch zahlreiche Bewohner des süßen Wassers,
fast alle aus der Gattung Nerita. Das Thier hat einen breiten, flachen, verkehrt herzförmigen
Kopf, auf dessen unterer Seite der große gefaltete Mund sitzt, und welcher zwei lange spitze
Fühler trägt. Außen am Grunde derselben sitzen die Augen auf einem kurzen Stiel. Das
Gehäus ist halbkugelförmig, unten flach und ungenabelt; die Mündung ganz und halb kreisrund.
Der kalkige Deckel hat innen einen Fortsatz, welcher beim Verschwinden der Schale hinter den

[Abbildung] Gemeine Schwimm-
schnecke

(Nerita fluviatilis).
Spindelrand greift. Man hat die im Meere lebenden Arten von den in den
Teichen und Flüssen wohnenden generisch trennen wollen, allein, wie so oft,
läuft auch hier die Art- und Gattungsspalterei auf eine Haarspalterei hinaus.
Nahe an 300 Arten sind fast über die ganze Erde verbreitet. Davon ist in
Mitteleuropa Nerita fluviatilis, die gemeine Schwimmschnecke, sehr gemein,
ein etwa 4 Linien hohes, 5 Linien breites Thierchen, welches in Flüssen und
Bächen, Teichen und Sümpfen an Steinen und Wasserpflanzen gefunden
wird. Jhr buntes, roth oder violet gegittertes Gehäus ist zwar dünn, aber von einer, bei unsern
Süßwasserconchylien ungewöhnlichen Festigkeit. Wie bei so vielen Thiergattungen, deren Arten
im salzigen oder im süßen Wasser vorkommen, giebt es auch von Nerita eine Anzahl Brakwasser-
Formen und solche, welche in Wässern von sehr verschiedener chemischer Beschaffenheit ausharren.
Eine bloße Abart der Nerita fluviatilis ist es, welche, Nerita minor genannt, in Unzahl in den
mannsfeldischen Salzseen vorkommt.

Die auffallende Erscheinung, welche wir oben von der Entwicklung von Buccinum und
Purpura erwähnt, daß nämlich nur wenige Embryone sich auf Kosten der zahlreichen gelegten
Eier ausbilden, wiederholt sich auch bei Nerita fluviatilis. Jn den nur 1/2 Linie großen kugligen
und mit harter Schale versehenen Eikapseln*) sind 40 bis 60 Eier enthalten. Nur ein einziges
davon entwickelt sich zu einem Embryo, welcher auf einer sehr frühen Stufe mit Mund und
Speiseröhre versehen wird und allmälig die ganze Schaar seiner nur der Jdee nach bestehenden
in Wirklichkeit aber als Dotterklumpen beharrenden Geschwister aufleckt. Er wird dadurch so
groß, daß er schließlich die Kapsel ganz ausfüllt und aus ihr durch Abheben des halbkugelförmigen
Deckels austritt. Er ist während seines Eilebens zwar mit einem Velum oder Segel versehen

*) Sowohl von Nerita fluviatilis als von ausländischen Arten (Nerita pulligers) wird angegeben,
sie trügen ihre Eier (Eikapseln) auf dem Rücken. Die erste sehr unbestimmte Nachricht ist bei Rumph;
schon O. Fr. Müller spricht jedoch seine Zweifel darüber aus und meint, es möchte irgend ein anderer
Laich gewesen sein. Der erfahrene Johnston tritt ihm bei.
Schnecken. Kammkiemer.

Von Strombus weicht Pterocera nur in der Geſtalt des Gehäuſes ab, indem die Außenlippe,
wenn das Gehäus ausgewachſen, unten eine ſehr deutliche Bucht und einen gefingerten Flügel
zeigt, deſſen Finger anfangs rinnenförmig, zuletzt geſchloſſen ſind. Bei einigen ſind die Finger
nur nach einer Seite gerichtet, bei der Teufelsklaue aber (Pterocera chiragra) nach beiden
Seiten. Das Dutzend Arten, welche bekannt ſind, bewohnt nur die heißen Zonen.



