schnecken, aber doch wesentlich verschieden. Die Ausbreitung ist nämlich vorzugsweise in horizon- taler Richtung geschehen, als ein flacher, muskulöser und sehr breiter Saum, welcher den Fuß ganz einschließt und in derselben Ebene mit ihm liegt. Jndem nun dieser Theil des Mantel- randes sich eng um den Fuß herum legt, bildet er gleichsam eine Fortsetzung desselben und eignet sich denn auch wegen seines starken muskulösen Baues zum Bewegungsorgan: das Thier kriecht mit Hülfe desselben eben so gut, wie mit dem Fuße. Wir versäumen keine Gelegenheit, den Leser auf dergleichen Umwandlungen und Anpassungen aufmerksam zu machen, wo ein Körpertheil und Organ seinem ursprünglichen Zwecke entfremdet und zu neuen Verrichtungen im Dienste des Gesammtorganismus geeignet worden ist.
Verweilen wir noch etwas bei der Ansicht des Thieres von unten. Der lange vorstehende Zipfel gehört ebenfalls dem Mantel an und ist die Rinne, welche das Wasser zur Kieme leitet. Vor dem fast vierseitigen, vorn mit einem Paar zipfelförmiger Anhänge versehenen Fuße kommt der kleine kegelförmige Kopf zum Vorschein. Er trägt die zwei, ebenfalls kegelförmigen Fühler, an deren Außenseite die Augen sitzen. Leider haben wir über die eigentliche Lebensweise des so eigenthümlich gebauten Thieres gar keine Nachrichten. Ob sie im Stande ist, den Mantelrand ganz im Gehäuse zu bergen, giebt Oersted nicht an, es geht jedoch aus den erwähnten Versuchen von Agassiz an amerikanischen Arten über die willkürliche Wasseraufnahme in den Körper und die davon abhängige Schwellbarkeit der Gewebe hervor.
Einige nun folgende Schneckenfamilien werden als Pfeilzüngler zusammengefaßt, indem die Zunge zwei Reihen langer, hohler, zuweilen mit Widerhaken versehener Zähne trägt, deren jeder an seiner Basis mit einem langen Muskelfaden versehen ist. Natürlich dienen diese Zähne zum Aufspießen der Nahrung, wie die Zunge aber in diesem besonderen Falle eigentlich gebraucht wird, scheint noch Niemand direkt beobachtet zu haben. Unter ihnen nimmt die Familie der Kegelschnecken (Conoidea) den ersten Platz ein, nicht nur wegen der Menge der Arten, deren jetzt an 400 bekannt sein
[Abbildung]
Kegelschnecke (Conus textilis).
mögen, sondern auch wegen der Schönheit der Gehäuse, welche zu den besonderen Lieblingen der Schneckenhaussammler gehören. Für ein Exemplar des Conus cedonulli wurden einst 300 Guineen angesetzt. Das Gehäus der Kegelschnecke ist allgemein bekannt. Es ist eingerollt, meist verkehrt kegelförmig. Das Gewinde ist nämlich so kurz, daß es oft nur ganz unmerklich über den hinteren Theil oder den Um- gang der letzten Windung hervor- ragt. Die Mündung ist eine schmale Längsspalte mit einfacher geradliniger Außenlippe und oben mit einer Spur von einem Kanale. Dem entsprechend hat das Thier einen langen schmalen Fuß, welcher einen kleinen schmalen nagelförmigen Deckel trägt. Der Kopf ist klein und schnauzen- förmig, die Fühler klein und cylindrisch. Nicht weit von ihrer Spitze sitzen die Augen. Die Athemröhre ist bald kurz bald halb so lang als die Schale. Bei den Kegelschnecken liegen, wie bei den übrigen eingerollten Schnecken (Oliva, Cypraea), die Umgänge so eng über einander, daß, wenn dieselbe die anfängliche Dicke beibehielten, für die Eingeweide nicht hinreichender Platz wäre. Man kann sich aber an Durchschnitten und durch Vergleichung älterer mit jüngeren
Birnen-, Kegelſchnecke.
