Aehnliche und andere Jrrthümer begingen andere Schriftsteller, unter deren Mittheilungen sich sogar die Angabe findet, daß die Purpurfarbe von einem Fische herstamme, während ein anderer aussagt, eine von den Hirten gefundene Muschel gebe sie.
Was die Eigenthümlichkeiten der Purpurmaterie angeht, so ist sie, wenn man sie aus dem Organ nimmt, worin sie sich findet und welches unten näher beschrieben werden soll, weiß oder blaßgelblich. Die einzelnen Arten von Purpura und Murex variiren darin. Den Sonnenstrahlen ausgesetzt wird sie anfänglich citronengelb, dann grünlich gelb; dann geht sie in Grün über und wandelt sich endlich in Violet, welches mehr und mehr dunkelt, je mehr es der Sonnen-Einwirkung ausgesetzt wird. Es hängt von dem Auftragen, also von der Menge der Substanz ab, welche Farbennüance des Violet man haben will; der geschickte Färber hat also alle Grade der Schattirungen in der Gewalt. Um die Substanz zu erhalten, bedient man sich am besten eines etwas steifen Pinsels, mit welchem man von der betreffenden Stelle des Mantels sie abstreicht, um sie unmittelbar auf die zu färbenden Stoffe aufzutragen. Lacaze-Duthiers, nicht bloß Zoolog, sondern auch Künstler, sah, daß die Purpurmaterie nach unseren modernen Erfahrungen ein im höchsten Grade brauchbarer photographischer Stoff sei. Er stellte darauf hin eine Reihe sehr gelungener Versuche an, von denen mir, während ich dieß schreibe, mehrere Proben vorliegen. Natürlich hat die Purpurfärbung keine neue Zukunft, allein der Pariser Zoolog glaubt doch, daß die Uebertragung von Photographien mittelst des Purpurs auf Battiste und feine Seidenstoffe, auf Fächer und andere Luxusartikel, wegen der außerordentlichen Zartheit der Tinten der Mühe werth sei.
Wir haben uns nun nach dem Organ umzuthun, in welchem der Purpur abgeschieden wird. Um mit Bequemlichkeit dasselbe vor Augen legen zu können, muß man das Gehäus zerschlagen und das Thier, wie überhaupt jede Schnecke, welche man zerlegen will, herausnehmen. Es bleibt,
[Abbildung]
Murex brandaris, ohne Schale. Mantel zwischen Kieme und Purpurdrüse aufgeschnitten und zurückgeschlagen. b' Nebenkieme.
wie wir gesehen haben, vollkommen unversehrt, sobald der sich an die Spindel ansetzende Muskel durchschnitten ist. Das Herausziehen aus dem unzerschlagenen Gehäuse gelingt nie; die Schnecken lassen sich eher den ganzen Fuß und Kopf abreißen. Man sieht nun am nackten Thiere, wie der Mantel- rand sich über die Nackengegend hinweglegt. Zur Linken befindet sich die rinnenartige Verlängerung, durch welche das Wasser zur Kieme tritt. Hinter derselben sieht man schon ohne jegliche Präparation die Kieme (b) durchscheinen, etwas weiter rechts von ihr ein grüngelbliches Band (p). Schneidet man nun, wie in unserer Abbildung zu sehen, den Mantel von vorn nach hinten auf, längs der rechten Seite der Kieme, so liegen beim Umschlagen der Mantellappen die Theile, um welche es sich handelt, zu Tage, wobei auch neben der gelblichen Drüse der Mastdarm und neben ihm der Ausführungsgang der Fortpflanzungsorgane zum Vorschein kommen. Will man nun die Purpursubstanz haben, so hat man weiter nichts zu thun, als mit dem steifen Pinsel über die gelbliche Drüse hinzufahren. Sie allein liefert dieselbe und ist mithin mit dem Namen der Purpurdrüse zu belegen. Jndessen macht unser Gewährsmann darauf aufmerksam, daß die meisten, vielleicht alle Schnecken aus dem Mantel eine schleimige Flüssigkeit absondern können, welche ihrem Ursprunge nach mit der Purpursubstanz sich vergleichen läßt, während nur bei einigen
Taschenberg und Schmidt, wirbellose Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 53
Purpur und Purpurſchnecken.
Aehnliche und andere Jrrthümer begingen andere Schriftſteller, unter deren Mittheilungen ſich ſogar die Angabe findet, daß die Purpurfarbe von einem Fiſche herſtamme, während ein anderer ausſagt, eine von den Hirten gefundene Muſchel gebe ſie.