Die nun folgende Unterordnung hat Troſchel nach der Beſchaffenheit der Reibeplatte
Fächerzüngler (Rhipidoglossata) genannt. Es laſſen ſich ſtets mehr als ſieben Längsreihen
der Platten oder Zähnchen unterſcheiden und außerdem ſchließen ſich an jede Querreihe jeder-
ſeits noch zahlreiche ſchmale Blättchen an, welche fächerförmig neben einander liegen. Auf dem
Rücken liegt eine große Athemhöhle, welche die aus zwei Blättern beſtehende Kieme enthält.
Schale und Fuß ſind ſehr verſchieden geſtaltet, doch hat erſtere immer eine ganzrandige Mündung,
ohne Kanal oder Ausſchnitt, und letztere iſt von beträchtlicher Größe. Alle hierher gehörigen
Thiere ſind Pflanzenfreſſer, welche ſich meiſt an den felſigen Küſten aufhalten.

Nur die Familie der Neritiden enthält auch zahlreiche Bewohner des ſüßen Waſſers,
faſt alle aus der Gattung Nerita. Das Thier hat einen breiten, flachen, verkehrt herzförmigen
Kopf, auf deſſen unterer Seite der große gefaltete Mund ſitzt, und welcher zwei lange ſpitze
Fühler trägt. Außen am Grunde derſelben ſitzen die Augen auf einem kurzen Stiel. Das
Gehäus iſt halbkugelförmig, unten flach und ungenabelt; die Mündung ganz und halb kreisrund.
Der kalkige Deckel hat innen einen Fortſatz, welcher beim Verſchwinden der Schale hinter den

[Abbildung] Gemeine Schwimm-
ſchnecke

(Nerita fluviatilis).
Spindelrand greift. Man hat die im Meere lebenden Arten von den in den
Teichen und Flüſſen wohnenden generiſch trennen wollen, allein, wie ſo oft,
läuft auch hier die Art- und Gattungsſpalterei auf eine Haarſpalterei hinaus.
Nahe an 300 Arten ſind faſt über die ganze Erde verbreitet. Davon iſt in
Mitteleuropa Nerita fluviatilis, die gemeine Schwimmſchnecke, ſehr gemein,
ein etwa 4 Linien hohes, 5 Linien breites Thierchen, welches in Flüſſen und
Bächen, Teichen und Sümpfen an Steinen und Waſſerpflanzen gefunden
wird. Jhr buntes, roth oder violet gegittertes Gehäus iſt zwar dünn, aber von einer, bei unſern
Süßwaſſerconchylien ungewöhnlichen Feſtigkeit. Wie bei ſo vielen Thiergattungen, deren Arten
im ſalzigen oder im ſüßen Waſſer vorkommen, giebt es auch von Nerita eine Anzahl Brakwaſſer-
Formen und ſolche, welche in Wäſſern von ſehr verſchiedener chemiſcher Beſchaffenheit ausharren.
Eine bloße Abart der Nerita fluviatilis iſt es, welche, Nerita minor genannt, in Unzahl in den
mannsfeldiſchen Salzſeen vorkommt.

Die auffallende Erſcheinung, welche wir oben von der Entwicklung von Buccinum und
Purpura erwähnt, daß nämlich nur wenige Embryone ſich auf Koſten der zahlreichen gelegten
Eier ausbilden, wiederholt ſich auch bei Nerita fluviatilis. Jn den nur ½ Linie großen kugligen
und mit harter Schale verſehenen Eikapſeln*) ſind 40 bis 60 Eier enthalten. Nur ein einziges
davon entwickelt ſich zu einem Embryo, welcher auf einer ſehr frühen Stufe mit Mund und
Speiſeröhre verſehen wird und allmälig die ganze Schaar ſeiner nur der Jdee nach beſtehenden
in Wirklichkeit aber als Dotterklumpen beharrenden Geſchwiſter aufleckt. Er wird dadurch ſo
groß, daß er ſchließlich die Kapſel ganz ausfüllt und aus ihr durch Abheben des halbkugelförmigen
Deckels austritt. Er iſt während ſeines Eilebens zwar mit einem Velum oder Segel verſehen