ſchnecken, aber doch weſentlich verſchieden. Die Ausbreitung iſt nämlich vorzugsweiſe in horizon- taler Richtung geſchehen, als ein flacher, muskulöſer und ſehr breiter Saum, welcher den Fuß ganz einſchließt und in derſelben Ebene mit ihm liegt. Jndem nun dieſer Theil des Mantel- randes ſich eng um den Fuß herum legt, bildet er gleichſam eine Fortſetzung deſſelben und eignet ſich denn auch wegen ſeines ſtarken muskulöſen Baues zum Bewegungsorgan: das Thier kriecht mit Hülfe deſſelben eben ſo gut, wie mit dem Fuße. Wir verſäumen keine Gelegenheit, den Leſer auf dergleichen Umwandlungen und Anpaſſungen aufmerkſam zu machen, wo ein Körpertheil und Organ ſeinem urſprünglichen Zwecke entfremdet und zu neuen Verrichtungen im Dienſte des Geſammtorganismus geeignet worden iſt.
Verweilen wir noch etwas bei der Anſicht des Thieres von unten. Der lange vorſtehende Zipfel gehört ebenfalls dem Mantel an und iſt die Rinne, welche das Waſſer zur Kieme leitet. Vor dem faſt vierſeitigen, vorn mit einem Paar zipfelförmiger Anhänge verſehenen Fuße kommt der kleine kegelförmige Kopf zum Vorſchein. Er trägt die zwei, ebenfalls kegelförmigen Fühler, an deren Außenſeite die Augen ſitzen. Leider haben wir über die eigentliche Lebensweiſe des ſo eigenthümlich gebauten Thieres gar keine Nachrichten. Ob ſie im Stande iſt, den Mantelrand ganz im Gehäuſe zu bergen, giebt Oerſted nicht an, es geht jedoch aus den erwähnten Verſuchen von Agaſſiz an amerikaniſchen Arten über die willkürliche Waſſeraufnahme in den Körper und die davon abhängige Schwellbarkeit der Gewebe hervor.
Einige nun folgende Schneckenfamilien werden als Pfeilzüngler zuſammengefaßt, indem die Zunge zwei Reihen langer, hohler, zuweilen mit Widerhaken verſehener Zähne trägt, deren jeder an ſeiner Baſis mit einem langen Muskelfaden verſehen iſt. Natürlich dienen dieſe Zähne zum Aufſpießen der Nahrung, wie die Zunge aber in dieſem beſonderen Falle eigentlich gebraucht wird, ſcheint noch Niemand direkt beobachtet zu haben. Unter ihnen nimmt die Familie der Kegelſchnecken (Conoidea) den erſten Platz ein, nicht nur wegen der Menge der Arten, deren jetzt an 400 bekannt ſein
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Kegelſchnecke (Conus textilis).
mögen, ſondern auch wegen der Schönheit der Gehäuſe, welche zu den beſonderen Lieblingen der Schneckenhausſammler gehören. Für ein Exemplar des Conus cedonulli wurden einſt 300 Guineen angeſetzt. Das Gehäus der Kegelſchnecke iſt allgemein bekannt. Es iſt eingerollt, meiſt verkehrt kegelförmig. Das Gewinde iſt nämlich ſo kurz, daß es oft nur ganz unmerklich über den hinteren Theil oder den Um- gang der letzten Windung hervor- ragt. Die Mündung iſt eine ſchmale Längsſpalte mit einfacher geradliniger Außenlippe und oben mit einer Spur von einem Kanale. Dem entſprechend hat das Thier einen langen ſchmalen Fuß, welcher einen kleinen ſchmalen nagelförmigen Deckel trägt. Der Kopf iſt klein und ſchnauzen- förmig, die Fühler klein und cylindriſch. Nicht weit von ihrer Spitze ſitzen die Augen. Die Athemröhre iſt bald kurz bald halb ſo lang als die Schale. Bei den Kegelſchnecken liegen, wie bei den übrigen eingerollten Schnecken (Oliva, Cypraea), die Umgänge ſo eng über einander, daß, wenn dieſelbe die anfängliche Dicke beibehielten, für die Eingeweide nicht hinreichender Platz wäre. Man kann ſich aber an Durchſchnitten und durch Vergleichung älterer mit jüngeren
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Birnen-, Kegelſchnecke.
