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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Schnecken. Kammkiemer.
von ähnlicher Form, der aber überall geschlossen ist und aus einer so dünnen und durchsichtigen
Haut besteht, daß er dem Einflusse des sauerstofflufthaltigen Wassers kein Hinderniß entgegen-
gesetzt. Sein Jnhalt ist anfangs flüssig und körnig; aber bald sind schattige Stellen zu entdecken
und endlich entwickeln sich in jedem Beutel 2--6 Junge, welche, wenn ihre Zeit gekommen ist
nur dadurch ins Freie gelangen können, daß der innere Beutel zerrissen oder aufgelöst wird. Die
Eikapseln von Fusus norvegicus und Turtoni sind einfacher; sie ähneln zusammengedrückten
Flaschen mit kurzem Halse.

Eine Sippe, von welcher bis vor noch nicht zwanzig Jahren nur das Gehäus bekannt war,
ist die Birnenschnecke, Pyrula, von der Form ihrer Schale auch wohl Feigenschnecke (Ficus,
Ficula
) genannt. Das Gehäus verläuft an der Basis in einen Kanal, ist ohne Höcker, hat ein
kurzes Gewinde, eine platte Spindel, und seine Außenlippe ist ohne Einschnitt. Die Arten
gehören theils den tropischen indischen theils den Küsten Centralamerikas an, wo das höchst

[Abbildung] Birnenschnecke (Pyrula decussata). a Von oben. b Von unten.
auffallend gebaute Thier von dem dänischen Naturforscher Oersted lebend beobachtet wurde.
Betrachtet man das lebende Thier, während es in Bewegung ist, von oben (in beistehender
Figur a), so sieht man, wie eine breite braune Einfassung, welche mit regelmäßigen lichteren
Flecken übersäet ist, die Schale umgiebt und zum Theil bedeckt. Man läßt sich bei oberflächlicher
Betrachtung leicht zur Annahme verleiten, daß die Schale wie bei Natica und anderen Gattungen
auf einem großen Fuße liegt. Jedoch nicht dieser umgiebt so das Gehäus, wie man sich leicht
überzeugt, wenn man das Thier umwendet. Da zeigt es sich, daß es der freie Rand des Mantels
ist, der hier eine ganz eigenthümliche Entwicklung angenommen hat (Abbildung b). Der Mantel-
rand, welcher bei den Bauchfüßern im Allgemeinen nur als ein schmaler Saum am innern Rande
der Mündung auftritt, verlängert sich bei einigen und schlägt sich auf die äußere Schalenfläche um.
Bis zu welchem Grade dieß geschehen kann, wird uns weiter unten die Porcellanschnecke lehren.
Auch bei Pyrula hat eine solche Entwicklung stattgefunden, in dem Maße wie bei den Porcellan-

Schnecken. Kammkiemer.
von ähnlicher Form, der aber überall geſchloſſen iſt und aus einer ſo dünnen und durchſichtigen
Haut beſteht, daß er dem Einfluſſe des ſauerſtofflufthaltigen Waſſers kein Hinderniß entgegen-
geſetzt. Sein Jnhalt iſt anfangs flüſſig und körnig; aber bald ſind ſchattige Stellen zu entdecken
und endlich entwickeln ſich in jedem Beutel 2—6 Junge, welche, wenn ihre Zeit gekommen iſt
nur dadurch ins Freie gelangen können, daß der innere Beutel zerriſſen oder aufgelöſt wird. Die
Eikapſeln von Fusus norvegicus und Turtoni ſind einfacher; ſie ähneln zuſammengedrückten
Flaſchen mit kurzem Halſe.

Eine Sippe, von welcher bis vor noch nicht zwanzig Jahren nur das Gehäus bekannt war,
iſt die Birnenſchnecke, Pyrula, von der Form ihrer Schale auch wohl Feigenſchnecke (Ficus,
Ficula
) genannt. Das Gehäus verläuft an der Baſis in einen Kanal, iſt ohne Höcker, hat ein
kurzes Gewinde, eine platte Spindel, und ſeine Außenlippe iſt ohne Einſchnitt. Die Arten
gehören theils den tropiſchen indiſchen theils den Küſten Centralamerikas an, wo das höchſt