*) Sowohl von Nerita fluviatilis als von ausländiſchen Arten (Nerita pulligers) wird angegeben,
ſie trügen ihre Eier (Eikapſeln) auf dem Rücken. Die erſte ſehr unbeſtimmte Nachricht iſt bei Rumph;
ſchon O. Fr. Müller ſpricht jedoch ſeine Zweifel darüber aus und meint, es möchte irgend ein anderer
Laich geweſen ſein. Der erfahrene Johnſton tritt ihm bei.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <floatingText>
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <div n="3">
                <pb facs="#f0894" n="846"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Schnecken. Kammkiemer.</hi> </fw><lb/>
                <p>Von <hi rendition="#aq">Strombus</hi> weicht <hi rendition="#aq">Pterocera</hi> nur in der Ge&#x017F;talt des Gehäu&#x017F;es ab, indem die Außenlippe,<lb/>
wenn das Gehäus ausgewach&#x017F;en, unten eine &#x017F;ehr deutliche Bucht und einen gefingerten Flügel<lb/>
zeigt, de&#x017F;&#x017F;en Finger anfangs rinnenförmig, zuletzt ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind. Bei einigen &#x017F;ind die Finger<lb/>
nur nach einer Seite gerichtet, bei der <hi rendition="#g">Teufelsklaue</hi> aber (<hi rendition="#aq">Pterocera chiragra</hi>) nach beiden<lb/>
Seiten. Das Dutzend Arten, welche bekannt &#x017F;ind, bewohnt nur die heißen Zonen.</p><lb/>
                <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
                <p>Die nun folgende Unterordnung hat <hi rendition="#g">Tro&#x017F;chel</hi> nach der Be&#x017F;chaffenheit der Reibeplatte<lb/><hi rendition="#g">Fächerzüngler</hi> (<hi rendition="#aq">Rhipidoglossata</hi>) genannt. Es la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich &#x017F;tets mehr als &#x017F;ieben Längsreihen<lb/>
der Platten oder Zähnchen unter&#x017F;cheiden und außerdem &#x017F;chließen &#x017F;ich an jede Querreihe jeder-<lb/>
&#x017F;eits noch zahlreiche &#x017F;chmale Blättchen an, welche fächerförmig neben einander liegen. Auf dem<lb/>
Rücken liegt eine große Athemhöhle, welche die aus zwei Blättern be&#x017F;tehende Kieme enthält.<lb/>
Schale und Fuß &#x017F;ind &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden ge&#x017F;taltet, doch hat er&#x017F;tere immer eine ganzrandige Mündung,<lb/>
ohne Kanal oder Aus&#x017F;chnitt, und letztere i&#x017F;t von beträchtlicher Größe. Alle hierher gehörigen<lb/>
Thiere &#x017F;ind Pflanzenfre&#x017F;&#x017F;er, welche &#x017F;ich mei&#x017F;t an den fel&#x017F;igen Kü&#x017F;ten aufhalten.</p><lb/>
                <p>Nur die Familie der Neritiden enthält auch zahlreiche Bewohner des &#x017F;üßen Wa&#x017F;&#x017F;ers,<lb/>
fa&#x017F;t alle aus der Gattung <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Nerita.</hi></hi> Das Thier hat einen breiten, flachen, verkehrt herzförmigen<lb/>
Kopf, auf de&#x017F;&#x017F;en unterer Seite der große gefaltete Mund &#x017F;itzt, und welcher zwei lange &#x017F;pitze<lb/>
Fühler trägt. Außen am Grunde der&#x017F;elben &#x017F;itzen die Augen auf einem kurzen Stiel. Das<lb/>
Gehäus i&#x017F;t halbkugelförmig, unten flach und ungenabelt; die Mündung ganz und halb kreisrund.<lb/>
Der kalkige Deckel hat innen einen Fort&#x017F;atz, welcher beim Ver&#x017F;chwinden der Schale hinter den<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Gemeine Schwimm-<lb/>
&#x017F;chnecke</hi><lb/>
(<hi rendition="#aq">Nerita fluviatilis</hi>).</hi></head></figure><lb/>
Spindelrand greift. Man hat die im Meere lebenden Arten von den in den<lb/>
Teichen und Flü&#x017F;&#x017F;en wohnenden generi&#x017F;ch trennen wollen, allein, wie &#x017F;o oft,<lb/>
läuft auch hier die Art- und Gattungs&#x017F;palterei auf eine Haar&#x017F;palterei hinaus.<lb/>