ſchnecken, aber doch weſentlich verſchieden. Die Ausbreitung iſt nämlich vorzugsweiſe in horizon-
taler Richtung geſchehen, als ein flacher, muskulöſer und ſehr breiter Saum, welcher den Fuß
ganz einſchließt und in derſelben Ebene mit ihm liegt. Jndem nun dieſer Theil des Mantel-
randes ſich eng um den Fuß herum legt, bildet er gleichſam eine Fortſetzung deſſelben und eignet
ſich denn auch wegen ſeines ſtarken muskulöſen Baues zum Bewegungsorgan: das Thier kriecht
mit Hülfe deſſelben eben ſo gut, wie mit dem Fuße. Wir verſäumen keine Gelegenheit, den
Leſer auf dergleichen Umwandlungen und Anpaſſungen aufmerkſam zu machen, wo ein Körpertheil
und Organ ſeinem urſprünglichen Zwecke entfremdet und zu neuen Verrichtungen im Dienſte des
Geſammtorganismus geeignet worden iſt.
Verweilen wir noch etwas bei der Anſicht des Thieres von unten. Der lange vorſtehende
Zipfel gehört ebenfalls dem Mantel an und iſt die Rinne, welche das Waſſer zur Kieme leitet.
Vor dem faſt vierſeitigen, vorn mit einem Paar zipfelförmiger Anhänge verſehenen Fuße kommt
der kleine kegelförmige Kopf zum Vorſchein. Er trägt die zwei, ebenfalls kegelförmigen Fühler,
an deren Außenſeite die Augen ſitzen. Leider haben wir über die eigentliche Lebensweiſe des ſo
eigenthümlich gebauten Thieres gar keine Nachrichten. Ob ſie im Stande iſt, den Mantelrand
ganz im Gehäuſe zu bergen, giebt Oerſted nicht an, es geht jedoch aus den erwähnten Verſuchen
von Agaſſiz an amerikaniſchen Arten über die willkürliche Waſſeraufnahme in den Körper
und die davon abhängige Schwellbarkeit der Gewebe hervor.
Einige nun folgende Schneckenfamilien werden als Pfeilzüngler zuſammengefaßt, indem
die Zunge zwei Reihen langer, hohler, zuweilen mit Widerhaken verſehener Zähne trägt, deren
jeder an ſeiner Baſis mit einem langen Muskelfaden verſehen iſt. Natürlich dienen dieſe
Zähne zum Aufſpießen der Nahrung, wie die Zunge aber in dieſem beſonderen Falle eigentlich
gebraucht wird, ſcheint noch Niemand direkt beobachtet zu haben. Unter ihnen nimmt die Familie
der Kegelſchnecken (Conoidea) den erſten Platz ein, nicht nur wegen der Menge der Arten,
deren jetzt an 400 bekannt ſein
[Abbildung Kegelſchnecke (Conus textilis).]
mögen, ſondern auch wegen der
Schönheit der Gehäuſe, welche
zu den beſonderen Lieblingen der
Schneckenhausſammler gehören. Für
ein Exemplar des Conus cedonulli
wurden einſt 300 Guineen angeſetzt.
Das Gehäus der Kegelſchnecke iſt
allgemein bekannt. Es iſt eingerollt,
meiſt verkehrt kegelförmig. Das
Gewinde iſt nämlich ſo kurz, daß
es oft nur ganz unmerklich über
den hinteren Theil oder den Um-
gang der letzten Windung hervor-
ragt. Die Mündung iſt eine ſchmale Längsſpalte mit einfacher geradliniger Außenlippe und oben
mit einer Spur von einem Kanale. Dem entſprechend hat das Thier einen langen ſchmalen
Fuß, welcher einen kleinen ſchmalen nagelförmigen Deckel trägt. Der Kopf iſt klein und ſchnauzen-
förmig, die Fühler klein und cylindriſch. Nicht weit von ihrer Spitze ſitzen die Augen. Die
Athemröhre iſt bald kurz bald halb ſo lang als die Schale. Bei den Kegelſchnecken liegen,
wie bei den übrigen eingerollten Schnecken (Oliva, Cypraea), die Umgänge ſo eng über einander,
daß, wenn dieſelbe die anfängliche Dicke beibehielten, für die Eingeweide nicht hinreichender Platz
wäre. Man kann ſich aber an Durchſchnitten und durch Vergleichung älterer mit jüngeren
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 837. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/885>, abgerufen am 24.11.2024.
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