Was die Eigenthümlichkeiten der Purpurmaterie angeht, ſo iſt ſie, wenn man ſie aus dem Organ nimmt, worin ſie ſich findet und welches unten näher beſchrieben werden ſoll, weiß oder blaßgelblich. Die einzelnen Arten von Purpura und Murex variiren darin. Den Sonnenſtrahlen ausgeſetzt wird ſie anfänglich citronengelb, dann grünlich gelb; dann geht ſie in Grün über und wandelt ſich endlich in Violet, welches mehr und mehr dunkelt, je mehr es der Sonnen-Einwirkung ausgeſetzt wird. Es hängt von dem Auftragen, alſo von der Menge der Subſtanz ab, welche Farbennüance des Violet man haben will; der geſchickte Färber hat alſo alle Grade der Schattirungen in der Gewalt. Um die Subſtanz zu erhalten, bedient man ſich am beſten eines etwas ſteifen Pinſels, mit welchem man von der betreffenden Stelle des Mantels ſie abſtreicht, um ſie unmittelbar auf die zu färbenden Stoffe aufzutragen. Lacaze-Duthiers, nicht bloß Zoolog, ſondern auch Künſtler, ſah, daß die Purpurmaterie nach unſeren modernen Erfahrungen ein im höchſten Grade brauchbarer photographiſcher Stoff ſei. Er ſtellte darauf hin eine Reihe ſehr gelungener Verſuche an, von denen mir, während ich dieß ſchreibe, mehrere Proben vorliegen. Natürlich hat die Purpurfärbung keine neue Zukunft, allein der Pariſer Zoolog glaubt doch, daß die Uebertragung von Photographien mittelſt des Purpurs auf Battiſte und feine Seidenſtoffe, auf Fächer und andere Luxusartikel, wegen der außerordentlichen Zartheit der Tinten der Mühe werth ſei.
Wir haben uns nun nach dem Organ umzuthun, in welchem der Purpur abgeſchieden wird. Um mit Bequemlichkeit daſſelbe vor Augen legen zu können, muß man das Gehäus zerſchlagen und das Thier, wie überhaupt jede Schnecke, welche man zerlegen will, herausnehmen. Es bleibt,
[Abbildung]
Murex brandaris, ohne Schale. Mantel zwiſchen Kieme und Purpurdrüſe aufgeſchnitten und zurückgeſchlagen. b′ Nebenkieme.
wie wir geſehen haben, vollkommen unverſehrt, ſobald der ſich an die Spindel anſetzende Muskel durchſchnitten iſt. Das Herausziehen aus dem unzerſchlagenen Gehäuſe gelingt nie; die Schnecken laſſen ſich eher den ganzen Fuß und Kopf abreißen. Man ſieht nun am nackten Thiere, wie der Mantel- rand ſich über die Nackengegend hinweglegt. Zur Linken befindet ſich die rinnenartige Verlängerung, durch welche das Waſſer zur Kieme tritt. Hinter derſelben ſieht man ſchon ohne jegliche Präparation die Kieme (b) durchſcheinen, etwas weiter rechts von ihr ein grüngelbliches Band (p). Schneidet man nun, wie in unſerer Abbildung zu ſehen, den Mantel von vorn nach hinten auf, längs der rechten Seite der Kieme, ſo liegen beim Umſchlagen der Mantellappen die Theile, um welche es ſich handelt, zu Tage, wobei auch neben der gelblichen Drüſe der Maſtdarm und neben ihm der Ausführungsgang der Fortpflanzungsorgane zum Vorſchein kommen. Will man nun die Purpurſubſtanz haben, ſo hat man weiter nichts zu thun, als mit dem ſteifen Pinſel über die gelbliche Drüſe hinzufahren. Sie allein liefert dieſelbe und iſt mithin mit dem Namen der Purpurdrüſe zu belegen. Jndeſſen macht unſer Gewährsmann darauf aufmerkſam, daß die meiſten, vielleicht alle Schnecken aus dem Mantel eine ſchleimige Flüſſigkeit abſondern können, welche ihrem Urſprunge nach mit der Purpurſubſtanz ſich vergleichen läßt, während nur bei einigen
Taſchenberg und Schmidt, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 53
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[833/0881]
Purpur und Purpurſchnecken.
Aehnliche und andere Jrrthümer begingen andere Schriftſteller, unter deren Mittheilungen ſich
ſogar die Angabe findet, daß die Purpurfarbe von einem Fiſche herſtamme, während ein anderer
ausſagt, eine von den Hirten gefundene Muſchel gebe ſie.