Nahe an 300 Arten &#x017F;ind fa&#x017F;t über die ganze Erde verbreitet. Davon i&#x017F;t in<lb/>
Mitteleuropa <hi rendition="#aq">Nerita fluviatilis,</hi> die <hi rendition="#g">gemeine Schwimm&#x017F;chnecke,</hi> &#x017F;ehr gemein,<lb/>
ein etwa 4 Linien hohes, 5 Linien breites Thierchen, welches in Flü&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
Bächen, Teichen und Sümpfen an Steinen und Wa&#x017F;&#x017F;erpflanzen gefunden<lb/>
wird. Jhr buntes, roth oder violet gegittertes Gehäus i&#x017F;t zwar dünn, aber von einer, bei un&#x017F;ern<lb/>
Süßwa&#x017F;&#x017F;erconchylien ungewöhnlichen Fe&#x017F;tigkeit. Wie bei &#x017F;o vielen Thiergattungen, deren Arten<lb/>
im &#x017F;alzigen oder im &#x017F;üßen Wa&#x017F;&#x017F;er vorkommen, giebt es auch von <hi rendition="#aq">Nerita</hi> eine Anzahl Brakwa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
Formen und &#x017F;olche, welche in Wä&#x017F;&#x017F;ern von &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedener chemi&#x017F;cher Be&#x017F;chaffenheit ausharren.<lb/>
Eine bloße Abart der <hi rendition="#aq">Nerita fluviatilis</hi> i&#x017F;t es, welche, <hi rendition="#aq">Nerita minor</hi> genannt, in Unzahl in den<lb/>
mannsfeldi&#x017F;chen Salz&#x017F;een vorkommt.</p><lb/>
                <p>Die auffallende Er&#x017F;cheinung, welche wir oben von der Entwicklung von <hi rendition="#aq">Buccinum</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Purpura</hi> erwähnt, daß nämlich nur wenige Embryone &#x017F;ich auf Ko&#x017F;ten der zahlreichen gelegten<lb/>
Eier ausbilden, wiederholt &#x017F;ich auch bei <hi rendition="#aq">Nerita fluviatilis.</hi> Jn den nur ½ Linie großen kugligen<lb/>
und mit harter Schale ver&#x017F;ehenen Eikap&#x017F;eln<note place="foot" n="*)">Sowohl von <hi rendition="#aq">Nerita fluviatilis</hi> als von ausländi&#x017F;chen Arten (<hi rendition="#aq">Nerita pulligers</hi>) wird angegeben,<lb/>
&#x017F;ie trügen ihre Eier (Eikap&#x017F;eln) auf dem Rücken. Die er&#x017F;te &#x017F;ehr unbe&#x017F;timmte Nachricht i&#x017F;t bei <hi rendition="#g">Rumph;</hi><lb/>
&#x017F;chon O. <hi rendition="#g">Fr. Müller</hi> &#x017F;pricht jedoch &#x017F;eine Zweifel darüber aus und meint, es möchte irgend ein anderer<lb/>
Laich gewe&#x017F;en &#x017F;ein. Der erfahrene <hi rendition="#g">John&#x017F;ton</hi> tritt ihm bei.</note> &#x017F;ind 40 bis 60 Eier enthalten. Nur ein einziges<lb/>
davon entwickelt &#x017F;ich zu einem Embryo, welcher auf einer &#x017F;ehr frühen Stufe mit Mund und<lb/>
Spei&#x017F;eröhre ver&#x017F;ehen wird und allmälig die ganze Schaar &#x017F;einer nur der Jdee nach be&#x017F;tehenden<lb/>
in Wirklichkeit aber als Dotterklumpen beharrenden Ge&#x017F;chwi&#x017F;ter aufleckt. Er wird dadurch &#x017F;o<lb/>
groß, daß er &#x017F;chließlich die Kap&#x017F;el ganz ausfüllt und aus ihr durch Abheben des halbkugelförmigen<lb/>
Deckels austritt. Er i&#x017F;t während &#x017F;eines Eilebens zwar mit einem Velum oder Segel ver&#x017F;ehen<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </body>
      </floatingText>
    </body>
  </text>
</TEI>