[Abbildung] Birnenſchnecke (Pyrula decussata). a Von oben. b Von unten.
auffallend gebaute Thier von dem däniſchen Naturforſcher Oerſted lebend beobachtet wurde.
Betrachtet man das lebende Thier, während es in Bewegung iſt, von oben (in beiſtehender
Figur a), ſo ſieht man, wie eine breite braune Einfaſſung, welche mit regelmäßigen lichteren
Flecken überſäet iſt, die Schale umgiebt und zum Theil bedeckt. Man läßt ſich bei oberflächlicher
Betrachtung leicht zur Annahme verleiten, daß die Schale wie bei Natica und anderen Gattungen
auf einem großen Fuße liegt. Jedoch nicht dieſer umgiebt ſo das Gehäus, wie man ſich leicht
überzeugt, wenn man das Thier umwendet. Da zeigt es ſich, daß es der freie Rand des Mantels
iſt, der hier eine ganz eigenthümliche Entwicklung angenommen hat (Abbildung b). Der Mantel-
rand, welcher bei den Bauchfüßern im Allgemeinen nur als ein ſchmaler Saum am innern Rande
der Mündung auftritt, verlängert ſich bei einigen und ſchlägt ſich auf die äußere Schalenfläche um.
Bis zu welchem Grade dieß geſchehen kann, wird uns weiter unten die Porcellanſchnecke lehren.
Auch bei Pyrula hat eine ſolche Entwicklung ſtattgefunden, in dem Maße wie bei den Porcellan-

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[836/0884] Schnecken. Kammkiemer. von ähnlicher Form, der aber überall geſchloſſen iſt und aus einer ſo dünnen und durchſichtigen Haut beſteht, daß er dem Einfluſſe des ſauerſtofflufthaltigen Waſſers kein Hinderniß entgegen- geſetzt. Sein Jnhalt iſt anfangs flüſſig und körnig; aber bald ſind ſchattige Stellen zu entdecken und endlich entwickeln ſich in jedem Beutel 2—6 Junge, welche, wenn ihre Zeit gekommen iſt nur dadurch ins Freie gelangen können, daß der innere Beutel zerriſſen oder aufgelöſt wird. Die Eikapſeln von Fusus norvegicus und Turtoni ſind einfacher; ſie ähneln zuſammengedrückten Flaſchen mit kurzem Halſe. Eine Sippe, von welcher bis vor noch nicht zwanzig Jahren nur das Gehäus bekannt war, iſt die Birnenſchnecke, Pyrula, von der Form ihrer Schale auch wohl Feigenſchnecke (Ficus, Ficula) genannt. Das Gehäus verläuft an der Baſis in einen Kanal, iſt ohne Höcker, hat ein kurzes Gewinde, eine platte Spindel, und ſeine Außenlippe iſt ohne Einſchnitt. Die Arten gehören theils den tropiſchen indiſchen theils den Küſten Centralamerikas an, wo das höchſt [Abbildung Birnenſchnecke (Pyrula decussata). a Von oben. b Von unten.] auffallend gebaute Thier von dem däniſchen Naturforſcher Oerſted lebend beobachtet wurde. Betrachtet man das lebende Thier, während es in Bewegung iſt, von oben (in beiſtehender Figur a), ſo ſieht man, wie eine breite braune Einfaſſung, welche mit regelmäßigen lichteren Flecken überſäet iſt, die Schale umgiebt und zum Theil bedeckt. Man läßt ſich bei oberflächlicher Betrachtung leicht zur Annahme verleiten, daß die Schale wie bei Natica und anderen Gattungen auf einem großen Fuße liegt. Jedoch nicht dieſer umgiebt ſo das Gehäus, wie man ſich leicht überzeugt, wenn man das Thier umwendet. Da zeigt es ſich, daß es der freie Rand des Mantels iſt, der hier eine ganz eigenthümliche Entwicklung angenommen hat (Abbildung b). Der Mantel- rand, welcher bei den Bauchfüßern im Allgemeinen nur als ein ſchmaler Saum am innern Rande der Mündung auftritt, verlängert ſich bei einigen und ſchlägt ſich auf die äußere Schalenfläche um. Bis zu welchem Grade dieß geſchehen kann, wird uns weiter unten die Porcellanſchnecke lehren. Auch bei Pyrula hat eine ſolche Entwicklung ſtattgefunden, in dem Maße wie bei den Porcellan-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 836. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/884>, abgerufen am 24.11.2024.