Was die Eigenthümlichkeiten der Purpurmaterie angeht, ſo iſt ſie, wenn man ſie aus dem
Organ nimmt, worin ſie ſich findet und welches unten näher beſchrieben werden ſoll, weiß oder
blaßgelblich. Die einzelnen Arten von Purpura und Murex variiren darin. Den Sonnenſtrahlen
ausgeſetzt wird ſie anfänglich citronengelb, dann grünlich gelb; dann geht ſie in Grün über und
wandelt ſich endlich in Violet, welches mehr und mehr dunkelt, je mehr es der Sonnen-Einwirkung
ausgeſetzt wird. Es hängt von dem Auftragen, alſo von der Menge der Subſtanz ab, welche
Farbennüance des Violet man haben will; der geſchickte Färber hat alſo alle Grade der
Schattirungen in der Gewalt. Um die Subſtanz zu erhalten, bedient man ſich am beſten eines
etwas ſteifen Pinſels, mit welchem man von der betreffenden Stelle des Mantels ſie abſtreicht,
um ſie unmittelbar auf die zu färbenden Stoffe aufzutragen. Lacaze-Duthiers, nicht bloß
Zoolog, ſondern auch Künſtler, ſah, daß die Purpurmaterie nach unſeren modernen Erfahrungen
ein im höchſten Grade brauchbarer photographiſcher Stoff ſei. Er ſtellte darauf hin eine Reihe
ſehr gelungener Verſuche an, von denen mir, während ich dieß ſchreibe, mehrere Proben vorliegen.
Natürlich hat die Purpurfärbung keine neue Zukunft, allein der Pariſer Zoolog glaubt doch, daß
die Uebertragung von Photographien mittelſt des Purpurs auf Battiſte und feine Seidenſtoffe,
auf Fächer und andere Luxusartikel, wegen der außerordentlichen Zartheit der Tinten der
Mühe werth ſei.
Wir haben uns nun nach dem Organ umzuthun, in welchem der Purpur abgeſchieden wird.
Um mit Bequemlichkeit daſſelbe vor Augen legen zu können, muß man das Gehäus zerſchlagen
und das Thier, wie überhaupt jede Schnecke, welche man zerlegen will, herausnehmen. Es bleibt,
[Abbildung Murex brandaris, ohne Schale.
Mantel zwiſchen Kieme und Purpurdrüſe aufgeſchnitten
und zurückgeſchlagen. b′ Nebenkieme.]
wie wir geſehen haben, vollkommen unverſehrt,
ſobald der ſich an die Spindel anſetzende Muskel
durchſchnitten iſt. Das Herausziehen aus dem
unzerſchlagenen Gehäuſe gelingt nie; die Schnecken
laſſen ſich eher den ganzen Fuß und Kopf abreißen.
Man ſieht nun am nackten Thiere, wie der Mantel-
rand ſich über die Nackengegend hinweglegt. Zur
Linken befindet ſich die rinnenartige Verlängerung,
durch welche das Waſſer zur Kieme tritt. Hinter
derſelben ſieht man ſchon ohne jegliche Präparation
die Kieme (b) durchſcheinen, etwas weiter rechts von
ihr ein grüngelbliches Band (p). Schneidet man
nun, wie in unſerer Abbildung zu ſehen, den
Mantel von vorn nach hinten auf, längs der rechten
Seite der Kieme, ſo liegen beim Umſchlagen der
Mantellappen die Theile, um welche es ſich handelt,
zu Tage, wobei auch neben der gelblichen Drüſe der
Maſtdarm und neben ihm der Ausführungsgang der
Fortpflanzungsorgane zum Vorſchein kommen. Will
man nun die Purpurſubſtanz haben, ſo hat man
weiter nichts zu thun, als mit dem ſteifen Pinſel
über die gelbliche Drüſe hinzufahren. Sie allein liefert dieſelbe und iſt mithin mit dem Namen
der Purpurdrüſe zu belegen. Jndeſſen macht unſer Gewährsmann darauf aufmerkſam, daß
die meiſten, vielleicht alle Schnecken aus dem Mantel eine ſchleimige Flüſſigkeit abſondern können,
welche ihrem Urſprunge nach mit der Purpurſubſtanz ſich vergleichen läßt, während nur bei einigen
Taſchenberg und Schmidt, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 53
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 833. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/881>, abgerufen am 24.11.2024.
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