[846/0894] Schnecken. Kammkiemer. Von Strombus weicht Pterocera nur in der Geſtalt des Gehäuſes ab, indem die Außenlippe, wenn das Gehäus ausgewachſen, unten eine ſehr deutliche Bucht und einen gefingerten Flügel zeigt, deſſen Finger anfangs rinnenförmig, zuletzt geſchloſſen ſind. Bei einigen ſind die Finger nur nach einer Seite gerichtet, bei der Teufelsklaue aber (Pterocera chiragra) nach beiden Seiten. Das Dutzend Arten, welche bekannt ſind, bewohnt nur die heißen Zonen. Die nun folgende Unterordnung hat Troſchel nach der Beſchaffenheit der Reibeplatte Fächerzüngler (Rhipidoglossata) genannt. Es laſſen ſich ſtets mehr als ſieben Längsreihen der Platten oder Zähnchen unterſcheiden und außerdem ſchließen ſich an jede Querreihe jeder- ſeits noch zahlreiche ſchmale Blättchen an, welche fächerförmig neben einander liegen. Auf dem Rücken liegt eine große Athemhöhle, welche die aus zwei Blättern beſtehende Kieme enthält. Schale und Fuß ſind ſehr verſchieden geſtaltet, doch hat erſtere immer eine ganzrandige Mündung, ohne Kanal oder Ausſchnitt, und letztere iſt von beträchtlicher Größe. Alle hierher gehörigen Thiere ſind Pflanzenfreſſer, welche ſich meiſt an den felſigen Küſten aufhalten. Nur die Familie der Neritiden enthält auch zahlreiche Bewohner des ſüßen Waſſers, faſt alle aus der Gattung Nerita. Das Thier hat einen breiten, flachen, verkehrt herzförmigen Kopf, auf deſſen unterer Seite der große gefaltete Mund ſitzt, und welcher zwei lange ſpitze Fühler trägt. Außen am Grunde derſelben ſitzen die Augen auf einem kurzen Stiel. Das Gehäus iſt halbkugelförmig, unten flach und ungenabelt; die Mündung ganz und halb kreisrund. Der kalkige Deckel hat innen einen Fortſatz, welcher beim Verſchwinden der Schale hinter den [Abbildung Gemeine Schwimm- ſchnecke (Nerita fluviatilis).] Spindelrand greift. Man hat die im Meere lebenden Arten von den in den Teichen und Flüſſen wohnenden generiſch trennen wollen, allein, wie ſo oft, läuft auch hier die Art- und Gattungsſpalterei auf eine Haarſpalterei hinaus. Nahe an 300 Arten ſind faſt über die ganze Erde verbreitet. Davon iſt in Mitteleuropa Nerita fluviatilis, die gemeine Schwimmſchnecke, ſehr gemein, ein etwa 4 Linien hohes, 5 Linien breites Thierchen, welches in Flüſſen und Bächen, Teichen und Sümpfen an Steinen und Waſſerpflanzen gefunden wird. Jhr buntes, roth oder violet gegittertes Gehäus iſt zwar dünn, aber von einer, bei unſern Süßwaſſerconchylien ungewöhnlichen Feſtigkeit. Wie bei ſo vielen Thiergattungen, deren Arten im ſalzigen oder im ſüßen Waſſer vorkommen, giebt es auch von Nerita eine Anzahl Brakwaſſer- Formen und ſolche, welche in Wäſſern von ſehr verſchiedener chemiſcher Beſchaffenheit ausharren. Eine bloße Abart der Nerita fluviatilis iſt es, welche, Nerita minor genannt, in Unzahl in den mannsfeldiſchen Salzſeen vorkommt. Die auffallende Erſcheinung, welche wir oben von der Entwicklung von Buccinum und Purpura erwähnt, daß nämlich nur wenige Embryone ſich auf Koſten der zahlreichen gelegten Eier ausbilden, wiederholt ſich auch bei Nerita fluviatilis. Jn den nur ½ Linie großen kugligen und mit harter Schale verſehenen Eikapſeln *) ſind 40 bis 60 Eier enthalten. Nur ein einziges davon entwickelt ſich zu einem Embryo, welcher auf einer ſehr frühen Stufe mit Mund und Speiſeröhre verſehen wird und allmälig die ganze Schaar ſeiner nur der Jdee nach beſtehenden in Wirklichkeit aber als Dotterklumpen beharrenden Geſchwiſter aufleckt. Er wird dadurch ſo groß, daß er ſchließlich die Kapſel ganz ausfüllt und aus ihr durch Abheben des halbkugelförmigen Deckels austritt. Er iſt während ſeines Eilebens zwar mit einem Velum oder Segel verſehen *) Sowohl von Nerita fluviatilis als von ausländiſchen Arten (Nerita pulligers) wird angegeben, ſie trügen ihre Eier (Eikapſeln) auf dem Rücken. Die erſte ſehr unbeſtimmte Nachricht iſt bei Rumph; ſchon O. Fr. Müller ſpricht jedoch ſeine Zweifel darüber aus und meint, es möchte irgend ein anderer Laich geweſen ſein. Der erfahrene Johnſton tritt ihm bei.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/894
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 846. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/894>, abgerufen am 10.06.2024.